Warum Jordan in der Box von Federer sass

Roger Federer hat ein Highlight gefeiert. Es ist nicht der Sieg gegen Matinko Matosevic gewesen, sondern das Treffen mit Michael Jordan, seinem «Sportidol in Jugendzeiten». Der Besuch des legendären Basketballers war aber nicht nur ein Freundschaftsdienst.

«Guck mal!» Mirka Federer zeigt Jordan die Fotos von ihm und ihrem Gatten. (Bild: DARRON CUMMINGS)

Roger Federer hat ein Highlight gefeiert. Es ist nicht der Sieg gegen Matinko Matosevic gewesen, sondern das Treffen mit Michael Jordan, seinem «Sportidol in Jugendzeiten». Der Besuch des legendären Basketballers war aber nicht nur ein Freundschaftsdienst.

Ein ganzes Jahr lang ist eine eigene Stabsabteilung des US-amerikanischen Tennisverbandes damit beschäftigt, die Superstars aus Film, Musik und Kunst oder auch Wirtschaftslenker und Politgrössen ins Billie Jean King Center nach Flushing Meadow zu locken. Hinter den Kulissen wird gehandelt, gefeilscht und gebettelt, damit die grossen Namen die grosse Grand Slam-Show noch ein wenig aufpeppen.

Wer sich umschaute auf der Ehrentribüne oder in den VIP-Logen, der konnte in den letzten Jahren beispielsweise Tom Cruise, Nicole Kidman, Kevin Spacey, Robert de Niro, Ben Stiller, Richard Branson, Donald Trump, David Beckham oder auch Bill Clinton sehen.



Former NBA basketball player Michael Jordan, left, and fashion editor Anna Wintour, right, attend a match between Roger Federer, of Switzerland, and Marinko Matosevic, of Australia, during the opening round of the U.S. Open tennis tournament Tuesday, Aug.

«His Airness» und Modeguru Anna Wintour bewundern die Zauberschläge von Roger Federer. (Bild: JASON DECROW)

«His Airness» in Federers Box

Doch am Dienstagabend erlebten die Strategen des amerikanischen Grand Slam, wie ihnen die Inszenierung des Spektakels ausnahmsweise mal abgenommen wurde – mit einem PR-Dreh, an dem ein gewisser Roger Federer nicht ganz unbeteiligt war. Denn einen Tag, nachdem der erfolgreichste Tennisspieler der Moderne in New York sein Sport-Jugendidol Michael Jordan erstmals überhaupt getroffen hatte, natürlich dokumentiert über Federers soziale Netzwerk-Seiten, erschien «His Airness», der legendäre Basketball-Gigant, höchstpersönlich in der Arthur Ashe-Arena.

Jordan kam allerdings nicht nur aus purem Interesse an Federers Erstrunden-Match gegen den Australier Matinko Matosevic, sondern auch irgendwie im höheren Auftrag des gemeinsamen Sportausrüsters Nike – der nämlich liess Federer beim 6:3, 6:4, 7:6-Erfolg in einem neuen Hybrid-Schuh auflaufen, einer Kreuzung aus dem Air Jordan-Modell und einem Hartplatz-Tennisschuh. «Es war eine grosse Ehre, dass Michael erschienen ist und ein bisschen in die Welt des Tennis hereingeschaut hat», sagte Federer später gerührt, «er war mein Sportidol in Jugendzeiten. Seine Karriere war ein Beispiel für mich, die Ausdauer, die er hatte. Seine Konstanz auf hohem Niveau. Und seine Fairness, sein Verhalten auf und neben dem Platz.»

Jordan versemmelt den Smash – Jordan lacht trotzdem

Federer gab sich alle Mühe, dem prominenten Besucher eine amüsante und unterhaltsame Show zu liefern in der riesigen Betonschüssel des Ashe-Stadions. Im zweiten Satz allerdings ging der Versuch eines eingesprungenen Schmetterschlages gründlich schief – Federers Ball landete weit im Aus, was er später trocken so kommentierte: «Es gibt Leute, die das besser können.»

Heiterkeit auch bei Jordan erzeugte indes ein im Rückwärtslaufen zwischen den Beinen hindurch gespielter Ball Federers, ein sogenannter Tweener: Federer packte den Trick aus, obwohl er den Punkt schon gewonnen hatte – und prompt erwischte die artistisch übers Netz bugsierte Kugel seinen bereits zur Grundlinie zurückmarschierenden Gegner Matosevic an der hinteren Rückenpartie. Jordan brach genau so wie die gesamte Kulisse in Gelächter aus, später sprach er aber auch voller Anerkennung über Federer, der sich «unglaublich geschmeidig» bewege und einfach ein «grandioser Sportler» sei.

Viele Spannungsmomente gab es nicht in dieser Eröffnungspartie des «Königs der Nacht», abgesehen von der Notwendigkeit für Federer, das Spiel im dritten Satz in der Glückslotterie des Tiebreaks zu entscheiden und damit auch Kräfte für die kommenden Aufgaben zu sparen.

Am Freitag tritt Federer nun gegen den australischen Gewaltaufschläger Sam Groth an, der kürzlich bei einem Challenger-Turnier das (offiziell noch nicht anerkannte) schnellste Service aller Zeiten ins gegnerische Feld geknallt hatte – mit 263 Stundenkilometern.

Da wird Geduld von Federer verlangt sein, das Warten auf die womöglich nicht allzu vielen Chancen auf ein Break. Gewinnt der fünfmalige US-Open-Champion das Match, könnte der nächste Ballermann schon um die Ecke warten – Ivo Karlovic, der 2,07-Meter-Mann aus Kroatien. Spätestens dann wird nicht mehr Federers Schuh, sondern er selbst im Fokus des Interesses stehen.

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