Weil der FC Barcelona offenbar in Marc-André ter Stegen eine neue Nummer 1 gefunden hat, kommt Bewegung in den Torhütermarkt. Borussia Mönchengladbach sucht nun seinen neuen Goalie, und neben dem Freiburger Oliver Baumann entspricht Yann Sommer ziemlich genau dem Anforderungsprofil von Lucien Favre.
Es ist erst wenige Monate her, dass die Verantwortlichen des SC Freiburg den Vertrag mit ihrem Torhüter Oliver Baumann verlängert haben, ruhig schlafen kann das Sportdirektoren-Duo Jochen Saier und Clemens Hartenbach derzeit aber trotzdem nicht. Denn natürlich ist davon auszugehen, dass Baumann, dem eine grosse Karriere auf internationalem Terrain zugetraut wird, irgendeine Hintertür in seinen Kontrakt hat einbauen lassen. Und nun gilt der ehemalige U21-Nationaltorhüter als aussichtsreicher Kandidat auf die Nachfolge von Marc-André ter Stegen, der Borussia Mönchengladbach im Sommer verlassen wird.
Mit Tränen in den Augen hatte der 21-Jährige Anfang der Woche erklärt, dass er seinen 2015 endenden Vertrag mit dem Traditionsklub vom Niederrhein nicht verlängern werde. Um sich im kommenden Sommer gegen Zahlung einer stattlichen Ablöse zum FC Barcelona transferieren zu lassen. Das ist zwar noch keine offiziell bestätigte Tatsache, aber Gladbachs Sportdirektor Eberl sagt: «Wir glauben, dass es der Club ist, den alle vermuten.»
Zwölf Millionen Ablöse stehen im Raum
Das Jahr beginnt also wenig erfreulich für den Tabellendritten, und dennoch ist das Befinden vollkommen anders als vor zwei Jahren. Auch damals hatte die Borussia eine brillante Hinrunde gespielt, bevor Marco Reus bekannt gab, dass er am Saisonende zu Borussia Dortmund wechseln werde. Das wurde als fatales Signal gewertet.
Es kursierten Geschichten vom Ausverkauf eines Erfolgsteams, Eberl musste gegen eine Weltuntergangsstimmung im Umfeld ankämpfen, selbst Trainer Lucie Favre grüble über einen Vereinswechsel, raunten Eingeweihte sich damals zu. Und am Ende der Saison gingen neben Reus auch Dante und Roman Neustädter. «Inzwischen ist Borussia so gut aufgestellt, dass sie auch so einen schwerwiegenden Abgang kompensieren kann», sagt Eberl zwei Jahre später.
Denn diesmal drohen weder der Trainer noch irgendwelche anderen Leistungsträger ter Stegen zu folgen. Und ein Torhüter ist grundsätzlich leichter zu ersetzen als ein Angreifer mit Weltklassepotenzial wie Reus. «Wir werden gute Lösungen finden, das ist auch eine Chance, wir könnten exorbitant viel Geld einnehmen», glaubt der Sportdirektor der Borussia. Ein Teil der Äblöse, die um die 12 Millionen Euro geschätzt wird, dürfte dann aber direkt in ter Stegens Nachfolger investiert werden.
Was Sommer besonders interessant macht
Neben Baumann stehen Yann Sommer vom FC Basel und Ron-Robert Zieler von Hannover 96 auf der Liste der Kandidaten, ausserdem werden Namen wie Kevin Trapp (Eintracht Frankfurt), Timo Horn (1. FC Köln) gehandelt. Aber Baumann und Sommer gelten als besonders interessant, weil sie nicht nur gut halten, sondern auch in der Lage sind, konstruktiv am Spiel teilzunehmen. «Die Art und Weise, wie wir Fussball spielen, bedeutet, dass wir einen spielstarken Torhüter haben wollen», sagt Eberl, der vermutlich keinen grosse Überzeugungskunst an den Tag wird legen müssen. Denn für all diese Schlussleute gilt, dass ein Wechsel zur Borussia perspektivisch sehr reizvoll sein könnte.
Es gibt in Europa im Moment nicht sehr viele Teams, die noch interessanter sind als dieses Ensemble von Lucien Favre. Vier, fünf englische Topklubs, die Spitzenteams aus Spanien und vielleicht noch Juventus Turin, Bayern München oder Borussia Dortmund. Die meisten dieser europäischen Giganten suchen aber keinen neuen Torhüter. Vakante Stellen als Nummer 1 bei einem solide geführten Champions League-Anwärter aus einer grossen Liga sind extrem rar.
Die grosse Chance für ter Stegen
Auch deshalb sind sich alle Beobachter ziemlich sicher, dass ter Stegen bald einen Vertrag unterschreibt beim FC Barcelona, wo Victor Valdéz seinen Stammplatz im Sommer räumen wird. Das Gladbacher Eigengewächs, das schon als Vierjähriger für die Borussia spielte, wird als adäquater Nachfolger eingestuft. Es gab Phasen, in denen der 21-Jährige regelmässig der Gladbacher Akteur mit den meisten Ballkontakten war, dieser Neigung, sich als elfter Feldspieler am Kombinationsspiel zu beteiligen, ist natürlich hochinteressant für die Ballbesitzkönige vom FC Barcelona.
Dass ter Stegen auf Anhieb zum Stammkeeper der Mannschaft um Lionel Messi werden wird, ist allerdings keineswegs garantiert. Auf internationaler Ebene fiel er zuletzt bei der USA-Reise der Nationalmannschaft mit erstaunlichen Fehlern auf. Es bleibt daher abzuwarten, ob die Spanier noch einen zweiten starken Torhüter verpflichten und vorerst offen lassen, wer die Nummer Eins wird.
Ter Stegens Kollege Max Kurse meint dennoch: «So eine Chance muss Marc wohl wahrnehmen – wenn es denn der FC Barcelona ist.» Für ter Stegen selbst sind die Folgen dieser Entscheidung aber möglicherweise noch gefährlicher als für die Gladbacher, die einen passenden Nachfolger finden werden.