Vor dem Eingang des Hauses am Burgweg 4 hat sich eine kleine Kundgebung formiert. «Keine Verdrängung auf Vorrat», steht auf einem Flugblatt, das von jungen kostümierten Aktivisten verteilt wird.
Peter Meier gehört nicht zu diesem Kreis. Er ist der Grund für die Kundgebung. Seit vielen Jahren bewohnt er eine Dreizimmerwohnung in diesen Häusern im Besitz der Basellandschaftlichen Pensionskasse. Die Häuser am Burgweg sind mittlerweile zum Symbol für die Gentrifizierung auf dem Basler Wohnmarkt geworden.
Meier ist der letzte Vertreter der rund 50 Mietparteien, die einst in den Häusern gegenüber dem Werkraum Warteck pp gewohnt und gearbeitet haben. «Fast 20 Jahre wohne ich nun bereits hier», sagt Meier. «Früher war es toll hier, alle kannten sich, die Stimmung war wunderbar.»
«Die anderen haben sich rausmobben lassen»
Alle anderen sind schon vor Monaten oder Wochen ausgezogen – «die meisten haben sich rausmobben lassen», wie Meier sagt. Er ist geblieben, weil er bisher keine adäquate Ersatzwohnung gefunden hat. «Die Vermieterin hat uns mehr oder weniger pro forma zwar Ersatz angeboten, aber es war keine Wohnung darunter, die weniger als Tausend Franken im Monat kostet.» Am Burgweg bezahlt er 630 Franken pro Monat für drei Zimmer, eine grosse Wohnküche mit Balkon und ein zwar enges, aber originell geschnittenes Badezimmer, das einst ins Treppenhaus eingebaut wurde.
Vermieter zieht unverrichteter Dinge ab
Am Montag hätte Meier nun seine Wohnung verlassen müssen. «Offiziell habe ich das erst vor drei Stunden per Post erfahren», beteuert er. Das sei doch nicht in Ordnung, sagt er den beiden Vertretern der Liegenschaftsverwaltung Adimmo AG, die gekommen waren, um die Wohnungsschlüssel zu übernehmen. «Ich habe mir nie etwas zu Schulden kommen lassen und meine Miete stets pünktlich bezahlt.»
Das Gespräch findet im Hinterhof statt, denn eine kleine Gruppe von kostümierten Wohnpolitaktivisten – ein Teletubby, ein römischer Legionär mit Nikolaus-Bart, ein Wikinger, ein rosa Plüschschweinchen und ein paar Ritter – hatten Vorder- und Hintertür des Hauses mit Paravents versperrt. «Wir sind noch da», lautet eine kleine Aufschrift, die nach dem Auszug der meisten Mieter nicht mehr wirklich zutrifft. «Wir haben diese Paravents im Keller gefunden», sagt der Teletubby.
«Wohnräume statt Luxusträume», steht auf dem aktuellen Transparent, das der bärtige Legionär in die Luft hält. Dieser Slogan spielt auf die Pläne der Basellandschaftlichen Pensionskasse an, die die Mieter vor über drei Jahren erstmals mit ihren Plänen konfrontierte, die einfachen und dadurch bezahlbaren Wohnungen aufwendig zu sanieren – die Aktivisten sprechen von «Wohnstudios» für Angestellte von Roche.
Wohnungen werden «zwischenvermietet»
In einem Flugblatt ist ausserdem von «Kündigungen auf Vorrat» die Rede, denn gebaut werde am Burgweg noch nicht. Wohl noch länger nicht. Denn die Liegenschaftsverwaltung will die Wohnungen über eine Zürcher Firma zwischennutzen lassen. Der Mieterinnen- und Mieterverband Basel-Stadt sieht darin eine fragwürdige «Umgehung des Mietrechts».
«Das ist doch eine absurde Situation: Ich muss raus und nebenan ziehen andere ein», sagt Meier. Er selber habe nie ein Angebot zur Zwischennutzung seiner Wohnung erhalten.
«Wenn ich von Ihnen ein Angebot bekomme, wie ich mein Leben in der jetzigen Form weitergestalten kann, bin ich schnell weg», sagt Meier den beiden Vertretern der Liegenschaftsverwalterin. Diese nehmen diesen Satz zur Kenntnis. «Die Entscheide werden vom Portfolio-Management gefällt», sagt einer von ihnen, bevor sie unverrichteter Dinge abziehen.
Meier atmet auf. Aber wie die Liegenschaftsverwaltung nun reagieren wird, weiss er nicht. Im schlimmsten Fall könnte eine Zwangsräumung folgen. Die Aktivisten vor dem Haus wollen aufmerksam bleiben. Meier freut sich: «Die jungen Leute machen mir Mut», sagt er.