«Verrückt: Für einen Fisch gibt es eine Seite in der Zeitung»

Er ist im heute Mittwoch stattfindenden Degen-Wettbewerb im Achtelfinal gescheitert. Max Heinzer, der neben Roger Federer der heisseste Medaillenkandidat mit Bezug zur Region Basel gewesen war. Im Interview erklärt der 24-Jährige, warum es einfacher ist, mit einem Fisch in die Zeitung zu kommen als mit einem guten Fechtresultat.

Er war an den Olympischen Spielen von London zusammen mit Roger Federer der heisseste Medaillenkandidat aus der Region Basel: Max Heinzer, Degenfechter der Fechtgesellschaft Basel. Das Aus aber kam schon im Achtelfinal. Im vor den Spielen geführten Interview erklärt der 24-Jährige, warum es einfacher ist, mit einem Fisch in die Zeitung zu kommen als mit einem guten Fechtresultat. Und warum er kein Lieblingslied hat.

Worin liegt die Essenz Ihrer Sportdisziplin – in zwei Sätzen?

Tempogefühl, Reaktionsfähigkeit, Technik und Antizipationsvermögen – das ist
alles sehr wichtig im Fechtsport. Und natürlich ist auch der mentale Bereich von
entscheidender Wichtigkeit: Jede Aktion muss mit grosser Überzeugung vorgetragen
werden, denn zweifelt man, dann scheitert man zumeist.

Was ist Ihr grösster Erfolg?

Die beiden Heimsiege am Heim-Grand-Prix in Bern 2011. Und natürlich die Olympia-Qualifikation.
Der Erfolg in Bern vor einem Jahr hat dafür auch den Grundstein gelegt.

Wo liegen Ihre Stärken, wo Ihre Schwächen?

Ich habe ein sehr grosses Kämpferherz. Ich kann mich aus Situationen heraus retten, die
ausweglos erscheinen. Und ich bin stark im athletischen Bereich. Eine Schwäche ist, dass
ich oft ungeduldig bin im Kampf. Aber über Schwächen rede ich nicht so gerne (lacht).

Wie motivieren Sie sich, wenn es gerade nicht rund läuft?

Man versucht, Erfolge aus der Vergangenheit wieder zu visualisieren oder positive
Momente im Training herauszunehmen. Es ist aber vor allem wichtig, in schwierigen
Zeiten nicht zu viel nachzudenken und Niederlagen schnell abzuhaken.

Was geben Sie auf für den Sport?

Ich kann mich sicher nicht so oft mit Freunden treffen wie andere. Aber der grösste
Schritt war wohl, dass ich vor zwei Jahren das Studium aufgegeben habe und seitdem als
Vollzeit-Fechter lebe.

Was haben Sie in dieser speziellen olympischen Saison anders gemacht?

Da letzte Saison alles sehr gut gelaufen ist, haben wir alles so belassen wie es war.
Und mehr trainieren konnte ich nicht, da ich seit längerer Zeit am Fuss verletzt bin. Ich
wurde letzten November zwar operiert, die Verletzung ist aber immer noch nicht ganz
auskuriert. Dadurch konnte ich das Training nicht steigern. Anders ist bloss, dass der
Saisonhöhepunkt nun auf den 1. August fallen sollte, letztes Jahr musste ich etwas früher
auf Topniveau sein.

Was ist Ihr Ziel in London?

Fechten ist kein Sport wie Leichtathletik oder Schwimmen, in denen man ungefähr weiss, wie
die eigene Bestzeit ist und was sie wohl für einen Rang bedeuten wird. Im Fechten ist
wirklich alles möglich. Von Anfang an kämpft man im Ko-System. Das heisst: Verliert
man das erste Gefecht, ist man draussen. Gewinnt man, gehört man schon mal zu den
besten 16. Bei den letzten zwölf Turnieren gab es elf verschiedene Sieger – einer davon
war ich. Das Ziel ist, meine bestmögliche Leistung mit einer Mischung aus Lockerheit und
Biss zu zeigen. Wenn ich das schaffe, ist alles möglich. Trotzdem muss für eine Medaille
alles stimmen.

Was ist Ihr grösster Traum?

Sicher Olympia-Gold.

Welche andere Sportart würden Sie ausüben, wenn nicht Degenfechten?

Badminton – das ist auch meine Ausgleichssportart. Die Bewegungen sind sehr ähnlich
wie beim Fechten, zum Beispiel der Ausfallschritt.

Was machen Sie gerne, wenn Sie gerade nicht mit Sport beschäftigt sind?

Fischen! Kürzlich habe ich es sogar mit einer Forelle in den Blick geschafft. Es ist schon
verrückt: Gewinnt man ein Weltcup-Turnier, gibt es nur eine kurze Meldung. Zieht man
einen grossen Fisch aus dem See, gibt ws eine ganze Zeitungsseite.

Wer ist für Sie der beste Sportler respektive die beste Sportlerin aller Zeiten?

Ist es jetzt langweilig, wenn ich Roger Federer sage? Aber für mich ist er es einfach.

Wer ist es in Ihrer eigenen Sportart?

Der Russe Pawel Kolobkow, der im Jahr 2000 Olympia-Gold gewonnen hat. Er war
sehr schnell und athletisch. Und für mich in dem Sinne ein Vorbild, als er auch nicht
besonders gross ist, aber trotzdem ein sehr gut Fechter war. Marcel Fischer hat mir
gezeigt, was als Schweizer möglich ist, aber rein körperlich kann ich mich nicht mit ihm
identifizieren, da er mit seiner Grösse einen anderen Fechtstil pflegt.

Was ist der letzte Film, den Sie gesehen haben?

Ui, da muss ich nachdenken. Avatar, glaube ich. Der ist kürzlich im TV gelaufen.

Was ist Ihr Lieblingslied?

Da muss ich leider passen. Musik hat mich nie interessiert. Dazu stehe ich heute (lacht):
Ich bin komplett unmusikalisch.

Kochen Sie selber?

Ab und zu, ja.

Was am liebsten?

Fisch – am liebsten selbst gefangenen.

Was würden Sie gerne gefragt werden?

Wer hat am meisten dazu beigetragen, dass ich so weit gekommen bin? Also ausser ich
selbst natürlich.

Wie lautet Ihre Antwort?

Meine Eltern. Ich bin in der Innerschweiz in Immensee aufgewachsen, da gab es nur
einen ganz kleinen Fechtclub. Im Alter von zwölf Jahren hatte ich da keine Gegner mehr.
Also hat mich meine Mutter einige Jahre lang mehrmals pro Woche nach Zürich und
zurück gefahren, damit ich mich dort mit anderen Fechtern messen konnte. Ohne das
wäre ich wohl kaum weiter gekommen.

www.maxheinzer.ch

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