Winterthur schäumt – und der FC Basel zieht zum 21. Mal in den Cupfinal ein

Schmucklos gewinnt der FC Basel den Halbfinal beim leidenschaftlich dagegenhaltenden FC Winterthur mit 3:1 (0:0), und ein umstrittener, von Matias Delgado verwandelter Penalty bringt ihn auf den Weg ins Endspiel. Dort trifft der FCB am 25. Mai in Genf auf den FC Sion, den Giganten des Schweizer Cup.

Büchsenöffner: Matias Delgado ebnet dem FC Basel mit einem verwandelten, umstrittenen Penalty den Weg zum 3:1-Sieg in Winterthur und damit in den Cupfinal.

(Bild: Freshfocus/TaWo)

Schmucklos gewinnt der FC Basel den Halbfinal beim leidenschaftlich dagegenhaltenden FC Winterthur mit 3:1 (0:0), und ein umstrittener, von Matias Delgado verwandelter Penalty bringt ihn auf den Weg ins Endspiel. Dort trifft der FCB am 25. Mai in Genf auf den FC Sion, den Giganten des Schweizer Cup.

Das Schicksal meint es nicht gut mit den Winterthurern, zumindest, was die gemeinsame Cupgeschichte mit dem FC Basel anbelangt. Vor fünf Jahren haderten sie, und nun fühlen sie sich wieder verschaukelt. Und natürlich ist in beiden Fällen der Schiedsrichter schuld. Oder eben dieses Schicksal, das es mit den erfolgsverwöhnten Baslern besser meint als mit dem in der Challenge League um die Existenz kämpfende FC Winterthur.

Die Szene, die diesem Halbfinal ein anderes Gesicht gab, wird in Winterthur so traurig in Erinnerung bleiben wie jener Halbfinal 2012 gegen Basel. Als sie sich bitter darüber beklagt hatten, dass ihnen ein Elfmeter verwehrt geblieben und Yann Sommer um einen Platzverweis für eine Notbremse herumgekommen war.

» Die Fernsehbilder in der SRF-Zusammenfassung

Diesmal kassierten sie einen umstrittenen Penalty. Patrik Schuler traf bei seinem riskanten Tackling zwar den Ball, aber gleichzeitig mähte er Marc Janko im Strafraum um. Die Proteste der Winterthurer halfen nichts – Schiedsrichter Sascha Amhof zeigte ebenso ungerührt auf den Punkt wie Matias Delgado aus elf Metern verwandelte. ER hat damit im FCB-Dress von 21 Penaltys deren 21 verwandelt. Eine ungeheuere Quote.



Der Basler Matias Delgado, rechts, bezwingt den Winterthurer Torhueter Matthias Minder, links, mit einem Penalty zum 0-1 fuer Basel beim Fussball Cup Halbfinalspiel FC Winterthur gegen den FC Basel in Winterthur am Mittwoch, 5. April 2017. (KEYSTONE/Walter Bieri)

Mister Penalty: Matias Delgado trifft in Winterthur zur Basler Führung. FCW-Goalie Matthias Minder hat sich für die falsche Ecke entschieden. (Bild: Keystone/Walter Bieri)

Da waren knapp 54 Minuten verstrichen, vorausgegangen war ein schöner Steilpass von Renato Steffen in den Lauf von Janko. In seiner besten Szene wollte sich der Österreicher mit einem Haken in Schussposition bringen, als Schuler mit einer Mischung aus Ungestüm und Ungeschick herangerauscht kam. Diesen Elfmeter kann man geben, auch wenn es ein aus Winterthurer Warte hartes Urteil ist, das den Spielverlauf bis dahin wenn schon nicht «auf den Kopf stellte», wie FCW-Trainer Umberto Romano findet, so doch die Gewichte verlagerte.

Dario Zuffi: «Völlig erfunden»

Amhofs Pfiff erregte die Gemüter. «Völlig erfunden», empfand ein aufgewühlter Dario Zuffi, der ehemalige Basler und Interimstrainer der Winterthurer, diesen Elfmeterentscheid. Neben ihm stand sein Sohn Luca, der im Trikot des FC Basel einen harzigen Abend erlebt hatte, und der wollte dem Vater nicht widersprechen und berief sich darauf, die Szene erst noch einmal anschauen zu müssen.

Das hatte Amhof bereits getan, als er dem Schweizer Fernsehen Auskunft gab: «Ich würde gleich entscheiden», sagte der Unparteiische unbeirrt. Schuler treffe mit gestrecktem Bein zwar den Ball, mit dem anderen aber den Gegenspieler. Amhof wertet dieses Einsteigen als «rücksichtlos, und deshalb ist der Elfmeter die einzig richtige Entscheidung».



Winterthur, 05.04.2017, Fussball Schweizer Cup Halbfinal - FC Winterthur - FC Basel, Basels Marc Janko fällt im Zweikampf gegen Patrik Schuler und bekommt einen Penalty. (Melanie Duchene/EQ Images)

Der Aufreger: Das Tackling von Patrik Schuler, der den Ball trifft, aber auch Marc Janko. (Bild: Melanie Duchene/EQ Images)

Mit dieser Einschätzung wird sich Amhof in Winterthur keine Freunde machen, zumal die Gastgeber sich ebenso wie Janko und FCB-Trainer Urs Fischer ein bisschen darüber wunderten, dass der offensichtlich unsichere Schiedsrichter erst noch beim Basler Stürmer nachfragen musste, ob eine Berührung stattgefunden habe.

Fischer freut sich auf ersten Final als Trainer

Mitfühlend sagte Georg Heitz, als er die Schützenmatte verliess: «Ich kann verstehen, dass die Entscheidung aus Winterthurer Perspektive als unglücklich empfunden wird.» Aber für den FCB-Sportdirektor war es nichtsdestotrotz ein Elfmeter.

In Basel wird die Szene morgen schon in den Hintergrund treten, denn der FCB steht am 25. Mai in Genf zum 21. Mal im Cupfinal und spielt um den zwölften Sieg seiner Clubgeschichte. Und das gegen den FC Sion, der sich im Penaltyschiessen gegen den FC Luzern durchsetzte. Die Walliser haben keines ihrer bisherigen 13 Endspiele verloren und ihren Mythos erst vor zwei Jahren gefestigt, als sie den FCB im Final von Basel mit 3:0 demütigten.

» Der FC Sion folgt Basel in den Final

«Das Double ist jetzt unser grosses Ziel», sagt Heitz, und Urs Fischer freut sich, «endlich als Trainer das Gefühl zu erleben, im Cupfinal zu stehen». Zweimal, 2011 als Trainer des FCZ gegen Xamax und 2014 als Trainer von Thun gegen den FCZ, war Fischer im Halbfinal nach Penaltyschiessen gescheitert.

Schmuckloser Sieg des FCB

Schmucklos hat der FC Basel diesen Final erreicht, nicht unverdient, aber doch unter Umständen, bei denen er sich nicht über fehlendes Glück beklagen kann. Nicht nur beim umstrittenen Elfmeter. Gianluca Frontino hatte die erste grosse Chance des Spiels, sah seinen Schuss jedoch von Marek Suchy an den Pfosten abgelenkt (13.). Und Frontino, vor ein paar Wochen erst aus Schaffhausen gekommen, war es in der 36. Minute erneut, der aus fast der selben Position und spitzem Winkel in Tomas Vaclik seinen Meister fand.



05.04.2017; Winterthur; Fussball Schweizer Cup - FC Winterthur - FC Basel; Gianluca Frontino (Winterthur) (Steffen Schmidt/freshfocus)

Der ganze Winterthurer Frust findet Ausdruck im Gesicht von Gianluca Frontino. (Bild: Steffen Schmidt/freshfocus)

Der FCB hatte da gerade mal eine handfest herausgespielte Chance über Serey Dié und Davide Callà, bei der Renato Steffen völlig freistehend den Ball aus zehn Metern übers Tor drosch (18.). «Spielerisch und läuferisch waren wir nicht auf der Höhe», findet Luca Zuffi selbstkritisch.

«Wir sind nie richtig ins Spiel gekommen gegen einen aufsässigen und leidenschaftlichen Gegner», sagt Sportdirektor Heitz. Angesichts der Diskrepanz zwischen dem Tabellenersten der Super League und dem Schlusslicht der Challenge League gerät das wahrlich nicht zum Kompliment für die Rotblauen. Das änderte sich zunächst auch nach dem Seitenwechsel nicht, als Vaclik in extremis gegen Luca Radice parieren musste (48.).

Kühle Basler in hitziger Schlussphase

Das war es dann aber auch mit Winterthurer Chancen. Nach der Basler Führung geriet eine ohnehin vom Kampf bestimmte, fahrige Partie endgültig zu einem Fight mit Haken und Ösen, in der der FCB kühlen Kopf bewahrte. Nach einem erneut umstrittenen Freistoss für Steffen trat selbiger den Ball zur Mitte, Michael Lang legte für den Ex-Winterthurer Zuffi auf, und dessen abgewehrten Schuss staubte in der 85. Minute ein weiterer Ex-Winterthurer zum 0:2 ab: Verteidiger Manuel Akanji, der bereits am vergangenen Samstag in St. Gallen Doppeltorschütze gewesen war.



Die Basler jubeln nach dem Sieg beim Fussball Cup Halbfinalspiel FC Winterthur gegen den FC Basel in Winterthur am Mittwoch, 5. April 2017. (KEYSTONE/Walter Bieri)

Die Basler Spieler feiern nach dem harten Fight auf der Schützenwiese mit ihren Fans. (Bild: Keystone/Walter Bieri)

Weil sich Vaclik einen seltenen Aussetzer leistete und einen fürchterlichen Fehlpass spielte, kam Winterthur durch den eingewechselten, vom FCB ausgeliehenen Arxhend Cani in der 88. Minute zum Anschlusstor. Dem schloss sich in der vierminütigen Nachspielzeit ein hektischer Schlussakkord an, dem erst Alexander Fransson mit dem 1:3 in der 94. Minute ein Ende setzte.

In Winterthur werden sie also ein paar Tränen der Wut weinen über die verpasste Chance – und sich dann darauf besinnen, dass es gleich wieder weitaus wichtigere Sachen gibt. Umberto Romano jedenfalls packte in sein «Riesenkompliment» für die Mannschaft quasi auch eine Hoffnung: «Wenn wir immer so spielen, haben wir mit dem Abstieg nichts zu tun.»

 

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Vor dem Spiel:

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