Violett ist die Modefarbe in Wien – die Austria hält den Krösus aus Salzburg auf Distanz und holt nach 2006 wieder den Meistertitel, angeführt von einem Trainer, dem ein Engagement im Ausland zugetraut wird.
An Peter Stöger ist kein Diplomat verloren gegangen. Der Trainer der Wiener Austria sagt stets, was er sich denkt, und dabei spricht er Dinge klar und deutlich an, die für die meisten seiner Branchenkollegen ein Tabu wären. Es hat sich ja mittlerweile eingebürgert, dass sich Fussballmeister vor dem Titelgewinn monatelang als Meister des Understatements präsentieren und sich erst dann zum Titel bekennen, wenn es rechnerisch gar keinen Ausweg mehr gibt. Jürgen Klopp hatte dieses Spiel vor zwei Jahren in Dortmund bis zum Exzess betrieben.
Nicht aber Peter Stöger. Der 47-jährige Wiener predigte bereits die letzten Wochen gebetsmühlenartig: «Wir werden Meister. Wir lassen uns den Titel nicht mehr nehmen.»
Salzburg abgehängt, der Trainer wackelt
Gesagt, getan, gewonnen. Das 4:0 gegen Mattersburg vor 12’000 Zuschauern in der Wiener Generali Arena war in der vorletzten Runde der Bundesliga das Meisterstück der Wiener Austria, die sich am Mittwoch somit vorzeitig den 24. Titel der Vereinshistorie sicherte. Verfolger und Titelverteidiger Red Bull Salzburg, wo nach der titellosen Saison Trainer Roger Schmidt wackelt, halfen nicht einmal eine beeindruckende Erfolgsserie (keine Liga-Niederlage 2013) und ein clubeigener Punkterekord (74 Zähler nach 35 Runden), um die entfesselnden Wiener zu stoppen.
«Ich habe noch nie eine Mannschaft trainiert, die von Beginn an so konsequent gearbeitet hat», lobt Erfolgscoach Stöger sein Team.
Dramatischer Abstiegskampf
Vier Teams machen am letzten Spieltag der österreichischen Bundesliga einen Absteiger aus. Mit dem 2:1 gegen Europacup-Anwärter Sturm Graz hat der FC Tirol Innsbruck die rote Laterne an Admira Wacker Wien abgegeben.
Der Siegtreffer der Tiroler fiel vor 6550 Zuschauern in der Schlussminute – anschliessend stürmten Fans den Platz. Weil es das letzte Heimspiel der Saison war, wird die Liga wohl ein Auge zudrücken – anders als im Herbst, als die Innsbrucker nach einem Platzsturm ihrer Fans zu einem Strafrpunkt verdonnert wurden.
Diese Sanktion wird bei Punktgleichheit wirksam und könnte am letzten Spieltag also über das Schicksal des FC Tirol entscheiden. (cok)
Genau wie der smarte aber stets bescheidene Trainer präsentiert sich neuerdings auch die Mannschaft der Veilchen, wie die Austria in Österreich auf Grund der violetten Vereinsfarbe gerne genannt wird: bodenständig, akribisch, erfolgshungrig. Das war nicht immer so. Vor allem in der turbulenten Ära von Frank Stronach (2000 bis 2007) war die Wiener Austria ein Hort der Unruhe, Aufreger und Unstimmigkeiten.
Die Austria, Stronach und Löw
Stronach, ein Steirer, der es in Kanada zum Multimilliardär gebracht hat, hatte mehrere Hundert Millionen Euro in den Verein gepulvert und das Gehaltssystem im österreichischen Fussball ordentlich durcheinander gewirbelt. Mit Alt-Austrianern wie Herbert Prohaska, Österreichs Jahrhundertfussballer, oder Toni Polster, hatte es sich der allmächtige Mäzen schnell verscherzt, und auch ein gewisser Joachim Löw kann über Stronach sein Klagelied singen.
Löw war 2004 von Stronach aus einer Laune heraus als Austria-Coach gefeuert worden, obwohl der Club an der Tabellenspitze lag. Ein Glücksfall für Löw, der gleich nach dem Rauswurf in Wien beim DFB als Co-Trainer von Jürgen Klinsmann anheuerte. «Wer weiss, wie meine Karriere sonst verlaufen wäre. Vielleicht wäre ich Trainer in Leoben», hatte der aktuelle deutsche Bundestrainer Jahre später einmal in einem Interview gemeint.
Talentschmiede, aus der Alaba und Dragovic hervorgingen
Mit dem ersten Meistertitel seit 2006 hat die Wiener Austria nun wohl endgültig den langen Schatten der Ära Stronach hinter sich gelassen. Die Zeit teurer Stars ist längst vorbei, heute setzt man beim Traditionsverein vor allem auf heimische Kräfte und die Rohdiamanten aus der hauseigenen Akademie, die derzeit als beste Talenteschmiede des Landes gilt.
Nicht von ungefähr lernten Spieler wie David Alaba (FC Bayern München) oder auch Aleksandar Dragovic, der Abwehrchef des FC Basel, ihr fussballerisches Handwerk bei der Austria. «Das ist eben unsere Philosophie, wir wollen den österreichischen Weg gehen», erklärt Trainer Stöger, bei dem in dieser Saison selten mehr als drei Legionäre in der Grundelf standen.
Der Trainer – ein Violetter durch und durch
Der 47-Jährige, der als Aktiver 65-mal für Österreich spielte, kam über die Hintertür in das Trainergeschäft. 2006, beim letzten Meistertitel der Austria, hatte Stöger im Hintergrund als Sportchef seine Finger im Spiel, danach arbeitete der eloquente Wiener als TV-Experte, Kolumnist und betreute nebenbei die Drittligisten Vienna und Grazer AK.
Nach einer erfolgreichen Saison mit Bundesligist Wiener Neustadt wurde Stöger im vergangenen Sommer von der Wiener Austria engagiert und ist seither der Liebling der Fans. Als ehemaliger Spieler der Veilchen weiss Stöger, was sich für einen Trainer der Violetten gehört. Der lila Pullover ist bei Spielen ebenso modisches Must wie die violette Brille.
Stöger – Kandidat bei Bremen
Mit seiner unaufgeregten Art und seiner gezielten Förderung der österreichischen Talente hat sich Peter Stöger jedenfalls einen Namen gemacht. Selbst in Deutschland wird die Arbeit des Wieners mittlerweile genau verfolgt. Bei Werder Bremen wurde Stöger in den letzten Tagen als Kandidat für die Nachfolge von Thomas Schaaf gehandelt. Allerdings dürfte der Ex-Freiburg-Coach und aktuelle DFB-Direktor Robin Dutt das Rennen machen.
Die Austria, so hat Stöger mehrfach erklärt, sei für ihn nur eine Zwischenstation. Als Trainer möchte er nun das schaffen, was ihm seinerzeit als Spieler nicht gelungen war. Der Sprung ins Ausland, wo Fussballtrainer aus Österreich allerdings nicht allzu hoch im Kurs stehen. Einer in den Emiraten (Ex-Teamchef Josef Hickersberger), einer im Fürstentum Liechtenstein (Nationaltrainer Rene Pauritsch), zwei in der zweiten deutschen Bundesliga (Ralph Hasenhüttl in Aalen, Peter Pacult in Dresden) – das war es auch schon mit den rot-weiss-roten Trainer-Botschaftern.
Vorerst liegt Stögers Fokus jedenfalls noch auf der Austria und der erfolgreichen Qualifikation für die Champions League, im Hinterkopf hat er aber eine Auslandskarriere. «Es gibt interne Ziele – vielleicht der Alex Ferguson von Austria Wien zu werden», sagt Stöger lächelnd, «sonst bleibt nur das Ausland als Möglichkeit.»
Die Liste der Meister | ||
Fussball-Meister in Österreich | ||
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Anzahl Titel | Club | zuletzt |
32 | Rapid Wien | 2008 |
24 | Austria Wien | 2013 |
10 | FC Tirol Innsbruck | 2002 |
9 | Admira Wacker | 1966 |
7 | Salzburg | 2012 |
3 | Sturm Graz | 2011 |
3 | Vienna | 1955 |
3 | Wiener Sport-Club | 1959 |
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