Zwischen Resignation und Begeisterung – die emotionale Vielfältigkeit des FCB in Thun

Ungläubiges Staunen ruft dieser FC Basel bei seinem 3:2-Sieg gegen den FC Thun hervor. Das hat allerdings nicht nur mit dem Geschehen auf dem Rasen zu tun – sondern viel mehr damit, wer es bei dieser Mannschaft alles nicht einmal zu einem Teileinsatz bringt.

Basels Fabian Schaer, Mitte, jubelt nach seinem Tor zum 2:3 mit den Teamkollegen Marcelo Diaz, rechts, und Yoichiro Kakitani, links, im Fussball Super League Spiel zwischen dem FC Thun und dem FC Basel am Samstag, 2. August 2014 in der Stockhorn Arena in (Bild: Keystone/Peter Klaunzer)

Ungläubiges Staunen ruft dieser FC Basel bei seinem 3:2-Sieg gegen den FC Thun hervor. Das hat allerdings nicht nur mit dem Geschehen auf dem Rasen zu tun – sondern viel mehr damit, wer es bei dieser Mannschaft alles nicht einmal zu einem Teileinsatz bringt.

Emotionen hatte sich der Vorstand des FC Basel von der Neuverpflichtung von Trainer Paulo Sousa versprochen. Und Emotionen, die provoziert diese Ausgabe des FCB tatsächlich bereits schon nach dem dritten Spiel unter dem Portugiesen. Nur sind es vielleicht nicht immer die, die sich die Basler vorgestellt hatten.

Da ist zum ersten: ungläubiges Staunen. Wie viele Profis hat dieser FCB eigentlich unter Vertrag, fragen sich eine Stunde vor Spielbeginn neutrale Beobachter unten im Bauch des Thuner Stadions. Wie viele Nationalspieler werden da jeweils auf der Tribüne Platz nehmen müssen?

Eine ganze Mannschaft auf der Tribüne

Die Macher des Matchblatts in Thun jedenfalls kapitulieren ob des Basler Füllhorns bereits vor dem Anpfiff. Nach neun Baslern, die es weder in die Startformation noch auf die Ersatzbank geschafft haben, hört die Thuner Liste auf. Aber es sind tatsächlich elf Spieler, die die Basler nicht einmal ins Aufgebot nehmen können. Elf Spieler! Von denen sich Ivan Ivanov und Arlind Ajeti wenigstens damit trösten können, dass sie verletzungshalber nicht mit dabei sind.

Die anderen, die auf der Tribüne sitzen, heissen zum Beispiel Geoffroy Serey Die (WM-Teilnehmer), Giovanni Sio (WM-Teilnehmer), Walter Samuel (Champions-League-Sieger) oder auch Ahmed Hamoudi (ägyptischer Nationalspieler). Die fünf angereisten japanischen Journalisten dürfen sich immerhin ein klein wenig freuen: Ihr Superstar Yoichiro Kakitani hat es zum ersten Mal wenigstens unter die Basler Ersatzspieler geschafft.

Die Meisterschaft? Für manche schon gelaufen

Eine weitere Emotion, die dieser FCB auslöst: pure Resignation. Mit 2:0 gehen die Basler bis zur Pause in Führung. Erst profitiert Marco Streller von einem haarsträubenden Fehler von Thuns Goalie Christian Leite, der unbedrängt im eigenen Strafraum unter dem Ball hindurch tritt. Dann vollendet Shkelzen Gashi den schönsten FCB-Angriff der Partie per Kopf, nachdem er in der Auslösung selbst mit einem robusten Zweikampfverhalten den Ball in den eigenen Reihen gehalten hatte.

Die Reaktion auf der Tribüne: Diese Meisterschaft ist eigentlich schon gelaufen. Denn wer soll diesem FCB Paroli bieten können, der mit einer individuellen Überlegenheit gesegnet ist, die jeden Widerstand zwecklos erscheinen lässt?

Wenigstens die Thuner glauben an eine Chance gegen den FCB

Gut, sitzen die Thuner zu diesem Zeitpunkt nicht auf der Haupttribüne – sondern in ihrer Kabine. Denn dort fassen wenigstens sie noch einmal richtig Mut. Ein Angriff sieben Minuten vor der Pause hat ihnen den Glauben an die eigenen Chancen zurück gegeben. Zwar trifft Alexander Gonzalez in dieser Szene nur die Latte des Basler Tors. Aber der Angriff über die rechte Basler Seite zeigt: Unantastbar ist dieser FCB zumindest in der frühen Schaffensphase des Paulo Sousa (noch?) nicht.

Der Basler Trainer wird nach der Partie das monieren, was nun alle knapp 10’000 Zuschauer in der Thuner Arena sehen können: «Wir sind mit weniger Intensität aufgetreten, wir haben Fehlpässe gespielt, die unseren Gegnern den Glauben zurück gegeben haben. Thun hat uns dominiert.»

Wahrscheinlich haben Sousas Spieler etwas missverstanden. Anstatt das Spiel mit viel Ballbesitz über die Runden zu schaukeln, wiegen sie sich selbst dann noch in trügerischer Sicherheit, nachdem Andrija Kaluderovic das 1:2 gelingt (50. Minute). Die für beide Seiten verdiente Quittung: Das 2:2 durch Berat Sadik in der 84. Minute gegen einen äusserst passiv verteidigenden Fabian Schär.

Schär macht den eigenen Fehler wett

Emotionen sind da schon lange auch bei Sousa selbst auszumachen. Hat er den Gewitterregen der ersten Halbzeit ruhig unter dem schützenden Dach der Ersatzbank erlebt, ist er spätestens nach dem Thuner Anschlusstreffer heftig gestikulierend an der Seitenlinie unterwegs. Doch auch er kann nicht verhindern, dass die Zentrumsspieler plötzlich keinen Zugriff mehr auf das Spiel haben, dass die Konterangriffe gegen nun sehr hoch stehende Gastgeber gar nicht erst entstehen.

Schliesslich aber ist da auch noch Freude. Basler Freude, wohlgemerkt, weil Fabian Schär einen Freistoss des Ex-Thuners Luca Zuffi in der 88. Minute so in Richtung Thuner Tor köpft, dass Stefan Glarners Abwehrversuch nichts mehr am 3:2-Siegtreffer ändert.

Das Vereinslogo, das keine Siege einfährt

Schär macht also seinen Fehler vom 2:2 wett. Und Sousa darf danach erleichtert feststellen: «Wir haben gelitten. Aber es ist schön für mich zu sehen, dass die Mannschaft am Ende doch noch den Willen zum Sieg gezeigt hat. Es ist nicht das Vereinslogo, das die Siege einfährt – das müssen die Spieler schon selber machen.»

Doch noch ein Basler Sieg also, der dritte im dritten Spiel. Der Basler Meister-Express scheint in dieser Saison schon von Anfang an ins Rollen zu kommen.

Und trotzdem: Hoffnung gehört auch zu den Emotionen, die der FCB an diesem Abend zulässt. Zumindest könnten die Worte von Urs Fischer der nationalen Konkurrenz Zuversicht vermitteln: «Wenn du etwas mutiger wirst, kannst du auch gegen Basel bestehen», befindet der Thuner Trainer nach dem 2:3.

Der nächste Club, der seinen Mut unter Beweis stellen kann ist der FC Zürich. Auch er ist mit drei Siegen in diese Saison gestartet.

Fünf sind ganz besonders begeistert

Ach ja, Begeisterung löst der FCB in Thun auch aus. Zumindest unter den fünf japanischen Journalisten, die live vor Ort miterleben, wie Yoichiro Kakitani seine ersten Minuten für Basel absolviert.

Um alle anderen Zuschauer mitzureissen, reicht es diesem FCB noch nicht. Dazu müsste er schon einmal über ein ganzes Spiel das Niveau halten können, auf dem er in den ersten dreissig Minuten in Thun spielt. Aber noch ist ja Zeit. Die Ära Sousa hat eben erst begonnen.

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