Nach ziemlich genau einem Jahr hat Yves Raschle genug. Der Miteigentümer der Möbeldesignfirma Inch Furniture und seine Kollegen in der Werkstattgemeinschaft am Westquai leiden seit März 2017 darunter, dass direkt vor ihrer Nase Zehntausende mit giftigem Teeröl belastete Bahnschwellen umgeschlagen werden.
Die Rhenus AG nimmt dort Eisenbahnwaggons voll ausrangierter Schwellen entgegen, um sie nach Deutschland in verschiedene Kehrichtverbrennungsanlagen zur Entsorgung abzutransportieren. Bei der Arbeit fällt viel Staub an, vom unangenehmen Teergeruch ganz zu schweigen.
Niemand fühlte sich zuständig
Die Angestellten der Werkstattgemeinschaft sind sich einiges gewöhnt, schliesslich liegt ihr Arbeitsort mitten im Hafengebiet. Doch sie fragten sich, ob von dem klebrig-braunen Staub eine Gefahr ausgeht. Die in dem Teeröl enthaltenen sogenannten polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK) können eine krebserregende Wirkung haben und stehen im Verdacht, die Fruchtbarkeit zu beeinträchtigen. Auch dürfen die Bahnschwellen seit 2000 nicht mehr in Wohngebieten verbaut werden.
Doch weder die Rhenus AG noch die zahlreichen involvierten Ämter konnten Raschle und seine Kollegen beruhigen. Niemand fühlte sich für die Untersuchung zuständig, wie giftig dieser Staub tatsächlich ist.
Als das Depot nicht – wie von der Rhenus mehrfach versprochen – aufgehoben wurde und die Schwellenberge noch höher wuchsen, schrieb Raschle Mitte April ans Lufthygieneamt beider Basel. Er als Arbeitgeber habe eine Verantwortung gegenüber seinen Angestellten und wolle jetzt endlich eine offizielle Antwort auf die Frage, ob eine Gesundheitsgefährdung bestehe. Die Antwort: Wir müssen das abklären.
Dann hörte Raschle wochenlang nichts, irgendwann tauchten am Westquai Wissenschaftler auf. Sie nahmen zuerst eine Wischprobe, danach errichteten sie spezielle Apparaturen zur Untersuchung der Atemluft.
Cosimo Todaro, Leiter der Abteilung Industrie und Gewerbe beim Lufthygieneamt, bestätigt diese Messungen. Weil bei den Wischproben eine Belastung mit PAK festgestellt worden sei, habe man beschlossen, eine Luftmessung durchzuführen. Dazu werde acht Stunden lang Luft durch einen Filter gesogen und das aufgefangene Material danach im Labor analysiert, wie Todaro erklärt.
Erhöhte Belastung im Hafengebiet
«Die Messungen zeigten, dass die PAK-Belastung im ganzen Hafengebiet erhöht ist. Es ist jedoch keine Überraschung, dass wir in einem Industriegebiet auf eine PAK-Belastung stossen, denn es gibt dort viele mögliche Quellen für diese Stoffe», sagt Todaro. Neben dem Umschlag von Gütern seien dies etwa auch Schiffsmotoren oder der Pneuabrieb von Lastwagen.
Und endlich, nach mehr als einem Jahr, kommt auch die erlösende Nachricht für die Angestellten der Werkstattgemeinschaft. Todaro entwarnt:
«Aufgrund der Messergebnisse besteht keine Gesundheitsgefährdung. Dennoch haben wir uns mit der Rhenus darauf geeinigt, dass der Umschlagplatz am Westquai bis im Juli aufzulösen ist. Denn die Immissionen des Bahnschwellenumschlags sind zwar nicht gefährlich, aber doch lästig.»
Dies bestätigt auch Rhenus-Chef Bruno Imhof. «Wir werden den Umschlag der Bahnschwellen auf einen Ort im Hafen konzentrieren, statt wie bisher mehrere Depots zu unterhalten. Das Depot neben der Werkstattgemeinschaft wird in den nächsten Wochen definitiv aufgelöst.» Imhof will dies als Geste für ein friedliches Miteinander im Hafen verstanden wissen. «Wir hatten die Diskussionen satt.»