Entlang der neuen 3er-Strecke: Was gibts eigentlich in Saint-Louis?

Mit grossen Festivitäten weihen Saint-Louis und Basel am Samstag die neue Verbindung ins Elsass ein. Aber was gibt es eigentlich entlang dieser Tram-Linie?

Die Endstation der 3er-Linie ist wenig einladend. Und das liegt nicht an den übrig gebliebenen Bodenplatten.

Burgfelderhof – Endstation. Ich steige aus dem 3er, der hier mit einem Schwenker über die französische Grenze umkehrt. Ab Samstag fährt jedes zweite Tram weiter nach Saint-Louis. Ein Städtchen, das mir offen gestanden bisher völlig unbekannt war. Jetzt will ich wissen, wohin ich mit der verlängerten 3er-Linie künftig fahren könnte. Nach der Sportanlage Pfaffenholz biegen die Gleise nach links. Hier beginnt Terra incognita.

Kaum 100 Meter hinter der Grenze prangt die französische Staatsdevise als Grafitti auf einer Schulhauswand: Liberté – Egalité – Fraternité. Als ob sich Saint-Louis bewusst von seinen royalen Namensgebern, Louis XIV. und Louis IX., distanzieren wollte. Die Bourbonen-Lilien auf dem Gemeindewappen haben allerdings überlebt.

Für die neue 3er-Linie musste das Pfaffenholz zurückweichen: Die Tartanbahn ist jetzt deutlich kleiner.

Die Strecke zur ersten französischen Haltestelle zieht sich. Bis jetzt ist nichts Spannendes in Sicht. Rechts taucht das Schwimmbad auf. Vom günstigeren Eintrittspreis abgesehen gibt es hier nichts, was den Basler Gartenbädern fehlen würde. 

Haltestelle Saint-Exupéry. Die Anzeigetafel ist in Plastik eingewickelt. Die Anzeige leuchtet schon: «Attention aux trams en essais et formations à la conduite …». Alles scheint bereit für den Taktfahrplan. Auch die Kundschaft ist bereits vor Ort. Auf dem Trottoir vis-à-vis stehen etwa 200 Gymnasiasten.  

«Das Tram wird mir den Schulweg leichter machen», sagt Vincent. Der Schüler geht im Schnitt einmal wöchentlich nach Basel. Zum Einkaufen oder in den Ausgang. «Ob das in Zukunft häufiger wird, weiss ich noch nicht.» Seine Kollegin Anna-Lou an der Distribus-Haltestelle dagegen wird mit dem 3er ganz sicher häufiger nach der Schule über die Grenze fahren.

Saint-Exupéry, die Haltestelle für die Schüler. Bis jetzt chauffierte sie nur der Distribus.

Zwischen der Strasse zum Flughafen und dem Schulcampus geht es weiter. Wieder eingepackte Anzeigen: «… Ouverture de la nouvelle ligne 3 en décembre 2017 …» Die Haltestelle Place Mermoz. Gemeint ist eine Lichtung zwischen Wohntürmen. Städteplaner hoffen auf Entwicklung. So steht es auf der Infowebseite des Projekts und davon zeugen die Kopfsteine, die hier das Gleis-Trassee schmücken. Asphalt hätte es auch getan. Aber so weht ein Hauch von Piazza.

Auch hier ist für Basler nichts zu holen. Ein schmuddeliges Café und ein dazu passender Kiosk – mehr nicht. Ein Stück weiter vorne informiert die extra eingerichtete «Maison du Tram» über die Bauarbeiten. Ich treffe einen Anwohner, der sich nicht am neuen Verkehrsmittel stört. «Solange das Fenster zu ist, höre ich nichts.» Das habe sich bei den Testfahrten herausgestellt. 

Bis jetzt ist die Place Mermoz kein Ort zum Verweilen. Vielleicht ändert sich das mit der neuen 3er-Linie.

Baslern könne er die Bäckerei vorne im Städtchen empfehlen. Entlang der 3er-Linie falle ihm sonst nichts ein. Ausser natürlich das Géant Casino, das grosse Einkaufszentrum.

Soleil, so heisst die nächste Haltestelle, ist wohl für die Einkaufstouristen gedacht. Endlich, hierfür würde ich mich tatsächlich in den 3er setzen. Nicht der Preise wegen, sondern wegen des Sortiments. Ich steh auf Terrine und französischen Käse. «… A Bientôt! …» grüsst mich die BVB auf der Anzeigetafel. 

Endstation Bahnhof

Jetzt streift die Tramlinie das Nachbardorf Hésingue. Bis die Linie ins Quartier de Lys einfährt. Zwischen den Industriegebäuden am Ende der Strasse ist der Bahnhof zu sehen. Das war es. Hier wendet der Dreier für den Rückweg vor dem neuen Parkhaus. Gähnendes Nichts. 

Ich erkunde die Umgebung. Eine Ecke weiter ist die Fondation Fernet-Branca, die auf 1500 Quadratmetern zeitgenössische Kunst zeigt und in den letzten Jahren bei der Museumsnacht dabei war. Ich rede nochmals mit einem Passanten. «Ich kann dir den Markt am Samstag empfehlen», sagt Ricardo, ein gebürtiger Brasilianer. Da stimme die Qualität und es gebe Spezialitäten zu kaufen. «Und die Metzgerei im Zentrum ist auch ganz gut.»

Kein Betrieb auf der 3er-Linie. Die Botschaft der BVB warnt lediglich vor dem Testbetrieb der Trämmli.

Ihm bringe das Tram nicht viel, da er im anderen Teil von Saint Louis wohne. Zwar fahre der Distribus hier nur stündlich, aber das 11er-Tram liege in Gehdistanz. «Das Tram bringt dem Stadtteil Bourgfelden mehr als dem Zentrum». Trotzdem hängt hier überall Werbung für die neue 3er-Linie. 

Fazit: Für Basler ist die 3er-Linie keine Abenteuerreise. Liebhaber französischer Küche und zeitgenössischer Kunst kommen aber auf ihre Kosten. Und: Saint-Louis könnte auch für Basel an Reiz gewinnen, wenn das Tram als Entwicklungsturbo wirkt.

Ich habe genug gesehen und mache mich auf den Rückweg. Zu Fuss. Mit dem Tram wäre ich schneller zu Hause. Aber auf der Anzeigetafel verschwinden bloss die letzten Buchstaben der Durchsage: «… Votre BVB.»

Eröffnungsfeier der neuen 3er-Linie nach Saint-Louis am Samstag, 9. Dezember. Erste Gratisfahrt um 12 Uhr 43, danach alle 7 1/2 Minuten. Festbetrieb beim Sportzentrum Pfaffenholz, bei der Place Mermoz und dem Bahnhof Saint-Louis. 

Plakate im Zentrum weisen auf die neue Dreierlinie hin. Für diese Seite von Saint-Louis wäre die Verlängerung der 11er-Linie aber besser.

Nächster Artikel