Bevor die Fussballstadt Basel ihren alten und neuen Schweizer Meister feierte, gewann der FCB ein bedeutungsloses Spiel gegen Lausanne-Sport mit 4:2. Abschied nahmen die Fans von den Leistungsträgern Yann Sommer und Valentin Stocker – sowie vom Meistertrainer. Der Club wollte Murat Yakin einen würdigen Abgang ermöglichen, aber grosse Emotionen entstanden auch im letzten Augenblick nicht.
Wie soll man es nennen? Tapfer? Stolz? Würdig? Unwürdig? Murat Yakin schritt also in den St.-Jakob-Park, einen Tag nachdem der FC Basel die Trennung von seinem Meistertrainer bekanntgegeben hat. Spieler und Mitarbeiter des FCB bildeten ein langes Spalier bis zum Mittelkreis und 32’412 Zuschauer die Kulisse.
Der Trainer war der erste aus dem Triumvirat mit Yann Sommer und Valentin Stocker, das verabschiedet wurde bei dieser Dernière, dem Spiel zwischen dem FCB und Lausanne-Sport, das der alte und neue Meister mit 4:2 (1:0) gewann, ein Spiel und Ergebnis, das aber nicht mehr von grossem Interesse war.
FCB-Präsident Bernhard Heusler und Yakin umarmten sich im Mittelkreis, es gab Blumen und eine eingerahmte Bildercollage, und das war es dann auch schon. Keine grosse Emotionen, keine Liebesbezeugungen von den Rängen, eine nüchterne Verabschiedung. Vom Publikum mit jener Distanziert- und Reserviertheit begleitet, die Murat Yakin selbst gerne lebt. Ein einsames Transparent leuchtete aus der Muttenzerkurve: «Dangge Muri».
«Nicht viele Trainer haben das Glück, im Erfolg gehen zu können»
Sportdirektor Georg Heitz hatte sich vor dem Anpfiff noch bei den hartnäckigen Nachfragen des Schweizer Fernsehens gewunden, wollte nichts Näheres zur Trennung von Yakin sagen und verwies auf eine Medienkonferenz von Montag um 14 Uhr. «Dann werden wir versuchen, die Gründe so gut wie möglich darzulegen», sagte Heitz, «es ist kein einseitiger Entschluss gewesen.»
«Wenn es auseinandergeht», so der Sportdirektor, «dann haben immer beide Seiten Fehler gemacht.» Und: «Es ist nicht so, dass beim FC Basel Spieler zum Vorstand kommen und sagen, dass sie nicht mehr mit dem Trainer wollen – und dann ist fertig mit dem Trainer.»
Bernhard Heusler sagte nur soviel zur Trennung: «Als Fussballclub muss man manchmal Entscheidungen treffen, bevor man hundertprozentig sicher ist. Wenn man zu hundert Prozent sicher ist, ist es meistens schon zu spät.»
Als die Entscheidung zu Yakin gefallen war, war es das Ziel der Clubführung, dem einstigen FCB-Spieler und Trainer der letzten beiden Meistertitel sowie der denkwürdigen Parforceritte durch den Europacup einen würdigen Abschied zu ermöglichen. Präsident Heusler sagte dazu: «Nicht viele Trainer haben das Glück, einen Club so verlassen zu können: Im Erfolg und nicht durch die Hintertür.»
Das Abschiedsszenario für Yakin hat auch etwas Trauriges
Yakin bot zum Schluss eine Elf auf, in der die Jugend den Vortritt bekam, etwa Naser Aliji, dessen Vertragsverlängerung bis 2017 bekanntgegeben wurde, Breel Embolo und Stürmertalent Albian Ajeti, der zum ersten Mal in der Startelf stand und nach acht Minuten auch prompt sein erstes Super-League-Tor für den FCB erzielte.
In der Startelf fehlten all jene, die es Yakin nicht einfach gemacht hatten – oder umgekehrt: Marco Streller, Valentin Stocker, Marcelo Diaz, auch Matias Delgado oder die Degen-Zwillinge Philipp und David, die es nicht mal auf das Matchblatt geschafft hatten.
Yakin verzog sich auf die Trainerbank und liess sich kaum in seiner Coachingzone blicken. Dann, als die Uhr heruntertickte und die Fans bereits in Partylaune waren, streifte er sich das Meister-T-Shirt über das Sakko, kletterte auf die Sitzreihen hinter der Bank und küsste seine Mutter.
Anschliessend stand er etwas verloren dabei, als Liga-Präsident Heinrich Schifferle den Meisterkübel an Marco Streller überreichte. Nach der Ehrenrunde, als sich die Spieler vor der Muttenzerkurve feiern liessen, stand Yakin ein paar Meter abseits. Es hatte den Eindruck, als ob er, der sich als Geschasster fühlen muss, das alles über sich ergehen liess. Die Szenerie hatte auch etwas Trauriges an sich.
Stockers Wechsel nach Berlin bringt fünf Millionen Franken
Tränen sah man bei Yakin keine. Dafür bei Valentin Stocker. Wie erwartet kam rechtzeitig zur Verabschiedungszeremonie die offizielle Nachricht von seinem Wechsel zu Hertha BSC, der sich abgezeichnet hatte und aus dem Stocker in der Meisternacht auf Freitag auch kein grosses Geheimnis mehr gemacht hatte.
Einen Vier-Jahres-Vertrag hat er in Berlin unterschrieben, er wird auch dort das Trikot mit der Nummer 14 tragen, er hat schon die erste Autogrammstunde in der deutschen Hauptstadt hinter sich, und er, der acht Jahre beim FCB war und sechs Meistertitel gewonnen hat, bringt dem FCB eine Ablösesumme, die rund fünf Millionen Franken betragen und sich mit Erfolgskomponenten auf fast sieben Millionen steigern soll.
Die grosse Lücke, die Sommer und Stocker hinterlassen
Die Fans trugen es mit Fassung, sie lieben Valentin Stocker und sie sangen «Vale, kumm bald zrugg!» Am Mittelkreis umarmten sich, mit einem kleinen Sicherheitsabstand zu Yakin, Stocker und Yann Sommer, der andere, der für einen hohen Millionenbetrag weiterzieht. Und der sportlich wie menschlich eine grosse Lücke hinterlassen wird.
«Ein schweres Erbe übernommen», stand auf einem grossen Transparent, das in der Kurve entrollt wurde als Hinweis auf den jungen, auf Franco Costanzo nachfolgenden Yann Sommer, der im Joggeli zu einem Helden wuchs. Und weiter hiess es: «Ein noch schwereres hinterlassen. Auf bald Yann».