Was «gewaltig nervt», endet im «grossen Spass»

14 spektakuläre Minuten gegen Slowenien verändern die Ausgangslage zu Gunsten der Schweiz. Dank der drei Tore in dieser Phase reist Vladimir Petkovics Mannschaft mit der Chance nach England, die Qualifikation für die Europameisterschaft bereits im Wembley zu schaffen.

epa04915740 Swiss soccer players celebrates after winning the UEFA EURO 2016 qualifying soccer match between Switzerland and Slovenia at the St. Jakob-Park stadium in Basel, Switzerland, Saturday, September 5, 2015. EPA/LAURENT GILLIERON

(Bild: LAURENT GILLIERON)

14 spektakuläre Minuten gegen Slowenien verändern die Ausgangslage zu Gunsten der Schweiz. Dank der drei Tore in dieser Phase reist Vladimir Petkovics Mannschaft mit der Chance nach England, die Qualifikation für die Europameisterschaft bereits im Wembley zu schaffen.

Als wäre er seit vielen Jahren dabei, sagt Granit Xhaka diesen Satz: «So ein Spiel habe ich auch noch nie erlebt.»

Nun hat Xhaka zwar tatsächlich schon einiges gesehen in seinem Fussballerleben. Er hat mit 19 Jahren erstmals für die Schweiz gespielt und im zweiten Einsatz getroffen, er hat an der Weltmeisterschaft in Brasilien teilgenommen und er hat sich einen Platz in der Landesauswahl erarbeitet, der ihm im defensiven Mittelfeld momentan nicht zu nehmen ist.

Xhaka ist 22 Jahre alt. Es wird noch viel zukommen auf ihn, der vor zwei Jahren den FC Basel in Richtung Bundesliga verlassen hat. Mit diesem Spiel, das die Schweiz gegen Slowenien innert 14 Minuten vom 0:2 zum 3:2 drehte, hat Xhaka ein weiteres kleines Stück an Erfahrung gewonnen. An positiver.

Klose: «Dieses Eckballduell darf ich nicht verlieren»

Es sind solche Partien, nach denen Berufsfussballer ihre orchestrierte Ausdrucksweise aufgeben und auch einfach mal erzählen, dass «es grossen Spass gemacht hat», wie Xhaka sagt. 

Allerdings sind dabei die ersten 80 Minuten vergessen. So lange tat sich die Schweiz schwer mit dem osteuropäischen Gegner, der im St.-Jakob-Park die Chance hatte, sich in eine gute Ausgangslage für die Europameisterschaft zu bringen.

Ein Fehler Fabian Schärs an alter Wirkungsstätte führte kurz vor der Pause zum 0:1. Ein Fehler Timm Kloses kurz nach der Pause ermöglichte den Slowenen das 0:2.



epa04915621 Slovenia's defender Bostjan Cesar, left, and Slovenia's forward Milivoje Novakovic, right, celebrate the 2-0 lead during the UEFA EURO 2016 qualifying soccer match between Switzerland and Slovenia at the St. Jakob-Park stadium in Basel, Switzerland, Saturday, September 5, 2015. EPA/LAURENT GILLIERON

Timm Klose erhebt sich, während die Slowenen das 0:2 bejubeln. (Bild: Keystone/LAURENT GILLIERON)

Klose geht selbstkritisch mit dieser Situation um: «Durch Eigenfehler haben wir es dem Gegner einfach gemacht. Und dieses Eckballduell beim 0:2 darf ich nicht verlieren.» Durfte er tatsächlich nicht, allerdings waren die Fehler von Klose und Schär nicht das Einzige, das am Schweizer Spiel lange nicht gefiel.

Statistisch überlegene Schweizer

In den Auslösungen war Vladimir Petkovics Mannschaft zu ungenau. Xhaka hatte den einen oder anderen Fehlpass, Schärs Ausflüge mit dem Ball führten meist zu Ballverlusten und sowohl Valon Behrami als auch Blerim Dzemaili leisteten sich im Mittelfeld zu viele Ungenauigkeiten.

Trotzdem hatten die Schweizer mehr Offensivaktionen als der Gegner, nur Tore wollten ihnen keine gelingen. «Es nervt gewaltig, wenn du andauernd anrennst», sagt dazu Klose, der in der ersten Halbzeit zwei ausgezeichnete Möglichkeiten zur Führung vergab.



Die offensiven Momente beider Mannschaften.

Die offensiven Momente beider Mannschaften. (Bild: Screenshot uefa.com)

Mit 63 Prozent Ballbesitz, doppelt so vielen Pässen und einer dabei klar besseren Erfolgsquote (90 Prozent zu 78 Prozent) waren die Schweizer statistisch überlegen. «Aber manchmal passieren Sachen, die kaum einer erklären kann. Und heute war so ein Tag», erklärt Klose den Fussball, der eben nicht nur Zahlenspielerei ist.

Die Schweizer fanden mehr als doppelt so oft eine Abschlussposition, trafen dabei öfter das Tor und hatten mehr Eckbälle als der Gegner. Aber Petkovic hatte lange Zeit die falschen Spieler auf dem Platz.

Die Statistiken zum 3:2-Sieg der Schweiz gegen Slowenien.

Die Statistiken zum 3:2-Sieg der Schweiz gegen Slowenien. (Bild: Screenshot uefa.com)

Die Eingewechselten brachten die Wende: Breel Embolo, dessen Name ein Teil der 25’750 Zuschauer bereits skandierte, als der 18-jährige Basler noch auf der Bank sass, lancierte den ebenfalls eingewechselten Josip Drmic. Mit der Schuhspitze erzielte der Gladbacher das 1:2.

Nachdem Valentin Stocker auf Xherdan Shaqiris Pass das 2:2 erzielte, war es in der Nachspielzeit wieder Drmic, der den Sieg sicherte. «Herz und Stolz» habe die Mannschaft gezeigt, sagt Klose, «Charakter und Moral» lobte Torhüter Yann Sommer.

Dieser Erfolg bedeutet, dass die Schweiz die EM-Qualifikation bereits am Dienstag in England schaffen kann. Dafür müssten Slowenien und Estland unentschieden spielen – und die Schweiz gegen die bereits qualifizierten Engländer gewinnen. 

Behrami: «Diese Nationalmannschaft ist keine normale»

«Damit wir in England etwas holen können, müssen wir einiges verbessern», sagt Klose, der nach diesem nervenaufreibenden Spiel die kritischste aller Stimme ist. Der Basler vergisst nicht, wie der Sieg zustande gekommen ist, wie vieles lange nicht zusammenlief im Schweizer Spiel.

Gleichwohl reist die Mannschaft euphorisiert in das Mutterland des Fussballs. «Wir gehen mit einem guten Gefühl nach England», sagt Sommer mit Blick auf das Spiel, das am Dienstag im Wembley um 20.45 Uhr Schweizer Zeit angepfiffen wird.

Und schenkt man den Worten Valon Behramis Glauben, dann liegt vielleicht auch in England ein Punktgewinn drin, denn der Mittelfeldspieler sagt nach dem spektakulärsten Länderspiel seit langem: «Diese Nationalmannschaft ist keine normale.»

Die Tabelle der Gruppe E nach sieben von zehn Spielen. Die ersten beiden Mannschaften qualifizieren sich für die Endrunde in Frankreich.

Die Tabelle der Gruppe E nach sieben von zehn Spielen. Die ersten beiden Mannschaften qualifizieren sich für die Endrunde in Frankreich. (Bild: Screenshot uefa.com)

Nächster Artikel