So viele Gegentore, die es bräuchte, um in Valencia im Europa-League-Viertelfinal auszuscheiden, hat Yann Sommer im Dress des FC Basel erst einmal kassiert. Der Goalie führt die Mannschaft heute im Mestalla als Captain aufs Feld, und er sagt: «Es ist ein grosses Privileg, diese erfolgreiche Zeit des FC Basel miterleben zu dürfen.»
Dreimal hat der FC Basel in dieser Saison verloren. Ein einziges Mal in der Meisterschaft, vor rund acht Monaten mit 1:2 daheim gegen Zürich, und zweimal gegen Schalke 04 in der Champions League (0:1, 0:2). Heute kann sich der FCB eine vierte Niederlage leisten und zöge dennoch in den Europa-League-Halbfinal ein, wenn diese Niederlage nach dem 3:0 im Hinspiel in Grenzen gehalten wird.
Valencia–FC Basel (0:3)
Benfica–Alkmaar (1:0)
Juventus–Olympique Lyon (1:0)
FC Sevilla–FC Porto (0:1)
Halbfinal-Auslosung: Freitag, 12.00 Uhr (Eurosport)
Yann Sommer, der den FC Basel nach dieser Saison verlassen und zu Borussia Mönchengladbach wechseln wird, ist einer der Garanten gewesen auf dem erneut imponierenden und mitunter abenteuerlichen Weg durch internationale Gefilde. Um dem Valencia CF ein zweites Mal die Stirn bieten zu können, wird es, davon kann man ausgehen, auch wieder einen sehr guten Sommer im Basler Tor benötigen.
Die Losung für den Valencia CF hat die Sportzeitung «Marca» am Donnerstag in grossen Lettern verkündet: «Alles auf Angriff». Mindestens vier Tore benötigen die Spanier, um weiterzukommen. Das haben sie in der laufenden Saison daheim zweimal geschafft: In der Meisterschaft ein 5:0 gegen Betis Sevilla und in der Europa-League-Gruppenphase ein 5:1 – im Oktober gegen den FC St. Gallen.
Erst einmal mehr als drei Gegentore
Yann Sommer hat in seiner Zeit als Nummer 1 beim FC Basel ein einziges Mal mehr als drei Gegentore kassiert: Am 13. März 2012 beim legendären 0:7 in der Champions League bei Bayern München. In der aktuellen Saison musste er nur in einem Fall mehr als zweimal hinter sich greifen: Beim 3:3 in der Champions-League-Qualifikation in Tel Aviv.
In der höchsten Schweizer Spielklasse und international hat der 25-Jährige inzwischen 210 Einsätze auf dem Buckel. Er bekam 223 Gegentreffer und spielte 79-mal zu Null, allein in dieser Saison 17-mal.
Bei der Ankunft des FC Basel am Mittwoch in Valencia haben wir uns mit Yann Sommer unterhalten:
Yann Sommer, jede Europacup-Reise mit dem FCB kann die vorerst letzte für Sie sein.
Daran denke ich nicht, sondern daran, dass wir eine Riesenchance haben, in den Halbfinal zu kommen. Was wir letzte Saison geschafft haben, wollen wir wieder erreichen. Für mich ist das ein sehr wichtiges Spiel. Auswärts bei Valencia mit einem 3:0 im Rücken anzutreten ist eine gute Ausgangslage – kann aber dennoch gefährlich sein.
Warum?
Man weiss doch, wie es im Fussball laufen kann. In Basel haben wir in der zweiten Halbzeit relativ glücklich zu null gespielt. Valencia hatte zwei, drei sehr gute Chancen, und wenn sie daraus zwei Tore machen, dann sähe die Ausgangslage ganz anders aus. Man hat die Qualitäten von Valencia gesehen, und wir werden sehr aufmerksam sein müssen.
Der Lauf des FC Basel hält jetzt seit zwei Jahren an, die Mannschaft holt international Siege, die ihr nicht jeder zugetraut hätte, und es geht immer weiter. Was passiert da?
Es ist auch für uns manchmal unglaublich. Letztes Jahr haben wir uns schon gesagt: Das ist fast nicht mehr zu toppen, und jetzt stehen wir wieder kurz davor. Mit Betonung auf: kurz davor. Es zeigt einfach, was an Arbeit in diesem Club geleistet wird, und in den letzten drei, vier Jahren läuft es einfach gut. Diese Zeit als Spieler miterleben zu dürfen, ein Teil dieses Erfolgs zu sein, ist ein grosses Privileg.
«Ich erwarte, dass wir in Valencia sehr konzentriert, spielfreudig und mutig auftreten.»
Auch der Trainer sagt: Das Aufgebot für Valencia sei das letzte, was er zusammenkratzen konnte: Auf was wird es im Mestalla ankommen, um erneut in die Halbfinals einzuziehen?
Es fehlen einige Führungsspieler, und deshalb wird es umso wichtiger sein, als Mannschaft aufzutreten, sich gegenseitig zu unterstützen, von Anfang an sehr konzentriert zu sein und zu zeigen, dass da ein Team auf dem Platz steht, dass in die Halbfinals will. Wir dürfen jedenfalls nicht ängstlich sein und nur das 3:0 verteidigen wollen. Ich erwarte von meiner Mannschaft, dass wir es so wie in der ersten Halbzeit in Basel machen: sehr konzentriert, sehr spielfreudig, mutig. Dann kann das auch in Valencia gut für uns ausgehen.
Kann die besondere Atmosphäre im Mestalla den FC Basel noch beeindrucken? Oder hat die Mannschaft international schon zu viel erlebt?
Es gibt schon ein paar Spieler, die noch nicht so viel Europacup-Erfahrung besitzen. Aber für uns Fussballer gilt doch allgemein: In einem vollen Stadion, mit einer hitzigen Stimmung, von der ich annehme, das sie in Valencia gegen uns gerichtet sein wird – das peitscht uns auch an. Ich brauche das, so macht Fussball Spass, und ich finde es auf jeden Fall besser als wie letzte Woche in einem leeren Stadion zu spielen.
«Reisen, Hotels – man beschäftigt sich fast nur noch mit Fussball.»
Anzunehmen ist, dass es noch einmal einen sehr guten Yann Sommer brauchen wird, um am Freitag in Nyon bei der Halbfinal-Auslosung dabei zu sein.
Eine guten Torhüter braucht es immer, es braucht auch immer einer gute Mannschaft. Jeder von uns braucht einen guten Tag, auch ich – aber ich mache mir da keinen Druck.
Der Takt der Spiele ist wieder sehr dicht in diesem Frühjahr. Wie gehen Sie damit um?
Als Torhüter spürt man die physische Belastung weniger. Es ist eher die mentale Beanspruchung: Man ist viel am Reisen, oft in Hotels, man beschäftigt sich fast nur noch mit Fussball und kommt gar nicht mehr richtig raus aus diesem Kreislauf. Aber auf der anderen Seite ist ja auch schön, auf drei Hochzeiten zu tanzen. Man muss es clever angehen, richtig dosiert trainieren – und wenn man mal frei hat auch wirklich frei machen.
Ist es speziell für Sie, den FCB in Valencia als Captain aufs Feld zu führen?
Das bin ich oft gefragt worden: Es ist nicht wirklich speziell. Wir haben einfach einen tollen Match vor uns, einen Europacup-Viertelfinal in Valencia. Ich freue mich riesig darauf.