Was der kleine Schweizer den grossen Stars voraus hat

Der FC Bayern München kommt am Samstag (16.30 Uhr, St.-Jakob-Park) nach Basel und mit ihm Xherdan Shaqiri, der im ersten halben Jahr im Trikot des deutschen Rekordmeisters mehr geleistet hat, als es auf den ersten Blick den Anschein macht.

epa03523365 Bastian Schweinsteiger (l-r), Anatoliy Tymoshchuk, Xherdan Shaqiri, Mario Mandzukic, Arjen Robben and Dante after a training session during their training camp in Doha, Qatar, 03 January 2013. EPA/Peter Kneffel (Bild: Keystone/Peter Kneffel)

Der FC Bayern München kommt am Samstag (16.30 Uhr, St.-Jakob-Park) nach Basel und mit ihm Xherdan Shaqiri, der im ersten halben Jahr im Trikot des deutschen Rekordmeisters mehr geleistet hat, als es auf den ersten Blick den Anschein macht.

Es wird ein grosser Bahnhof werden, wenn der FC Bayern am Samstag zur Stippvisite in Basel vorbeischaut. Die Münchner werden vormittags mit dem Flieger ankommen und nach dem Spiel gegen den FC Basel auch gleich wieder abhauen. Am Sonntag steht gegen Unterhaching schon der nächste, letzte Test an, bevor es am darauffolgenden Wochenende in der Bundesliga gegen Führt weitergeht.

23’320 Karten sind bis Freitagmittag verkauft worden, womit der St.-Jakob-Park eine Rekordkulisse für ein freundschaftliches Spiel sehen wird. Die Bayern ziehen noch mehr als sie es vor drei Jahren getan haben, als sie zum ersten Mal aufgetaucht sind, damals noch mit Louis van Gaal als Reiseleiter. 1:0 gingen der FCB damals in Führung, ehe Thorsten Fink einmal durchwechselte und die Bayern noch mit 3:1 gewannen.

Zwei Jahre später war es dann ein Pflichtbesuch, den der deutsche Rekordmeister im Champions-League-Achtelfinal zu absolvieren hatte. Unvergessen der 1:0-Sieg durch Valentin Stockers Tor, fast schon verdrängt das anschliessende 0:7 in München.

Shaqiri und die ganz andere Welt

Diesmal bringen die Bayern einen verlorenen Sohn mit in die Stadt: Xherdan Shaqiri, der im Sommer von den Münchnern geholt wurde und dem FC Basel die Rekordablösesumme von um die 16 Millionen Franken eingebracht hat.

Auch wenn es auf den ersten, oberflächlichen Blick nicht immer so aussah: Im ersten halben Jahr hat sich Shaqiri prima geschlagen im Weltclub. Dazu hat die fürsorgliche Hand von Gentleman-Trainer Jupp Heynckes beigetragen und Shaqiris Professionalität und Bodenständigkeit. Keine Nebengeräusche gab es von ihm, weder von der Ersatzbank, wo er regelmässig Platz nehmen musste, noch aus irgendwelchen Nachtlokalen.

«Es ist optimal gelaufen», sagt Shaqiri, der in 80 Prozent aller Pflichtspiele zu mehr oder weniger Einsatzzeit kam. Es sei «noch einmal eine ganz andere Welt», in die er da in der Bundesliga eingetaucht sei, und obwohl er sich viel mit Nationaltrainer Ottmar Hitzfeld («Der kennt den Verein ja in- und auswendig») ausgetauscht hat, so musste er sich doch an ein «komplett neues Umfeld gewöhnen».

1062 Minuten, 11 Skorerpunkte

Am Ende der Vorrunde kann Shaqiri eine sehr ordentliche Bilanz vorweisen: In den 26 Wettbewerbsspielen war er immer im Kader, sechs Mal kam er nicht zum Einsatz, er absolvierte von 2340 möglichen Minuten deren 1062, er bereitete sieben Tore vor und erzielte selbst deren vier.

Der besondere Moment war sein erster Treffer im Bayern-Trikot, in der Champions League gegen Bate Borrisow – «und das auch noch mit dem Kopf – «eigentlich unglaublich», sagt der 1,69 Meter grosse Shaqiri, «ich glaube, in Basel habe ich kein Kopfballtor gemacht. Wahrscheinlich ist das mein erstes überhaupt.» Es folgte sogleich das erste Bundesligator; mit dem er den Bayern daheim ein 1:1 rettete gegen das Borussia Mönchengladbach von Granit Xhaka.

Der jahrelange Clubkollege in Basel hat Shaqiri eines voraus: er hat in den ersten sechs Monaten in der Bundesliga bereits Lehrgeld gezahlt und schwere Zeiten hinter sich. Shaqiri dagegen schoss in jenem Spiel nicht nur ein Tor, sondern brachte auch noch 91 Prozent seiner Pässe an den Mitspieler.

Das Kompliment vom Sportdirektor

Das Tor zum 2:0 in Augsburg, kurz vor Weihnachten im DFB-Pokal, hebt Xherdan Shaqiri sogar über alle anderen Bayern-Stars heraus: Der 21-Jährige ist damit der bis dato einzige Bayern-Profi, der in allen drei Wettbewerben getroffen hat. «Grosses Kompliment», sagt Sportdirektor Matthias Sammer.

Der Vereins-Website hat Shaqiri im Trainingslager in Doha eröffnet, was ihn vor sechs Monaten nach Deutschland begleitet hat: «Viele haben gedacht: Der Kleine aus der Schweiz wird nicht viele Minuten bekommen. Das hat mich zusätzlich angespornt.» Inzwischen hat er bereits in den Rang eines Publikumslieblings gebracht, zwar noch einer aus der zweiten Reihen, aber einer, der sich neben Zuneigung auch schon Respekt verschafft hat.

Die Konkurrenz ist enorm

Einfacher wird es im Haifischbecken an der Säbenerstrasse für den Schweizer Nationalspieler nicht werden. Die Bayern haben ein sehr zufrieden stellendes Trainingslager in Katar hinter sich. Sie haben in acht Tagen 13 Einheiten absolviert, zwei Testspiele zu Null gewonnen und dabei Schalke 04 mit 5:0 versohlt. Aus der Verletztenabteilung drängen nun Bastian Schweinsteiger, Luiz Gustavo und – in Shaqiris Arbeitsbereich – vor allem Arjen Robben zurück.

«Der Konkurrenzkampf ist riesig», konstatiert Matthias Sammer. Gross sind auch die Ansprüche, die sich die Bayern gestellt haben. Dortmund nach zwei bitteren Jahren wieder in der Meisterchronik abzulösen, dazu hat der Rekordmeister in der Bundesliga-Vorrunde die Grundlage geschaffen: Neun Punkte liegt er vor Leverkusen, deren zwölf bereit vor der Borussia und Frankfurt.

Doch damit gibt sich Sammer nicht zufrieden: «Europäische Spitze ist unser Anspruch, oder?», fragte der Sport-Vorstand jüngst rhetorisch. Die nächsten Prüfungen stehen mit den Champions-League-Achtelfinals gegen den FC Arsenal an, und dazwischen kommt es im Pokal-Viertelfinal erneut zum neuen Klassiker gegen Dortmund.

Das Imperium schlägt zurück

Jupp Heynckes sieht seine Mannschaft gewappnet. «Das ist die modernste und zeitgemässeste Mannschaft aller Zeiten», schwärmte er am Persischen Golf. Was wohl nichts anderes heissen soll als: Das Imperium – im letzten Geschäftsjahr auf einen Umsatz von 373 Millionen Euro (11 Millionen Gewinn) angewachsen – ist bereit, nach zwei Jahren ohne Titel zurückzuschlagen. 187’865 Vereinsmitglieder und 231’197 registrierte Fans erwarten nichts anderes.

Höchstwahrscheinlich wird Basel das letzte Mal Jupp Heynckes als Chefcoach der Bayern oder überhaupt als Trainer erleben. Der Vertrag des 67-Jährigen läuft im Sommer aus, und am Münchner Markt geht man davon aus, dass ein Abschied näher liegt als eine Verlängerung der Zusammenarbeit. Oder, wie es Sammer ausdrückt: «Die Entscheidung wird dahingehend sein, dass die Superlösung Heynckes entweder bleibt oder wir eine Superlösung zu präsentieren haben.»

Davor hat Heynckes noch einen Auftrag zu erledigen, und auf dem Weg dahin den Test in Basel, wo in der Startelf für Xherdan Shaqiri sicher ein Platz freigeschaufelt werden wird. Für Shaqiri wird es ein emotionaler Moment werden, auf den er sich sehr freut: «Den St. Jakob-Park im Bayern-Trikot zu betreten und gegen meine alten Teamkollegen anzutreten, wird sicher etwas komisch.»

Noch ausführlicher kommt Shaqiri auf fcb.ch zu Wort.

In Klammern Ein-/Auswechslungen
Shaqiris Leistungsausweis bei den Bayern
  Bundesliga DFB-Pokal Ch.League
Spiele 12 (7/3) 3 (1/0) 5 (4/0)
Minuten 625 225 212
Tore/Assists 1/2 2/3 1/2

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