Was lange währt, wird doch noch Petkovic

Vladimir Petkovic (50) wird nach der Weltmeisterschaft das Schweizer Nationalteam übernehmen. Der Nachfolger von Ottmar Hitzfeld einigte sich mit dem Schweizerischen Fussballverband nach mehreren Verhandlungsrunden auf einen Vertrag bis Ende 2015.

Coach Vladimir Petkovic of Lazio reacts during the match against Legia Warsaw in their Europa League soccer match in Warsaw November 28, 2013. REUTERS/Peter Andrews (POLAND - Tags: SPORT SOCCER) (Bild: Reuters/Peter Andrews)

Vladimir Petkovic (50) wird nach der Weltmeisterschaft das Schweizer Nationalteam übernehmen. Der Nachfolger von Ottmar Hitzfeld einigte sich mit dem Schweizerischen Fussballverband nach mehreren Verhandlungsrunden auf einen Vertrag bis Ende 2015.

Aus Basler Sicht hat sich vor allem ein Moment von Vladimir Petkovic in die Erinnerung eingebrannt. Wie er als Trainer der Young Boys am 16. Mai 2010 aus den Katakomben des Stade de Suisse geschritten ist. Vor ihm, mit fast schon übertrieben selbstbewusst geschwellter Brust, Thorsten Fink, gegen dessen FC Basel die Berner um den Titel des Schweizermeisters spielten. Dahinter Petkovic, der Mann gewordene Zweifel. Die Finalissima war entschieden, bevor sie angepfiffen wurde.

Seither hat sich einiges getan im Leben des Tessiners mit bosnisch-kroatischen Wurzeln. Bei Samsunspor in der Türkei war Petkovic, nachdem die Young Boys glaubten, mit ihm sei kein grosses Spiel zu gewinnen und ihn im Mai 2011 in die Wüste schickten – ohne dass das mit dem Gewinnen in Bern deswegen besser geworden wäre. Danach gab er ein – wie immer für Trainer im Wallis – kurzes Gastspiel beim FC Sion.

Zuletzt war der 50-Jährige in Italien, bei Lazio Rom, wo er endlich einen Titel gewinnen konnte. Auch wenn es bloss der Cup war, der in Italien fast noch weniger zählt als die Europa League. Immerhin: Der Finalsieg wurde gegen den ewigen Rivalen aus der ebenso ewigen Stadt gefeiert, gegen die AS Roma. Das gilt etwas bei den Laziali, unter denen sich Petkovic mit diesem Triumph einige Freunde geschaffen hat.

Die Begeisterung hat sich gelegt

Derzeit allerdings ist die Begeisterung in Rom nicht mehr ganz so gross. In den letzten zehn Spielen gab es noch drei Siege. Zwei davon gegen Apollon Limassol und Legia Warschau in der Europa League, die in Italien fast noch weniger zählt als der Cup.

Dass Vladimir Petkovic seine Amtszeit bei Lazio Rom beenden wird und die Schweizer Fussball-Nationalmannschaft übernehmen würde, zeichnete sich seit Wochen ab. Nach der Absage von Marcel Koller war der frühere YB-Trainer zum Top-Kandidaten aufgestiegen – der «Blick» hatte den Transfer schon im letzten Monat für unter Dach und Fach erklärt.

Den Vertrag unterzeichnete der 50-Jährige aber erst an diesem Montag. Sollte er die Europameisterschaft 2016 in Frankreich erreichen, verlängert sich das Engagement automatisch bis zum 10. Juli 2016.

Pont wollte Chef werden – jetzt muss er gehen

Mit der Ankunft Petkovics kommt es auch im erweiterten Trainerstab der Nationalmannschaft zu Änderungen. Michel Pont, der Assistent von Köbi Kuhn und Hitzfeld, wird sich im nächsten Juli nach 13-jährigem Engagement zurückziehen. Pont wäre selber gerne auf den Chefsessel gerutscht, schaffte es aber trotz Hitzfelds lobender Worte nie wirklich auf das Karussell der Kandidaten.

Petkovic wird zwei seiner langjährigen Weggefährten im Nationalteam installieren: Antonio Manicone (47) als neuen Assistenten, Paolo Rongoni als Konditions-Trainer. Die übrigen Rahmenbedingungen bleiben unverändert. Der Verband, in Brasilien zum dritten Mal in Folge an einer WM vertreten und im Fifa-Ranking zurzeit an achter Stelle klassiert, ist nicht an einem zu umfassenden Personalwechsel interessiert.

Welche Pläne und Ziele Petkovic mit der Schweiz umsetzen will, wird er erst im Frühjahr an einer Medienkonferenz in der Schweiz erzählen. Am Tag nach dem 1:4 seiner Römer in Verona mochte Petkovic (noch) nicht als künftiger SFV-Chef-Trainer auftreten. Sein offizielles Statement zur persönlichen Beförderung liess er von der Kommunikationsabteilung des Verbandes verbreiten: «Ich habe die Schweizer Mannschaft und ihre Entwicklung unter Ottmar Hitzfeld natürlich laufend verfolgt.»

Ein Mann der Dreier-Abwehr

In der Schweiz ist der ehemalige Sozialarbeiter aus Sarajevo vor allem wegen seiner Spielweise aufgefallen. Petkovic setzte als erster Trainer in der Super League konsequent auf eine Dreier-Abwehr. Seit seinem Einstieg ins Business vor 16 Jahren führte er Bellinzona in die höchste Liga und 2008 in den Cupfinal. Während seiner knapp dreijährigen Zusammenarbeit mit YB formte er ein Spitzenteam, das den FCB hart bedrängte, aber eben nicht stürzte.

Beim Nationalteam dürfte Petkovic vorerst keine grossen Umstellungen vornehmen. Dazu fehlt ihm schlicht die Zeit, wie er selbst bemerkt: «Mir ist sehr wohl bewusst, dass ich zum einen ein schwieriges Erbe antrete, zum andern aber auch ein bestens aufgestelltes Team mit Perspektiven übernehmen darf. Das ist umso wichtiger, als dass wir vor dem Start zur Euro-Qualifikation keine Möglichkeit für ein Länderspiel haben werden.»

Welche taktischen Massnahmen Petkovic danach ergreifen wird? Dieser Ausschnitt aus dem Film «Meisterträume» aus dem Jahr 2010 lässt es einen bloss erahnen:

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