Urs Fischer und der unheimliche Schmerz nach dem Ausscheiden

Der FC Basel muss in die Europa League. Am Tag nach dem Ausscheiden aus der Königsklasse wischt der Schweizer Meister die Scherben zusammen, Trainer Urs Fischer muss einen ersten Rückschlag hinnehmen – und den zu verdauen, das werde jetzt Zeit brauchen.

Basel's disappointed head coach Urs Fischer leaves the pitch after the UEFA Champions League play-off round second leg soccer match between Israel's Maccabi Tel Aviv FC and Switzerland's FC Basel 1893 in the Bloomfield stadium in Tel Aviv, Israel, on Tuesday, August 25, 2015. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)

(Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)

Der FC Basel muss in die Europa League. Am Tag nach dem Ausscheiden aus der Königsklasse wischt der Schweizer Meister die Scherben zusammen, Trainer Urs Fischer muss einen ersten Rückschlag hinnehmen – und den zu verdauen, das werde jetzt Zeit brauchen.

Es gehört zum Leben des Trainers einer medial eng begleiteten Fussballmannschaft, diesen Moment zu erkennen. Diesen Moment, in dem die Kameras einen erfassen, diesen Moment, in dem der eigene, nach innen gekehrte Gemütszustand öffentlich wird. In diesem Moment setzt Urs Fischer am Flughafen in Tel Aviv ein Lächeln auf.

Nur aufgesetzt, ohne es kein bisschen zu fühlen, ist dieses Lächeln nicht. Dafür ist der Trainer des FC Basel zu ehrlich in seiner Aussenwirkung. Aber der Gesichtsausdruck gibt Fischers Befinden freilich nicht wider. Wie auch – nach diesem 1:1 im Playoff-Rückspiel gegen Maccabi Tel Aviv, das für den Schweizer Meister das Aus in der Champions League bedeutet.

Das Erlebte im Bloomfield-Stadion, der entscheidende Ausgleich durch den in beiden Spielen überragenden Eran Zahavi, dieser eine einzige Schuss auf das Tor, all das wirkte nach beim 49-Jährigen, der in Basel einen ersten Rückschlag erlebt. Er habe nicht schlecht geschlafen – sondern eigentlich gar nicht, sagt Fischer.

«Ich war überrascht über die heftigen Reaktionen»

«Ich kann mit diesem Ausscheiden umgehen, aber es schmerzt unheimlich», gewährt der Trainer einen Einblick in sein Innenleben. «Und als ich heute morgen die Zeitungen aufgeschlagen habe, da war ich schon überrascht über die heftigen Reaktionen.»

Ein Grund für diese Reaktionen ist der Saisonstart: neun Siege in elf Spielen und zwei Unentschieden gegen Maccabi. Die Mathematik ist dabei allerdings eine spezielle, denn zwei Unentschieden ergeben eine Niederlage und die bedeutet den Gang in die Europa League.

Die kleine Schwester der Königsklasse vermarktet die Uefa mit grossem Bemühen, auch sie hat ihre eigene Hymne, aber nicht ansatzweise die Strahlkraft der Champions League.

Der FCB wird weniger Zuschauer vor die Fernsehgeräte locken, der St.-Jakob-Park nicht ausverkauft sein, weil er bis zum Final der Europa League nur eine kleine Bühne im internationalen Fussball ist. Und Neuzugänge wie Jean-Paul Boëtius oder Zdravko Kuzmanovic müssen bereits nach wenigen Wochen einen Rückschlag hinnehmen, der bei ihrem Wechsel nur im Hinterkopf Platz hatte. 

Eine Möglichkeit mit einem starken Kader verpasst

Dabei wäre so viel mehr möglich gewesen für dieses Kader, das mindestens ebenso stark eingestuft werden muss wie dasjenige unter Paulo Sousa. «Man kann nicht sagen, dass der Fokus nicht stimmte: Wir hatten genügend Möglichkeiten, gehen in Führung, lassen den Gegner nicht aus der eigenen Hälfte kommen. Und dann entscheidet Maccabis einziger Schuss auf das Tor die Begegnung – das war ein unglaublich harter Schlag ins Gesicht», hadert Fischer.

Wenn es normal gelaufen wäre, hätte sich der FCB zum siebten Mal für die Champions League qualifiziert, versichert Fischer. Das Papier spricht dieselbe Sprache; wenn man die Spieler Position für Position vergleicht, dann haben die Basler das bessere Team als der israelische Meister der letzten drei Jahre.

Aber sie hatten Zahavi nicht, den Mann, der einst in 17 Spielen in Folge Tore erzielte, und über den Davide Calla kurz vor dem Abflug noch sagte, dass er aktuell in jeder Aktion Unwiderstehliches produziere: zuletzt die zwei Tore in Basel und das entscheidende in Israel – in einer Situation, die Walter Samuel vom Tempo und wohl auch von der Einschätzung des langen Balles überforderte.

Am Donnerstag frei, am Freitag die Auslosung wider Willen

Fischers Entscheidung zu hinterfragen, den Argentinier für Daniel Hoegh verteidigen zu lassen, ist folgerichtig, auch wenn Fischer sagt: «Ich muss meine Entscheidungen nicht rechtfertigen, sonst könnte man jetzt alles hinterfragen.»

Im Kämmerlein wird Fischer nun genau das tun. Es stehen Stunden der Analyse an, bevor er sich am Abend an die Mannschaft wenden wird. Gleich nach der Partie wollte er das noch nicht, es sei in diesen Momenten schwierig, die Geschehnisse müssten sich zuerst legen.

Das Team zieht am Donnerstag einen Freitag ein, «die Spieler sollen den Kopf lüften», wie Fischer es nennt. Die wenigsten werden dann die Auslosung der Champions-League-Gruppen verfolgen, ein Moment des Realisierens kommt am Freitag früh genug: Dann werden in Nyon um 13 Uhr die Gegner in der Europa League gezogen.

Das Ende der fünf Englischen Wochen

Nun muss der FCB mindestens im Frühling 2016 im internationalen Fussball vertreten sein, will er keine weitere Enttäuschung erleben. Für eine offizielle Zielformulierung ist es zu früh, zumindest, was den länderübergreifenden Fussball betrifft.

National ist ein Sechstel der «langen Qualifikationsphase für die Champions League» (Sportchef Georg Heitz) gespielt. Und in dieser hat sich Basel mit 18 Punkten aus sechs Spielen in Position gebracht.

Am Sonntag beendet der FCB die fünf Englischen Wochen mit der siebenten Runde in der Super League. Gegner ist der FC Zürich.

Fünf Tage nach dem Ausscheiden wird das Spiel in Israel kaum aus den Köpfen sein. «Mal schauen, wie gut wir diesen Rückschlag wegstecken», sagt Fischer, der eines mit Sicherheit weiss: «Das braucht jetzt Zeit.»

Reaktionen von Sportchef Georg Heitz sowie den Spielern Luca Zuffi und Davide Calla:

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