Eine bessere Passquote, ein funktionierendes Zentrum, mehr Abschlusssituationen und ein Meistgefoulter – das waren die Bereiche, in denen sich der FC Basel von der ACF Fiorentina beim 2:1-Sieg in der Europa League abhob.
«Äxgüsi.» Das Wort aus Urs Fischers Mund klingt fast so, als wolle er Gonzalo Rodriguez eine Nacht nach dem Spiel in Schutz nehmen. Vielleicht, weil der Trainer des FC Basel einst selbst als Verteidiger nicht die ganz feine Klinge führte; vielleicht auch, weil er am Flughafen mit der Lockerheit des Siegers Auskunft gibt.
«Äxgüsi, aber das ist Fussball», sagt Fischer also zu der Szene, nach der die Basler gegen die ACF Fiorentina mit einem Mann mehr auf dem Platz standen. Rodriguez hatte Breel Embolo gefoult, als Paulo Sousas Team noch 1:0 führte. Und dass der FCB diese erste Partie der Europa League schliesslich mit zwei Treffern innert acht Minuten kehrte, hatte auch mit dieser personellen Überzahl zu tun.
«Die rote Karte hatte einen Einfluss auf das Spiel», bestätigt Fischer und hält fest: «Wir haben sie allerdings auch provoziert.» In der Tat dürfte das Spiel Embolos, der Ziel von sechs regelwidrigen Interventionen und damit meistgefoulter Spieler auf dem Platz war, die Toskaner derart in Rage gebracht haben, dass irgendwann ein solches Foul kommen musste.
Das grösste Kompliment für einen Fussballer
Bereits früher in der Partie hatte Embolo den Ellbogen eines Gegners im Gesicht gespürt und es machte den Anschein, als hätten sich die Spieler des Serie-A-Achten den jüngsten Basler als Ziel ihrer harten Gangart ausgesucht. «Er muss sich an diese Härte gewöhnen», sagt Embolos Trainer, «und letztendlich gibt es für einen Fussballer kein grösseres Kompliment als diese Härte der Verteidiger.»
Wenn einer gefoult wurde, dann war es meist Embolo. Von den 14 Fouls an FCB-Spielern traf es sechs Mal den 18-Jährigen. (Bild: Keystone/FABRIZIO GIOVANNOZZI)
Embolo bildete mit Marc Janko einen Zweimannsturm. Es war nicht die einzige taktische Veränderung, die Fischer auf Basis der Gegnerstudie vorgenommen hatte. In der Abwehr spielte Taulant Xhaka auf der rechten Seite, und er interpretierte diese Rolle so hoch, dass sein Spiel fast an die Zeit unter Sousa erinnerte.
Den grössten Stärkeunterschied erreichten die Basler im zentralen Mittelfeld. Dieses bespielten Luca Zuffi und Torschütze Mohamed Elneny, für den sich gemäss eigenen Angaben andere Vereine interessieren. Die beiden erledigten ihre Arbeit mit einer hohen Quote erfolgreicher Pässe: Ihre Prozentzahlen waren mit 91 (Zuffi) und 95 (Elneny) entscheidend höher als diejenige des fiorentinischen Zentrums (unter 90 Prozent).
So erreichte beispielsweise Zuffis Pass den Destinatär Birkir Bjarnason, der mit seinem wuchtigen Schuss in der 71. Minute das 1:1 erzielte.
Das andere Aufwachen
Über das ganze Team betrachtet spielten die Basler 140 Pässe mehr (494 zu 354) – und das mit einer 90-prozentigen Erfolgsquote präziser als Sousas Mannschaft (85 Prozent). Zudem hatten sie zwei Abschlussszenen mehr (10 zu 8), ihre Schüsse flogen öfters auf das Tor (3 zu 2), sie traten mehre Eckbälle (3 zu 0) und sie hatten mehr Ballbesitz (57 zu 43 Prozent).
Die Zahlen zum Spiel. (Bild: Screenshot uefa.com)
Weil die Basler die wichtigste Statistik mit 2 zu 1 ebenfalls für sich entschieden, war Fischers Nacht zwar kurz, dafür aber «das Aufwachen angenehmer» als noch in Tel Aviv, wie der Trainer sagt. «Das war eine fast fantastische Mannschaftsleistung, wenn man nach einem Rückschlag so wie wir in das Spiel zurückfindet, dann funktioniert ein Team.»
Das «fast» in seiner Aussage bezieht Fischer auf Momente in der ersten Halbzeit, als die «Konsequenz auf den letzten 20 Metern vor dem Tor gefehlt hat, wir immer nochmals einen Pass spielten und immer nochmals einen Haken schlagen wollten».
Die ersten zehn Minuten gehörten der Fiorentina, die restlichen 80 den Baslern – die Timeline der gefährlichen Szenen. (Bild: Screenshot uefa.com)
Mit seinem unterlegenen Vorgänger Paulo hatte Fischer nach der Partie keinen längeren Kontakt. «Schade, aber er hatte zu viele Interviewtermine, das ging bei mir um einiges zügiger.»
Szenenwechsel am Sonntag – beim Spiel gegen den Erstligisten
Und so startet der FCB mit einem Sieg gegen «eine italienische Spitzenmannschaft» (Fischer) und mit drei Punkten in diese Europa League. Er führt die Tabelle der Gruppe I an, vor Belenenses und Posen, die sich unentschieden trennten.
Am Sonntag um 14 Uhr empfangen die Basler den YF Juventus aus der 1. Liga Promotion zum Sechzehntelfinal im Schweizer Cup. Zeit für Fischer, seine Mannschaft wieder neu aufzustellen. Nicht nur, weil die Physiotherapeuten nach dem Abstecher in die Toskana einiges zu tun haben, wie Fischer versichert – und dabei gedanklich wohl bei Embolo ist.
Die FCB-Spieler in Zahlen. Legende: To: Tore AT: Versuche auf das Tor NT: Versuche am Tor vorbei VL: Assists A: Abseits BF: Begangene Fouls EF: Erlittene Fouls PV: Pässe AP: Angekommene Pässe AP: Erfolgsquote beim Passspiel (Bild: Screenshot uefa.com)
Die Tabelle der Gruppe I nach dem ersten Spieltag. (Bild: Screenshot uefa.com)