«Zieh‘ dich warm an, wenn ihr nach Basel kommt»

In der Champions League werden zwei junge Wiener aufeinandertreffen: Aleksandar Dragovic im Trikot des FC Basel und David Alaba in dem des FC Bayern München. In ihrer Heimatstadt trafen sie sich in den Winterferien.

Von Wien aus in die grosse weite Fussballwelt: David Alaba (links) und Aleksandar Dragovic. (Bild: Kristian Bissuti/Kurier)

In der Champions League werden zwei junge Wiener aufeinandertreffen: Aleksandar Dragovic im Trikot des FC Basel und David Alaba in dem des FC Bayern München. In ihrer Heimatstadt trafen sie sich in den Winterferien und geben Einblick in ihre gemeinsame Jugend.

Im Restaurant des Grand Hotel am Ring gab es erst einmal etwas zu essen und zu trinken für die Jung-Nationalspieler Österreichs. Für den 19-jährigen David Alaba, der seit 2008 beim FC Bayern München ist, gab es ein Backhendl mit Salat. Aleksandar Dragovic, der vor einem Jahr von Austria Wien kam, begnügte sich mit einem Cappuccino, ohne Zucker. Bevor es zum Fototermin ging, unterhielten sich die beiden mit der Tageszeitung «Kurier».



Wie lange kennen Sie beide sich schon?

David Alaba: Seit wir in der U-11-Mannschaft bei Austria Wien gespielt haben. Später waren wir dann auch gemeinsam in der Stronach-Akademie in Hollabrunn.
Aleksandar Dragovic:
In der Akademie haben wir auf der PlayStation immer Fussball gegeneinander gespielt.
Alaba: Wir sind allein ins Klassenzimmer gegangen, haben extra den Beamer aufgebaut und gespielt. Nigeria gegen Serbien. Ich hab den Drago kaputtgemacht.
Dragovic: Das ist ein absoluter Blödsinn. Meistens habe ich gewonnen.

Wie haben Sie Weihnachten verbracht? Was gab es an Geschenken?

Alaba: Liebe, sehr viel Liebe. Ich hab‘ zu Hause in Wien mit der ganzen Familie gefeiert. Mama, Papa, Schwester, Tante, Oma, Opa – alle waren da. Wir waren sicher 15 Leute.
Dragovic: Ich war mit meinen Grosseltern in Dubai. Wir feiern ja nicht am 24. Dezember Weihnachten, sondern am 7. Januar. Da werden wir dann in Basel mit der ganzen Familie schön essen gehen.

Sie sind 19 und 20 Jahre alt, spielen im Nationalteam und in der Champions League. Haben Sie davon zu träumen gewagt?

Dragovic: Nicht wirklich. David spielt jetzt schon beim bestgeführten Verein der Welt. Ich bin zwar – mit Anführungszeichen natürlich – nur in Basel. Aber ich bin als Innenverteidiger Stammspieler, das können nicht viele von sich behaupten. Ich habe dem FC Basel viel zu verdanken.
Alaba: Es gibt nicht viele, die aus der Abwehr so gut rausspielen können wie der Drago. Ich denke, dass es für uns beide sehr gut gelaufen ist. Wir sind noch jung, müssen viel lernen und haben noch einen weiten Weg vor uns.

Was schätzen Sie jeweils am anderen so besonders?

Alaba: Menschlich sind wir wie Brüder. Als Fussballer ist der Drago modern, spielt einen Innenverteidiger fast wie ein Sechser.
Dragovic: Wir sind jung und harmonieren einfach. Wenn ich ein Problem habe, versucht der David immer zu helfen. Auf dem Platz gibt er nie auf, er hat das Winner-Gen. Aber er muss noch viel lernen, damit er so wird wie Franck Ribéry.

Und er ist bereits Fußballer des Jahres in Österreich.

Dragovic: Das hat er sich verdient. Wir können froh sein, dass Österreich so einen Spieler hat.

David Alaba, was fehlt Ihnen noch zu einem Spieler wie Ribéry?

Alaba: Noch sehr, sehr viel. Er ist 28 Jahre alt, ich bin erst 19. Da fehlt so viel Erfahrung, nicht nur im fussballerischen Bereich, sondern auch im alltäglichen Leben. Aber es tut mir sehr gut, jeden Tag mit solchen Spielern auf dem Platz zu stehen.

Gibt es solche Bezugspersonen auch in Basel?

Dragovic: Bei uns im Team ist Alexander Frei der Chef. Er ist sehr nett, hilft dir auch. Aber Marco Streller ist noch mehr eine Bezugsperson. Er geht offener auf die Mitspieler zu. Generell haben wir viel Spass. Manchmal verstecken wir uns gegenseitig die Autos in der Tiefgarage.

Wie ist der erste Eindruck von Teamchef Marcel Koller in der Nationalmannschaft?

Dragovic: Er ist sehr streng, aber im positiven Sinne. Er lässt jeden Tag zwei Mal trainieren, und das auch nicht wenig. In der Ukraine hat man trotz der Niederlage schon gesehen, dass es geholfen hat.

Dennoch gab es bei seiner Bestellung sofort Kritik von sogenannten Experten. Nachvollziehbar?

Dragovic: Nein. Koller hatte Erfolge in der Schweiz und in Deutschland.

Mit welchen Erwartungen starten Sie ins neue Länderspieljahr?

Alaba: Man hat schon beim Spiel in der Ukraine gesehen, dass wir Fussball spielen können und nicht nur nach vorne bolzen. Wir haben zwar das Potenzial, aber wir müssen uns viel mehr auf unsere Stärken konzentrieren und auch auf den Endzweck spielen.
Dragovic: Wenn wir jetzt nicht nur jedes fünfte Spiel gut spielen, sondern jedes, dann ist viel möglich.

Im Februar sind Sie in der Champions League Gegner. Ein besonderes Aufeinandertreffen?

Alaba: Ich weiss ja noch gar nicht, ob ich zum Einsatz komm‘. Aber es ist sicher etwas Besonderes.
Dragovic: Ich hoffe, dass du drankommst. Es wäre ja das erste Mal, dass wir gegeneinander spielen. Pass‘ auf und zieh‘ dich warm an, wenn ihr nach Basel kommt und der St.-Jakob-Park bebt.

Wie beurteilen Sie die sportliche Ausgangslage?

Alaba: Wir sind Favorit, aber leicht wird es nicht.
Dragovic: Bayern ist klarer Favorit. Wenn sie gegen uns nicht weiterkommen, wäre das eine Schande für sie. Wir haben Manchester United eliminiert, Geschichte geschrieben und haben nichts mehr zu verlieren.

Als direkter Gegenspieler wartet mit Mario Gomez ein Weltklassestürmer. Das ist auch nicht unbedingt alltäglich.

Dragovic: Stimmt, ich habe aber auch schon gegen Wayne Rooney, Karim Benzema oder Thierry Henry gespielt. Für mich ist das eine Herausforderung.

Wer war Ihr unangenehmster Gegenspieler?

Dragovic: Das war ein anderer, Nani von Manchester United. Im Eins-gegen-Eins hat man gegen ihn fast keine Chance. Der ist auf den ersten Metern so schnell, dass du nicht zum Ball kommst.
Alaba: Bei mir ist es immer wieder Bastian Schweinsteiger im Training. Der hat so eine perfekte Ballannahme, dass er immer viel Zeit hat. Er spielt einfach so intelligent, da kann ich mir noch eine Menge abschauen.

Ist er der Bayern-Chef?

Alaba: Nicht vom Reden, aber er lässt seine Füsse sprechen. Man merkt es, wenn er auf dem Platz steht. Er regelt das Spiel mit seinen Füssen. Das ist etwas ganz Besonderes.

Sie waren in der Jugend beide Arsenal-Fans. Lockt dieser Club noch immer?

Alaba: Das war ein Buben-Traum. Derzeit kann ich mir nicht vorstellen, wo anders als bei Bayern zu spielen. Dieser Verein gehört zu den Top Drei auf der Welt.

Und die anderen zwei Klubs heißen…?

Alaba: …natürlich Barcelona und Real Madrid.

Vor acht Jahren waren Sie noch in der U 11 der Austria. Wo sehen Sie sich in acht Jahren?

Alaba: Das kann ich nicht sagen. Ich bin keiner, der sich Ziele in so weiter Ferne setzt. Ich schau‘ lieber in die nahe Zukunft und steck‘ mir kleine, erreichbare Ziele. Ich hatte zuletzt viele Einsätze. Jetzt will ich bei den Bayern noch mehr Fuss fassen.
Dragovic: Ich fühle mich in Basel sehr wohl. Aber sicher will ich einmal in eine Topliga wechseln. Nach Deutschland oder England. Italien reizt mich überhaupt nicht. Dort geht’s mit dem Fussball derzeit bergab.

Haben Sie noch Kontakt zum ehemaligen Basel-Trainer Thorsten Fink?

Dragovic: In letzter Zeit nicht.

Wäre es reizvoll, wenn er Sie nachholen würde zum HSV?

Dragovic: Hamburg ist sicher eine tolle Adresse. Aber man hört, dass der HSV wirtschaftlich nicht so gut dasteht.

Was wünschen Sie sich für 2012?

Alaba: Wir können mit den Bayern noch drei Titel holen. Da will ich zumindest einen gewinnen.
Dragovic: Bei aller Liebe, die Champions League gewinnt ihr aber sicher nicht. Barcelona ist einfach zu stark.
Alaba: Die haben aber in der Liga auch schon gegen Getafe verloren. Ich sag‘ ja auch nicht, dass wir euch rausschießen.
Dragovic: Das stimmt, aber ich bleib‘ dabei. Bei mir ist es ein bisserl schwieriger, weil das Jahr 2011 so toll war. Wir sind Meister geworden und stehen in den Achtelfinals der Champions League. Das zu toppen, das wird schwierig. Ich persönlich will aber noch konstanter werden.
Alaba: Bruder, spiel einfach dein Spiel. Dann kommt sowieso keiner an dir vorbei.

Aleksandar Dragovic wurde am 6. März 1991 in Wien geboren, ist serbischer Herkunft und verbrachte – wie David Alaba auch – seine gesamte Jugendfussballzeit bei beim FK Austria Wien. Mit 17 Jahren wurde er in das Kader der 1. Mannschaft aufgenommen, wurde 18-jährig mit der Austria österreichischer Pokalsieger und wechselte im Winter 2010/11, ein halbes Jahr vor Vertragsende, gegen eine Ablösesumme von rund einer Million Franken zum FC Basel, mit dem der Innenverteidiger ein halbes Jahr später Schweizer Meister wurde und für den er bis dato 32 Super-League-Spiele (1 Tor) bestritten hat. In der Nationalmannschaft (14 Spiele /0 Tore) debütierte er am 6. Juni 2009 ausgerechnet in Belgrad.

David Alaba wurde am 24. Juni 1992 in Wien geboren, seine Mutter stammt von den Philippinen, sein Vater, ein Rapper und Teil des Pop-Dance-Duos «Two in One», aus Nigeria. David Alaba war mit 17 Jahren der bislang jüngste Nationalspieler Österreichssowie der jüngste Spieler des FC Bayern München, der im DFB-Pokal, der Bundesliga und in der Champions League zum Einsatz kam. Im Dezember 2011 wurde der Mittelfeldspieler mit dem goldenen linken Fuss von den Trainern der österreichischen Bundesliga als bisher jüngster Spieler zu Österreichs Fussballer des Jahres gewählt. Für die Bayern und 1899 Hoffenheim, wo er 2010/11 ein halbes Jahr ausgeliehen war, machte Alaba 37 Bundesligaspiele (4 Tore), für Österreich bereits 16 A-Länderspiele (0 Tore).

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