Von der Göttin geküsst und von Rehhagel gepriesen

Nach dem 2:1-Sieg bei Hertha BSC ist der erstaunliche SC Freiburg seit sieben Spielen ungeschlagen, hat er acht Punkte Vorsprung auf die Berliner – und kann im Abstiegskampf zunächst einmal durchschnaufen.

Es wird dunkel über Berlin: Nothelfer Otto Rehhagel sieht nach der Heimniederlage gegen Freiburg dem Abstieg entgegen. (Bild: Reuters/TOBIAS SCHWARZ)

Nach dem 2:1-Sieg bei Hertha BSC ist der erstaunliche SC Freiburg seit sieben Spielen ungeschlagen, hat er acht Punkte Vorsprung auf die Berliner – und kann im Abstiegskampf zunächst einmal durchschnaufen.

Der Berliner Stadionsprecher war sich seiner Sache sehr sicher. Mit dem Zusatz «Der Trainer, der uns in der ersten Liga halten wird», stellte er Otto Rehhagel vor – den offiziell 45‘778 Fans entlockte das wenig Zustimmung. Zumal die Hertha in der von dem zuweilen arg brachial formulierenden 73-Jährigen zur «Entscheidungsschlacht» erklärten Partie schon kurz nach dem Anpfiff zurücklag.

Nach einer Flanke des überraschend in die Startformation gerückten SC-Angreifers Garra Dembélé versuchte Herthas Roman Hubnik zu klären, fälschte den Ball dabei aber völlig unbedrängt ins eigene Netz ab (7. Minute). Auch in der Folgezeit waren die Freiburger die spielerisch klar bessere Mannschaft, die immer wieder zielstrebig den Weg in den gegnerischen Strafraum fand.

Es dauerte gerade einmal 20 Minuten, bis die Berliner Fans begannen, gegen ihre eigene Mannschaft zu pfeifen. Der war indes das Bemühen nicht abzusprechen, wohl aber die Erstligatauglichkeit. Im Vergleich zu den flüssig kombinierenden Freiburgern wirkten die Berliner Angriffe schwerfällig und fehlerbehaftet. Im Spielaufbau landeten viele Bälle im Nichts oder im Seitenaus. Selten fand die Hertha in die Nähe des Strafraums der Freiburger, die sogar noch einen Lattentreffer (Dembélé) zu beklagen hatten.

Freiburgs kompakte Viererketten

Auch im zweiten Durchgang und mit Pierre-Michel Lasogga als zusätzlicher Spitze hallten bald Pfiffe durchs weite Oval des Olympiastadions, weil den Gastgebern weiterhin nichts Produktives einfallen wollte, um die beiden kompakt stehenden Freiburger Viererketten zu überwinden. Es blieb bei zwei Distanzschüssen von Lasogga (64./65.). Kurz darauf war die Partie de facto entschieden. Nach einem weiten Abschlag von Baumann genügte eine simple Kopfballverlängerung von Dembélé, um die Hertha-Defensive auszuhebeln. Mutterseelenallein lief Freis auf das Berliner Tor zu, umkurvte Keeper Thomas Kraft und schob zum 0:2 ein (67.).

Als längst Totenstille im weiten Rund eingekehrt war, kam dann doch noch einmal Spannung auf, weil SC-Keeper Baumann nach einer Kerze von Verteidiger Fallou Diagne zu zögerlich eingiff – den Fehler nutzte Hubnik zum Anschlusstreffer (81.). Den knappen Vorsprung über die Runden zu bringen, fiel den Südbadenern dann nicht mehr sonderlich schwer.

Die Jungen und die Konstanz

Dennoch fand Freiburgs Mittelfeldmann Johannes Flum: «Das war ein hartes Stück Arbeit, und ein verdienter Sieg, wenn man sieht, welche Qualität die Hertha hat.» Flum räumte dann postwendend ein, dass sich das Kompliment auf die individuelle Klasse der Hauptstädter bezog: «Als Mannschaft haben wir auch Qualität gezeigt». Was umso überraschender ist, als Flum mit seinen 24 Jahren zusammen mit Julian Schuster (Nasenbeinbruch) und Cédrick Makiadi (gelbgesperrt) zu den wenigen erfahreneren Akteuren im Team zählt, die konstant zu den Leistungsträgern zählen.

Die fünf, sechs Youngsters, die Spiel für Spiel in der Anfangsformation stehen, sind ansonsten derzeit schlicht besser als ältere Kollegen, die auf der Bank sitzen. Keeper Oliver Baumann (21) wäre ohne die Existenz von Ron Robert Zieler und Marc-André ter Stegen wohl ein Kandidat für Bundestrainer Joachim Löw. Und Spieler wie Matthias Ginter (18), Jonathan Schmid (21) oder Oliver Sorg (21), die in Berlin erneut zu den besten Akteuren zählten, sind auf dem Weg zu wertvollen Bundesligaprofis sind – mindestens.

«Wir haben noch nichts erreicht»

Nach dem Auswärtssieg hat der SC den Abstand auf Hertha BSC Berlin auf komfortable acht Punkte erhöht und kann im Abstiegskampf zunächst einmal kräftig durchatmen. «Nach sieben ungeschlagenen Spielen in Folge können wir ganz zufrieden mit uns sein», sagte Torschütze Freis. Was die Verantwortlichen natürlich pflichtschuldig dementierten: «Die Jungs dürfen sich freuen wie verrückt», meinte Christian Streich, «aber wir haben nichts erreicht – wenn wir die letzten vier Spiele verlieren, steigen wir ab.»

Dann gönnte sich der junge Freiburger Trainer einen verbalen Doppelpass mit dem Altmeister Rehhagel. Sein Club werde derzeit «von der Göttin Fortuna geküsst», sagte Streeich unter Verweis auf die letzten zehn Minuten, in denen der SC noch einmal unter Druck geraten war. Und lächelte, als Rehhagel erwiderte, dass nur «der Gute» von besagter Schicksalsdame geküsst werde.

Bundesliga, 30. Runde

Werder Bremen – Mönchengladbach 2:2 (1:0). – Tore: 18. Rosenberg 1:0. 52. Hanke 1:1. 67. Hanke 1:2. 74. Naldo 2:2. – Bemerkungen: Bremen bis 75. mit Affolter. 27. Rote Karte gegen Boenisch (Werder/Notbremse-Foul).

Augsburg – Stuttgart 1:3 (1:2). – Tore: 5. Rafael (Foulpenalty) 1:0. 24. Tasci 1:1. 34. Harnik 1:2. 84. Ibisevic 1:3.

Hertha Berlin – Freiburg 1:2 (0:1). – Tore: 7. Hubnik (Eigentor) 0:1. 67. Freis 0:2. 81. Hubnik 1:2. – Bemerkungen: Hertha ohne Lustenberger, Freiburg ohne Ferati (beide verletzt).

Mainz – Köln 4:0 (3:0). – Tore: 19. Polanski (Foulpenalty) 1:0. 31. Zidan 2:0. 37. Nicolai Müller 3:0. 54. Szalai 4:0.

 


 

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