Ineffizienter Kunstfussball – das musste sich José Mourinhio noch selten als Kritik gefallen lassen. Vor dem Start in die Champions League am Mittwoch (20.45 Uhr) gegen den FC Basel präsentiert sich der Chelsea FC als Mannschaft auf Stilsuche.
Das Glück hat nicht lange gewährt. Als «the Happy One» hatte sich José Mourinho bei seinem Comeback im Chelsea-Amt im Juni vorgestellt, doch vor dem Heimspiel gegen den FC Basel am Mittwochabend erlebte man ihn ziemlich missgelaunt. «Uns fehlt der Killer-Instinkt», klagte der Portugiese nach der 0:1-Niederlage beim FC Everton am vergangenen Samstag, sein Team spiele sehr schön, erziele aber zuwenig Tore.
Ineffizienter Kunstfussball wurde den Blauen schon lange nicht mehr vorgeworfen – und einer Mannschaft von Mourinho, dem zynischen Ergebnistrainer, sowieso nicht. Das Hauptproblem des Tabellensechsten ist in Wahrheit auch gar nicht zuviel Ästhetik, sondern das Fehlen eines Stürmers, der vor dem Tor kühl zuschlägt.
Mourinho hat in der bisherigen Saison Fernando Torres, André Schürrle und Demba Ba in der Angriffszentrale eingesetzt. Sie alle überzeugten ebenso wenig wie Neuverpflichtung Samuel Eto’o, dem im Goodison Park nach einer guten halben Stunde die Luft ausging. Wenn Chelsea nicht wie gegen den FC Bayern im Supercup gegen einen hoch verteidigenden Gegner spielt, der Raum für schnelle Konter spielt, hat das Team, Mühe zum Erfolg zu kommen.
«Einst walzte Chelsea mit grimmiger Miene auf dem Weg zu Siegen die Gegner auf den härtesten Plätzen platt, aber am Samstag wirkten sie nur ähnlich bedrohlich wie ein fehlgesteuerter Rasenmäher», schrieb der «Daily Telegraph».
Auf Stilsuche
Hinten steht die Abwehr um David Luiz, Branislav Ivanovic, Ashley Cole und Kapitän John Terry schon recht gut, auch das defensive Mittelfeld mit Frank Lampard und Ramires verrichtet solide seinen Dienst. Im vorderen Drittel aber merkt man der Elf an, dass sie noch ein wenig nach ihrem Stil sucht.
Einen Stossstürmer wie Didier Drogba, der mit dem Rücken zum Tor den Weg freikämpfen konnte, gibt es nicht mehr – mit dem Belgier Romelu Lukaku hat Mourinho gerade einen ähnlichen Spielertyp an den FC Everton verliehen. «Er hat nicht das gleiche Profil von Drogba, Drogba ist nicht mehr da», grummelte der Champions-League-Sieger mit Porto (2004) und Inter (2010), als man ihn in Liverpool auf die Misere im Angriff ansprach.
So bleibt momentan vieles an den offensiven Mittelfeldspielern hängen. Chelsea hat exzellente Leute auf den Flügelpositionen: André Schürrle (Leverkusen), Kevin De Bruyne (war an Bremen ausgeliehen) und vor allem Belgiens Topspieler Eden Hazard, der im vergangenen Jahr für 40 Millionen Euro von Lille kam.
Willian-Debüt gegen Basel?
Chelsea zahlte fast ebenso viel, um den Lokalrivalen von Tottenham Hotspur den Brasilianer Willian (Anschi Machatschkala) auszuspannen. Der 25-Jährige hatte bei den Spurs schon die medizinische Untersuchung absolviert, ging aber nach einer Intervention von Chelsea-Eigentümer Roman Abramowitsch doch zu den Blauen. Man darf gespannt sein, ob der Spieler gegen Basel sein erstes Match im Dress der Londoner bestreiten darf.
Die spannendste Personalie aber ist Juan Mata. Unter André Villas Boas, Roberto di Matteo und Rafael Benítez stets gesetzt; Mourinho aber hat ihn aber trotz gegenteiliger Bekundungen («ich mag ihn sehr und plane mit ihm») bisher nur höchst sporadisch eingesetzt.
Mourinhos Problem mit Mata
Der Verdacht drängt sich auf, dass der Feingeist Mata für Mourinhos Geschmack zu wenig nach hinten arbeitet, auch Hazard müsse in dieser Hinsicht dazulernen, hat der Trainer aus Setúbal neulich gesagt.
Gemunkelt wird ebenfalls über andere Gründe: Mourinho, so heisst es, soll Mata seine Freundschaft zu einigen spanischen Nationalspielern übel nehmen, die bei Real Madrid nicht mit dem Portugiesen klar kamen.
Selbst für Chelsea-Verhältnisse wäre es zu früh, um nach den zwei Niederlagen gegen Bayern und Everton von einer Krise zu sprechen. Wie wenig Spielraum für schlechte Ergebnisse man an der Stamford Bridge weiss allerdings niemand so gut wie Mourinho: das letzte Mal, dass er mit den Blauen drei Spiele in Folge nicht gewinnen konnte – das war im September 2007- wurde er von Abramowitsch vor die Tür gesetzt.