Yann Sommer war zum Saisonauftakt in der Bundesliga nicht der gewünschte Rückhalt für Borussia Mönchengladbach: Der Ex-Basler zeigte mehrere Unsicherheiten. Seine Mannschaft kam zuhause gegen Stuttgart nicht über ein Unentschieden hinaus.
Auch wenn die Fussball-WM mittlerweile weit über einen Monat zurückliegt, weht der Zauber des Turniers immer noch durch Deutschland. Am ersten Bundesligawochenende der neuen Saison wurden überall Weltmeister geehrt, es gab bunte Blumensträusse und freundlichen Applaus der Fans, und in Mönchengladbach feierten sie vor dem 1:1 (0:0) gegen den VfB Stuttgart natürlich ihren Sommerhelden Christoph Kramer. Der musste dann aber erstmal auf der Bank Platz nehmen.
«Christoph hat seit dem 20. Mai kein Spiel über 90 Minuten gemacht, er muss peu à peu Spielpraxis sammeln», sagte Trainer Lucien Favre über den 23-Jährigen. Erst ab der 74. Minute – die Gladbacher lagen 0:1 zurück – durfte Kramer mitspielen, und das tat er wahrlich weltmeisterlich.
Verdienter Ausgleich
Kramer strotzte vor Ideenreichtum, Sekunden nach seiner Einwechslung lupfte er einen Ball auf den ebenfalls eingewechselten Belgier Thorgan Hazard, der der Pfosten traf. Immer wenn der Mittelfeldspieler am Ball war, wurde es schnell, und in der 89. Minute krönte er seine beeindruckende Leistung nach einer schönen Vorlage mit dem Treffer zum 1:1. «Dafür hat man einen Weltmeister», sagte André Hahn später treffend.
Kramer befindet sich also weiterhin inmitten seiner erstaunlichen Phase des Glückes. Schon in den beiden letzten Bundesligapartien der vorigen Saison hatte er getroffen, «er hat im Training angekündigt, dass er diese Serie heute fortsetzen würde», erzählte Hahn. Und Kramer hielt Wort. Es war ein Tor, das natürlich leidenschaftlich gefeiert wurde, ähnlich gross wie die Freude war aber das Gefühl der Erleichterung. «Das ist sehr wichtig für den Kopf, denn es ist nie gut, mit einer Niederlage in eine Saison zu starten», sagte Trainer Lucien Favre, der nach dem Ausgleich jubelnd auf den Platz gelaufen war.
Alle waren sich einig, dass dieser Ausgleich «völlig verdient war, wenn man die 90 Minuten sieht», wie Stuttgarts Trainer Armin Veh erklärte, auch wenn die Schwaben sich natürlich über den späten Zeitpunkt des Gegentreffers ärgerten. Allerdings hatten die Gladbacher nach einer eher trostlosen ersten Halbzeit jede Menge Chancen gehabt, «und ausserdem standen wir defensiv sehr gut», meinte der neue Gladbacher Torhüter Yann Sommer.
Unsicherer Sommer
Den ersten Treffer der Partie hatten dennoch die schwäbischen Gäste erzielt. Und dieses Tor entstand nach diversen Fehlern und Unsicherheiten Sommers in den vergangenen Wochen erneut aus einer Situation, in der der Ex-Basler nicht besonders souverän wirkte. Als Alexandru Maxim nach einer hübschen Vorlage am Fünfmeterraum auftauchte, blieb Sommer wie angewurzelt stehen, statt den Winkel zu verkürzen. Das war eine Einladung, die der Rumäne dankend annahm (51.), und zu diesem Zeitpunkt war diese Führung durchaus verdient.
Zu behäbig hatten die Gladbacher gespielt, während der VfB «richtig gut verteidigt» (Veh) und immer wieder gefährlich gekontert hatte. Aber das Gegentor scheint eher den Gladbachern geholfen zu haben. Der grosse Plan des Lucien Favre sieht ja vor, das Spiel zu beschleunigen, öfter durch Vertikalpässe vors Tor zu kommen, mehr Optionen beim Umschalten zu haben.
Diese Spielweise liegt den Neuzugängen Ibrahima Traoré und André Hahn, und diesen Tempovorteil konnte die Mannschaft in der zweiten Hälfte immer häufiger zur Geltung bringen. «Wir haben besser flach gespielt», meinte Favre, und möglicherweise haben die Gladbacher am Ende auch von einer alten Stuttgarter Schwäche profitiert.
Luft nach oben
Schon in der Vorsaison sind immer wieder VfB-Gegentore in den letzten Minuten gefallen, das scheint sich unter Armin Veh fortzusetzen. «Wir müssen jetzt daran arbeiten, eine richtige Mannschaft zu werden», sagte der neue Trainer am Ende noch, beide Teams haben ganz gewiss noch Luft nach oben.