Zdravko Kuzmanovic: «Ich bin reifer geworden und stabiler im Kopf»

Hundert Prozent – das ist eine Grössenordnung, die Zdravko Kuzmanovic gerne verwendet. Und Druck gehört auch zum Erfahrungs- und Wortschatz des 27-Jährigen Rückkehrers beim FC Basel, mit dem er am Sonntag gegen Vaduz in die Saison startet. Eine Aufzeichnung seiner Sicht der Dinge.

15.07.2015 St Jakob Park Basel , Saison 2015/2016 , Herren Fussball Vorbereitungsspiel FC Basel - Bayer 04 Leverkusen Zdravko Kuzmanovic (FC Basel) (c) Manuel Geisser

(Bild: Manuel Geisser)

Hundert Prozent – das ist eine Grössenordnung, die Zdravko Kuzmanovic gerne verwendet. Und Druck gehört auch zum Erfahrungs- und Wortschatz des 27-Jährigen Rückkehrers beim FC Basel, mit dem er am Sonntag gegen Vaduz in die Saison startet. Eine Aufzeichnung seiner Sicht der Dinge.

3142 Tage ist es her, seit Zdravko Kuzmanovic als Teenager sein letztes Spiel für den FC Basel gemacht hat. Es war ein 3:2-Sieg des FC Basel im Aarauer Brügglifeld im Dezember 2006, zu dem Kuzmanovic ein Tor beisteuerte. Ein paar Wochen danach verschwand er aus dem Trainingslager des FCB in Spanien und wechselte zur Fiorentina.

208 Spiele in der Serie A und später in der Bundesliga für den VfB Stuttgart sind seither dazugekommen, über 60 Europacupeinsätze und 51 Länderspiele für Serbien. Achteinhalb Jahre später ist Kuzmanovic der Königstransfer des FC Basel, der Rückkehrer hat einen Fünfjahresvertrag unterschrieben und erklärt, dass er «für immer bleiben will».

Am Freitag sass Kuzmanovic, der in Thun geboren wurde – also dort, wo Urs Fischer zuletzt arbeitete – neben dem neuen FCB-Trainer in der Medienkonferenz, und es entstand ein offener, launiger und ebenso ernsthafter Dialog zwischen Journalisten und Spieler, zwischendurch aber auch zwischen Trainer und Zdravko Kuzmanovic, der Auskunft gab darüber …

… wie er sich in der Sommerpause fit gehalten hat

«Wenn ich ehrlich bin, war ich in dem Monat vor dem Wechsel zwei, drei Mal laufen. Ich wusste ja nicht, wo meine Zukunft liegt, und eigentlich bin ich davon ausgegangen, dass ich am 3. Juli bei Inter Mailand wieder die Vorbereitung aufnehme. Und dann ging es schnell mit dem FCB. Sie haben mich angerufen, ich habe ja gesagt. Es hiess, dass es so rasch wie möglich über die Bühne gehen soll, und ich bin am 2. Juli direkt aus dem Urlaub beim FCB gelandet.»

… ob er schon wieder parat für 90 Minuten ist

«Nach zwölf Tagen Training bin ich kräftemässig noch nicht bei hundert Prozent. Die beiden Freundschaftsspiele haben sofort geholfen. Man sagt ja, dass man durch Spiele in den Rhythmus kommt. Bis jetzt bin ich ohne muskuläre Probleme durch die Vorbereitung gekommen. Es läuft gut, und ich versuche, ständig hundert Prozent Gas zu geben. Und wie es der Trainer gut gesagt hat: Es braucht noch Zeit. Aber leider hat man heutzutage im Fussball keine Zeit. Die 45 Minuten gegen Leverkusen haben mir gut getan, und alles andere sehen wir dann am Sonntag gegen Vaduz. Wenn mich der Trainer braucht, bin ich da.»

… auf welchen Kuzmanovic sich Basel bei seiner Rückkehr nach fast neun Jahren freuen darf

«Ich bin reifer geworden und stabiler im Kopf. Ich weiss, was ich auf dem Platz machen muss.»

Zdravko Kuzmanovic, der neue Vize-Captain des FC Basel 1893, spricht an einer Pressekonferenz im Medienzentrum des Stadions St. Jakob-Park in Basel, am Freitag, 17. Juli 2015. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)

… wie er sich nach den Jahren in Italien und Deutschland wieder der Schweizer Super League annähert

«Das ändert nichts an meiner Einstellung. Ich bin in jedem Spiel zu hundert Prozent motiviert. Egal, welcher Gegner es ist. Es wird nicht einfach werden in der Liga. Der FCB ist immer die gejagte Mannschaft, die Resultate liefern muss. Jeder Spieler, auch ich, wird immer hundertprozentige Leistungen bringen müssen, um die Punkte zu holen. Und da spielt es keine Rolle, ob man gegen ein Top-Team oder eine normale Mannschaft antritt. Im Fussball gibt es immer Überraschungen, und wir Spieler sind dazu da, dass es keine gibt – auch nicht am Sonntag.»

… über den Konkurrenzkampf in der Mannschaft

«Es ist immer gut, wenn es Konkurrenz gibt. Dann kann sich keiner ausruhen. Beim FCB kann niemand kann davon ausgehen, dass er am Wochenende sowieso zum Einsatz kommt. Jeder muss hundert Prozent Gas geben. Das hat man auch in den Freundschaftsspielen gesehen, wo sich jeder beweisen wollte. Wir haben super Spieler, und die Saison ist sehr lang. Wenn wir 50 oder 60 Spiele haben, wird jeder im Kader wichtig sein.»

… wie er die Stimmung in der Mannschaft erlebt

«Ich bin jetzt zwölf Tage dabei und was ich bisher erlebt habe, ist gut. Die Stimmung ist super, und es wird immer wieder Spieler geben, die unzufrieden sind, weil sie nicht zum Einsatz kommen. Aber jetzt haben alle erstmal Lust darauf, dass die Meisterschaft anfängt.»

Der Basler Zdravko Kuzmanovic in Aktion im Fussball-Freundschaftsspiel zwischen dem FC Basel und Bayer 04 Leverkusen, am Mittwoch, 15. Juli 2015, im St. Jakob Park Stadion in Basel. (KEYSTONE/Patrick Straub)

… wie der Umgang untereinander im Vergleich zu Inter Mailand beim FC Basel ist

«Familiärer, kann man sagen. Es herrscht natürlich noch einmal ein anderer Konkurrenzkampf bei Inter, mit 30 Top-Spielern statt 20. Da ist die Stimmung bei Inter schon ein bisschen eine andere. Ich habe viel erlebt in den achteinhalb Jahren im Ausland, ich weiss, was familiär bedeutet, und so geht es in Basel tatsächlich zu. Die Spieler halten mehr zusammen.»

… ob er eine Akklimatisierungszeit benötigt in Basel

«Ja, gut, es hat sich einiges verändert. Der FCB hat sich gemacht, und die Titel sprechen für sich. Jetzt gibt es einen neuen Trainer, mit dem ich zum ersten Mal zusammenarbeite, dann sind nur noch Philipp Degen und Matias Delgado da, die vor achteinhalb Jahren auch schon beim FCB waren. Der Rest ist neu. Es sind viele junge Spieler dabei, was ich super finde. Es wird eine Zeit dauern, um die Mannschaft kennenzulernen, aber wenn man jeden Tag zusammen auf dem Platz steht, dann geht das schnell.»

… ob sich der Spielerrat um Captain Matias Delgado und die beiden Stellvertreter Marek Suchy und Kuzmanovic schon gebildet hat

«Wir haben momentan Wichtigeres zu tun, und das beginnt schon am Sonntag. Für andere Dinge haben wir noch Zeit.»

… wie sich Ansprache und Umgang eines Trainers in Italien von dem eines Trainers in der Schweiz unterscheidet

«Ich muss ehrlich sagen: Es ist ein recht grosser Unterschied. Hier ist alles ein bisschen lockerer. Hier kommt der Trainer auf dich zu. In Italien sind die Trainer distanzierter. Da werden elf Spieler aufgestellt und nicht viel geredet. Es gibt keine Erklärungen, warum du spielst oder nicht. Da wird nach Leistung aufgestellt und einfach entschieden. Beim FC Basel ist das anders, da findet Kommunikation statt, und ich habe mit dem Trainer in der kurzen Zeit wahrscheinlich schon mehr geredet als in zweieinhalb Jahren bei Inter.»

… wie das in Deutschland war

«Das kann ich gar nicht genau sagen, weil ich in dreieinhalb Jahren beim VfB Stuttgart ungefähr vier verschiedene Trainer gehabt habe. Da kam alle paar Monate ein Neuer mit seiner eigenen Philosophie. Und ein Trainer ist einem Spieler nicht schuldig, ihm zu erklären, ob er spielt oder nicht. Am Schluss wird Leistung verlangt. Und ich war es immer gewohnt, gar nicht so viel mit dem Trainer zu reden. Ich versuche, meine Leistung zu bringen, und schlussendlich entscheidet der Trainer. Jeder hat es in der eigenen Hand, die Spieler wie der Trainer auch.»

Zdravko Kuzmanovic, der neue Vize-Captain des FC Basel 1893, rechts, spricht an einer Pressekonferenz im Medienzentrum des Stadions St. Jakob-Park in Basel, am Freitag, 17. Juli 2015. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)

… was er vom Los in der Champions-League-Qualifikation hält

«Ich kann nicht sagen, was in zwei Wochen ist. Ich schaue von Spiel zu Spiel, jetzt kommt Vaduz, dann haben wir GC und dann kommt das Lech-Spiel. Wenn man in die Champions League will, dann muss man auch bessere Gegner schlagen. Als FC Basel sind wir sowieso immer Favorit, und wir haben eine super Mannschaft. Wenn wir uns konzentrieren, die Vorgaben unseres Trainers befolgen und jeder sein Potential abruft, dann wird es machbar sein, in die Gruppenphase der Champions League zu kommen.»

… was ihm die Champions League bedeutet

«Es ist das Geilste. Jeder will in die Champions League, dafür spielen wir Fussball. Aber es gibt die Champions League, es gibt die Meisterschaft und den Schweizer Cup. Das ist alles wichtig und für mich ist sowieso jedes Spiel wichtig. Wenn man Champions League spielen kann, dann will ich das auch spielen, und wenn man Meister werden kann, dann will ich auch Meister werden. Wir haben überall Druck. Druck, zum siebten Mal Meister zu werden. Druck, weil wir das Double holen wollen. Also alles mögliche. Wie soll ich sagen: Heutzutage gibt es keine Spiele mehr ohne Druck. Und der Trainer und ich – wir wollen beide zum ersten Mal Meister werden.»

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