Fünf Mal hat sich der FC Basel in jüngerer Vergangenheit gegen einen Club aus Lissabon versucht und jedes Mal den Kürzeren gezogen. Im sechsten Anlauf versucht der FC Basel am Mittwoch (20.45 Uhr, SF2 live) in der Champions League gegen Benfica Lissabon wenigstens das erste Tor zu erzielen.
Es sind zwar erst zweieinhalb Wochen vergangen, seit Heiko Vogel am 13. Oktober beim FC Basel übernommen hat. Seither hat er nicht weniger als fünf Spiele auf dem Buckel und strahlt bereits eine gewisse Routine und Gelassenheit aus. Aber dennoch muss er immer wieder Auskunft über seine Gefühlswelt als interimistischer Cheftrainer geben. Nein, sagte er am Dienstag nach Ankunft in Lissabon, nein, die erste Reise in der Champions League sei nicht speziell gewesen: «Das hat ja der Pilot gemacht.»
Alles andere muss Vogel schon selbst erledigen. Die Qualität des Gegner loben («Defensiv und offensiv ausgewogen und unglaublich heimstark») , die der eigenen Mannschaft auch («Wir haben eine schöne Woche hinter uns. Jeder Sieg steigert das Selbstbewusstsein»), und gleichzeitig schürt er die Erwartungen nicht zu sehr: «Das entscheidende Spiel findet gegen Galati statt.» Dann, wenn es am 22. November in Bukarest um Platz 3 in der Gruppe C und das Überwintern in der Europa League geht.
Will heissen: Auf den zweiten Platz schielt der FC Basel nur mit einem Auge. Oder er sagt zumindest nicht laut, dass er an die Achtelfinals glaubt. «Die Qualität von Benfica ist im Moment mit der von Manchester United zu vergleichen», sagt FCB-Vizepräsident Bernhard Heusler, der am Dienstag über Madrid und ein Treffen mit einem Real-Vertreter in Fan-Angelegenheiten anreiste. «Deshalb sind wir in Lissabon absoluter Aussenseiter.» Ein Unentschieden am Mittwoch im Estadio da Luz wäre nach dem 3:3 in Manchester ein weiteres dickes Ausrufezeichen in dieser Kampagne. Aber auf die Frage, ob er mit einem Punkt zufrieden wäre, sagt Heiko Vogel: «Schaut man auf die Tabelle, dann ist ein Punkt bei Benfica zu wenig für den zweiten Platz – wenn man diese Utopie hat.»
Man wäre ja schon zufrieden damit, wenn der FCB im Estadio da Luz das Tor treffen würde. Es wäre das erste Mal gegen einen Club aus der portugiesischen Hauptstadt. Gegen Sporting Lissabon prallte der FCB 2008 erst im Uefa-Cup ab (0:2, 0:3) und später im Jahr in der Champions League (0:2, 0:1). Und jetzt steht das 0:2 gegen Benfica aus dem Hinspiel am 18. Oktober zu Buche.
Im Mittelpunkt der Spielvorbereitung steht der Ausfall von Marco Streller und die Umbesetzung der Startelf. Der Captain liegt daheim in Aesch mit einem Magen-Darm-Infekt im Bett. Am frühen Dienstagmorgen war definitiv klar, dass der 30-Jährige nicht mit den Flieger steigen wird. «Die Reisestrapazen waren ihm nicht zumutbar, und ausserdem wäre die Ansteckungsgefahr zu gross gewesen», so Vogel. Strellers Fehlen sei keine Tragödie, «er ist ein grosser Verlust, aber die Mannschaft hat den Willen und den Charakter, diesen Ausfall zu kompensieren.» Bernhard Heusler empfindet es so: «Das wiegt schwer, aber wir mussten in Manchester auch ohne Shaqiri auskommen.»
Benfica-Trainer Jorge Jesus sitzt nach seinem Temperamentsausbruch in Basel am Mittwoch für ein Spiel gesperrt auf der Tribüne, das erste Mal in seiner Karriere, wie betont. Er betrachtet den FC Basel ohne Streller ganz pragmatisch: «Das macht es uns einfacher.» Wie er auf Strellers Forfait reagieren wird, wollte Heiko Vogel am Vorabend des Spiels nicht preisgeben. Die wahrscheinlichste Variante ist, dass Fabian Frei neben Alex Frei in die Spitze rückt, eine Rolle, die er beim FCB oder in St. Gallen auch schon interpretiert hat. Am linken Flügel könnte dafür Jacques Zoua auflaufen. Oder Vogel macht es umgekehrt, und lässt den bulligen Kameruner auf seiner bevorzugten Position im Angriff beginnen.
Im zentralen Mittelfeld muss Vogel zwischen Benjamin Huggel, Granit Xhaka und Cabral entscheiden. Was der Trainer an taktischen Überlegungen nicht auf dem Silbertablett präsentieren wollte («Das soll ruhig ein Überraschungsmoment für Benfica sein»), drückt Bernhard Heusler so aus: «Wir werden versuchen, mit einer sehr kompakten Mannschaft ins Spiel zu gehen – wenn ich den Trainer richtig verstanden habe.» Ballbesitz suchen, die Konzentration hoch halten und auch mal Abwarten – das sind Attribute, die für die jüngste Erfolgsserie mitverantwortlich sind. Eine «gewaltige Woche» hat der Vizepräsident erlebt mit den drei Siegen in der Meisterschaft, die ihn und die FCB-Führungscrew darin bestärken wird, dass Heiko Vogel nicht nur ad interim eine gute Lösung als Cheftrainer ist, sondern das auch dauerhaft sein könnte. Die ordentliche Bewältigung der Aufgabe im Estadio da Luz wäre da nur ein weiterer Pluspunkt.