Der FC Basel kann sich nach der 0:4-Niederlage in der Champions League gegen den FC Porto ab sofort auf die Meisterschaft und den Cup konzentrieren. Ein datenbasierter Rückblick auf die Partie im Estadio do Dragao lohnt sich gleichwohl: Den Toren gehen technische und taktische Fehler sowie ein Missverständnis zwischen Fabian Frei und seiner Mannschaft voraus.
Man könne den Fussball halt nicht planen, sagt Luca Zuffi. Er richtet den Blick in die Weite, die Enttäuschung über die 0:4-Niederlage des FC Basel gegen den FC Porto in der Champions League steht ihm noch deutlich ins Gesicht geschrieben. Was eine Fussballmannschaft aber planen kann, sind gewisse Abläufe innerhalb des Spiels, über die sie selber entscheiden kann.
Der dritte Treffer, kam durch einen Fehler innerhalb dieser Abläufe zustande. Fabian Schär verletzte sich und Fabian Frei hob umgehend den Arm zum Zeichen, dass der Ball ins Aus gespielt werden solle. Anstatt das Spiel aber zu unterbrechen, spielte der FCB noch neun erfolgreiche Pässe, bis der zehnte misslang und Frei schliesslich das Foul beging, das zum verwandelten Freistoss führte.
Der Vorwurf an Porto, das Spiel nicht unterbrochen zu haben, ist nur bedingt berechtigt. Denn dass die Basler den Ball nicht selbst ins Aus spielten, war ihre Entscheidung und wohl nur auf ein kleines aber entscheidendes Missverständnis zurückzuführen: Freis Handzeichen wurde nicht gesehen oder ignoriert.
Taktische Konzepte funktionieren, wenn technisch nicht gesündigt wird
Gegen Missverständnisse wie vor dem 3:0 ist kein taktisches Konzept gewappnet. Ebenso wenig gegen technische Unzulänglichkeiten oder Fehlzuspiele. Abgesehen vom zweiten Treffer, bei dem der FCB von Porto mit 15 Pässen in Serie schlicht und einfach ausgespielt wurde, entstanden zwei der vier Tore durch Basler Fehler.
Vor dem 1:0 spielte Frei den Ball durch das Zentrum aus der Abwehrzone, Zuffi wollte entweder den Ball direkt auf Mohamed Elneny weiterspielen oder ihn annehmen. Unabhängig seiner Absicht: Zuffi beging den technischen Fehler, die Aktion mündete im Ballverlust und schliesslich im Foul Walter Samuels, das den Freistoss zum Tor ermöglichte.
Die Fehlpässe des FC Basel, markiert ist der Fehlpass Luca Zuffis vor dem 1:0 (der Kasten mit seiner Nummer 7 ist verdeckt). (Bild: Screenshot www.sueddeutsche.de)
Auf der Grafik ist zu erkennen, dass die meisten Fehlpässe aus der eigenen Hälfte lange vertikale Bälle waren. Fehlpässe also, die keine unmittelbaren Konsequenzen haben. Für Porto spricht aber, dass Zuffis Zuspiel als einer der wenigen misslungen Querpässe vor der Mittellinie gleich in ein Tor umgewandelt wurde.
Dazu kommt, dass aus einem Fehlpass Schärs in der eigenen Hälfte eine weitere grosse Tormöglichkeit entstand: Der Innenverteidiger wollte in der 40. Minute Elneny anspielen, was ihm mit seinem schwächeren linken Fuss misslang. Porto verfügte sogleich mit fünf Spielern in der Zone gegen Schär und Frei über den notwendigen Platz, den Gegenangriff einzuleiten. Schär machte seinen Fehler schliesslich wieder gut und klärte die Situation.
Situation bei Schärs Ballverlust, der zu einer grossen Torchance für Porto führte. (Bild: Screenshot SRF)
Die Effektivität von Portos Pressing
Ballverluste hatte Porto mit einem besseren Zweikampfverhalten (die Lusitaner gewannen rund 50 Prozent mehr Zweikämpfe als die Basler) und mit einem überzeugenden Pressingkonzept provoziert.
Die Aktion vor dem 4:0, das zweite auf einem technischen Fehler basierende Tor, veranschaulicht, wie Porto den Druck auf den ballführenden Basler hochhielt und so den Fehler provozierte: Derlis Gonzalez spielte von der Seitenlinie den Ball Elneny mit der Idee zu, von diesem gleich wieder in den Lauf angespielt zu werden (blau gestrichelt auf dem Bild). Der Ägypter entschied sich aber, von zwei Gegnern unter Druck gesetzt (rote Laufwege), für die Rückwärtsbewegung. Mit dem Resultat, dass er den Ball schliesslich an einen der beiden Gegenspieler verlor.
Situation kurz vor dem Ballverlust, der zum 4:0 führt. (Bild: Screenshot SRF)
Die zurückgebundenen Xhaka und Gonzalez
Die Szene hätte Gonzalez eventuell einen der wenigen Läufe nach vorne ermöglicht. Dass er nicht mehr Vorstösse über die Flanke hatte, war wohl das Resultat seiner Leistung im Hinspiel: Nach seinem Tor im St.-Jakob-Park, von Frei in die Tiefe angespielt, wurde er im Rückspiel auf der rechten Angriffsseite der Basler vom Gegner neutralisiert.
Das hat einerseits mit der Bewachung von Gonzalez zu tun. Andererseits aber auch mit Yacine Brahimi, der die Seite von Gonzalez und Taulant Xhaka fast unablässig beschäftigte. Das verdeutlicht die Szene, in der Brahimi das 2:0 kurz nach der Pause vorbereitete: Er alleine zog Gonzalez und Xhaka auf sich, liess die beiden an der Strafraumgrenze stehen, um sogleich Elneny anzulocken und dem Torschützen Hector Herrera den grosszügigen Raum zu öffnen.
Der algerische Flügel sorgte also fast im Alleingang dazu, dass sich Gonzalez und Xhaka weniger nach vorne orientieren konnten, sondern mehrfach Arbeit gegen den Ball zu leisten hatten. Sie agierten gar defensiver als Behrang Safari, der auf der linken Seite positionsbedingt üblicherweise nicht so stark in die Offensive eingebunden ist.
Heatmap von Derlis Gonzalez (rechts) und Taulant Xhaka (links) (Spielrichtung von links nach rechts) (Bild: Screenshot www.sueddeutsche.de)
Zum Vergleich: Der Bewegungsradius der beiden sah beispielsweise im Spiel gegen Liverpool ganz anders aus. Beim 1:1 an der Anfield Road im letzten Gruppenspiel waren sie praktisch auf der ganzen rechten Seite präsent:
Heatmap von Derlis Gonzalez und Taulant Xhaka (übereinander gelegt) beim 1:1 im letzten Gruppenspiel der Champions League gegen den FC Liverpool. (Spielrichtung von links nach rechts) (Bild: Screentshot www.sueddeutsche.de)
Die seltene vertikale Spielauslösung und die tiefe Erfolgsquote bei langen Bällen
Neben der Bewachung von Gonzalez war die Neutralisierung von Frei eine weitere Konsequenz aus dem Hinspiel: Seine erfolgreichen Pässe (linkes Bild) waren vorwiegend kurze oder mittellange Bälle zur Seite oder in die Diagonale. Einen langen Ball in die zentrale Vertikale spielte Frei nicht.
Pässe (grün) und Fehlpässe (rot) von Fabian Frei (links) und Fabian Schär (rechts). (Bild: Screenshot www.sueddeutsche.de)
Auch fehlten dem FCB Schärs weite Spielauslösungen aus der eigenen Hälfte. Der Innenverteidiger, der nach gut einer Stunde verletzt vom Platz musste, beschränkte sich vorwiegend auf Querzuspiele. Und wenn er einen dieser langen Bälle noch vor der Mittellinie versuchte, dann fand dieser den Abnehmer nicht.
Auf die ganze Mannschaft bezogen weist Basel bezüglich der langen Bälle zudem eine Erfolgsquote von 54 Prozent auf. Dieser Wert ist verglichen mit Portos 84 Prozent deutlich tiefer (» zu den Werten über die anderen Distanzen).
Etwas näher an der Gefahrenzone als im Hinspiel
Als positiver Punkt ist hervorzuheben, dass der FCB zumindest näher an den gegnerischen Sechzehnmeterraum gekommen ist als noch im Hinspiel. Die Heatmap zeigt, dass sich die Basler gleichwohl nicht sonderlich oft vor Portos Tor aufhielten.
Heatmaps des FC Basel (links) und des FC Porto (rechts) (Spielrichtung von links nach rechts) (Bild: Screenshot www.sueddeutsche.de)
Gleiches gilt für Porto. Allerdings waren die Portugiesen mit ihrer Effektivität bei Weitschüssen und Freistössen gar nicht darauf angewiesen, nahe an Tomas Vacliks Tor zu kommen. Vincent Aboubakar (Nummer 99) hatte als einziger einen Versuch in Tornähe, Cristian Tello (Nummer 11) einen weiteren gleich an der Strafraumgrenze. Alle anderen Schüsse, geblockt, auf, neben oder in das Tor, wurden ausserhalb des Strafraums abgegeben:
Portos Schüsse auf (grün), neben oder geblockt (rot) und in das Tor. (Bild: Screenshot www.sueddeutsche.de)
Weniger abgefangene Bälle
Über die letzten internationalen 90 Minuten der Saison gesehen hat der FCB zudem deutlich weniger Bälle abgefangen als der Gegner. Dabei ist nicht nur die Anzahl entscheidend, sondern auch die Zone auf dem Spielfeld, wo die beiden Mannschaften diese Bälle abgefangen haben. Basel gelang das vor allem in der eigenen Hälfte. Und auf der anderen Seite der Mittellinie war der FCB noch zu weit vom Tor entfernt und zu wenig zentral postiert, um unmittelbar Gefahr zu erzeugen.
Porto fing derweil die Bälle über die ganze Breite des Spielfeldes ab:
Abgefangene Bälle, links durch Basel, rechts durch Porto. (Spielrichtung jeweils von links nach rechts) (Bild: Screenshot www.fourfourtwo.com)
Weniger gelaufen und seltener aufs Tor geschossen
Weiter ist den Zahlen zu entnehmen, dass der FCB im Vergleich zum Gegner weniger gelaufen ist, mehr Fouls begangen und mehr Pässe gespielt hat, dabei aber eine tiefere Erfolgsquote aufweist. Und: Die Basler haben deutlich seltener auf das Tor geschossen.