Visite bei Wicky: «Alles, was ich sage, kann falsch ausgelegt werden»

Nach 20 Minuten 0:3 hinten – das hat der Trainer Raphael Wicky so noch nicht erlebt. Seine U21 des FC Basel unterliegt dem SC Cham am Ende überraschend hoch mit 1:4, Wicky übt hinterher Selbstkritik und will von den Spekulationen um seine Person als Trainerkandidat für die erste Mannschaft nichts wissen.

FC Basel U21 Trainer: Raphael Wicky Foto: Uwe Zinke

(Bild: Uwe Zinke)

Nach 20 Minuten 0:3 hinten – das hat der Trainer Raphael Wicky so noch nicht erlebt. Seine U21 des FC Basel unterliegt dem SC Cham am Ende überraschend hoch mit 1:4, Wicky übt hinterher Selbstkritik und will von den Spekulationen um seine Person als Trainerkandidat für die erste Mannschaft nichts wissen.

«Das sind Spekulationen von den Medien. Da will und kann ich nichts dazu sagen.» Raphael Wicky steht im Garderobentrakt des Leichtathletikstadions, und die paar Journalisten, die sich beim Mittwochsspiel der 1. Liga Promotion verloren haben, würden natürlich gerne wissen, was der Nachwuchscoach dazu sagt, dass er als als möglicher Nachfolger für Urs Fischer gehandelt wird.

Wicky arbeitet seit 2013 auf dem Nachwuchs-Campus, und vergangenes Jahr hat er die älteste Juniorenmannschaft übernommen, also jene Quelle, aus der künftig vermehrt Spieler im Profikader integriert werden sollen. Vergangenen Herbst hat Wicky sein Uefa-Trainerdiplom abgeschlossen. Damit besitzt er das nötige Rüstzeug, um Trainer in der Super League zu sein. «Momentan bin ich voll und ganz fokussiert auf die U21», sagt Wicky, der am 26. April seinen 40. Geburtstag feiern wird.

Der Ausbilder, die Details und die «brutale» Strafe

Dieser Fokus sieht während des Spiels gegen den SC Cham so aus: Wicky steht schon bei Spielanpfiff an der Seitenlinie und versucht seine Mannschaft zu leiten. Beobachtend und nachdenklich steht er da, setzt sich immer wieder neben seinen Assistenten Toni Membrino, diskutiert und begibt sich wieder in die Trainerzone, um seinen Spielern Inputs zu geben.

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Doch der Funke springt nicht über. Schon nach 22 Minuten liegt sein Team mit 0:3 zurück. «Rein fussballerisch haben wir besser angefangen als in den letzten Spielen», findet Wicky. Da musste sich die in der Spitzengruppe platzierte U21 des FCB drei Mal mit einem Punkt zufrieden geben. Und gegen das im Tabellenmittelfeld angesiedelte Cham wird sie kalt erwischt. «Heute haben wir –  nicht zum ersten Mal – die Details nicht genügend ernst genommen und wurden einfach brutal bestraft», so Wicky.



FC Basel U21 Trainer: Raphael Wicky Foto: Uwe Zinke

Raphael Wicky an der Seitenlinie der FCB-U21: Anspornen… (Bild: Uwe Zinke)



v.l.n.r: Konditionstrainer Thomas Bernhard, Torhütertrainer Michaël Bauch, Assistenztrainer Toni Membrino, Cheftrainer Raphael Wicky Foto: Uwe Zinke

…und diskutieren mit (von links) Konditionstrainer Thomas Bernhard, Torhütertrainer Michael Bauch sowie Assistenztrainer Toni Membrino. (Bild: Uwe Zinke)

Ein Problem sieht er in der Verteidigung der gegnerischen Standards: «Es geht nicht, dass wir in jedem Match Standardsituationen kriegen und dabei nicht diszipliniert genug sind.» Jeder Spieler habe seine Aufgabe, und Wicky sieht sich und seinen Staff in der Verantwortung, dass seine Schützlinge diese erfüllen: «Es ist unsere Aufgabe, ihnen das beizubringen. Dazu sind wir momentan nicht fähig.»

Keine Ausreden

Die Abwesenheit von Schlüsselspielern wie Dominik Schmid oder Neftali Manzambi, die bei der ersten Mannschaft mittrainieren, will er nicht als Entschuldigung gelten lassen. Auch nicht, dass das Kader der U21 im Laufe der Saison einen ordentlichen Aderlass hinter sich hat. Zuletzt wurde Abwehrchef Eray Cümart nach Lugano ausgeliehen, Charles Pickel an GC abgegeben, Arxhend Cani spielt seit der Winterpause leihweise für Winterthur, und gegen Cham fehlten ausserdem der bereits Super-League-erprobte Raoul Petretta und Dereck Kutesa oder der verletzte Gezim Pepsi.

Doch Wicky schaut nicht auf die Abwesenden: «Das ist zu einfach.» Die Situation biete anderen die Möglichkeit, sich zu beweisen, und diese hätten schon gezeigt, dass sie auf dem Niveau der dritthöchsten Klasse im Schweizer Fussball bestehen können. Er freut sich, dass sie zum Einsatz kommen und ihre Sache, seiner Meinung nach, auch gut machen.

Trotz des eindeutigen Resultats, findet Wicky lobende Worte für seine Spieler: «Es ist so ein Spiel, bei dem das Resultat eine Katastrophe ist, es aber einige gute Offensivaktionen gab.» Seine Spieler lassen beste Chancen liegen, so wie Afimico Pululu, der nach 55 Minuten das 1:3 auf dem Fuss hat. Im Gegenzug muss Goalie Dario Thürkauf ein viertes Mal hinter sich greifen.



FC Basel U21 Motivationskreis vor dem Anpfiff Foto: Uwe Zinke

Der Beschwörung vor dem Spiel folgte die Ernüchterung mit drei Gegentoren in den ersten 20 Minuten. (Bild: Uwe Zinke)



FC Basel U21 Nr.9 Afimico Pululu (r.) Foto: Uwe Zinke

Erzielte den Ehrentreffer: Afimico Pululu (links), ein vielversprechendes Offensivtalent im FCB-Nachwuchs. (Bild: Uwe Zinke)

Pululu, ein Franzose mit Jahrgang 1999, gehört zu jenen Spielern, denen ein Sprung in die erste Mannschaft durchaus zugetraut wird. Und er zeigt seine Stürmerqualitäten dann doch noch, als er sich wieder in einer Eins-zu-eins-Situation im zweiten Anlauf durchsetzt und wenigstens noch den Ehrentreffer besorgt. «Das Resultat ist da und es ist schlecht. Aber ich mag ein Spiel nicht Schwarz und Weiss anschauen», sagt Wicky.

«Alles, was ich sage, kann falsch ausgelegt werden»

Seit vergangenem Freitag ist bekannt, dass die neue Führung um Sportchef Marco Streller auf junge Spieler setzen will. Hatten seine Spieler im Hinterkopf, dass sie jetzt noch mehr unter Beobachtung stehen? Diese These nimmt Wicky mit einem Lächeln zur Kenntnis. «Da kann ich nichts dazu sagen. Die jungen Spieler müssen ihre Arbeit machen und gut sein.»

Es ist dieses neue Konzept, das von einem Trainer wie Wicky profitieren könnte. Streller äusserte sich an der Medienkonferenz am Montag zu Raphael Wicky: «Er macht einen hervorragenden Job bei uns im Nachwuchs, dessen sind wir uns alle bewusst. Er ist ein Fachmann, der gut mit Jungen arbeiten kann.» Doch Streller will keine Namen der Kandidatenliste nennen, und auch Wicky selbst unterlässt jegliche Aussage über einen möglichen Schritt zurück in die Welt des Profifussballs, aus der er 2009 als 75-facher Nationalspieler zurückgetreten ist.

«Alles, was ich sage, kann irgendwie falsch ausgelegt werden und in die falsche Richtung gehen», sagt Wicky. Er sei zufrieden mit seiner Aufgabe bei der U21, und das Wichtigste sei, endlich wieder einen Dreier einzufahren. Die nächste Möglichkeit dazu bietet sich seinem Team am 22. April, auswärts beim FC Köniz.

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