Abzocker-Initiative zeigt bisher wenig Wirkung

Vor eineinhalb Jahren stimmte die Schweiz gegen Bonus-Exzesse auf den Chefetagen, seither hat sich jedoch nicht viel verändert. Ob die Minder-Initiative hält, was sie verspricht, zeigt sich im nächsten Jahr.

Der CS-Chef Brady Dougan hat sich die Minder-Initiative noch nicht zu Herzen genommen. Seit Gehalt stieg von 2012 auf 2013 um zwei Millionen Franken (Bild: Nils Fisch)

Vor eineinhalb Jahren stimmte die Schweiz gegen Bonus-Exzesse auf den Chefetagen, seither hat sich jedoch nicht viel verändert. Ob die Minder-Initiative hält, was sie verspricht, zeigt sich im nächsten Jahr.

Die Bevölkerung war gereizt, die Boni von Topmanagern sorgten für hitzige Debatten. 2013 sprach sich das Volk «gegen die Abzockerei» aus. Die Initiative von Ständerat Thomas Minder (SH) wurde mit einem sehr deutlichen Resultat angenommen. Was hat sich seither verändert?

Bei der Credit Suisse gibt es beispielsweise wenig Sensibilität für das Thema. Trotz Annahme der Minder-Initiative stieg das Gehalt von CS-Chef Brady Dougan um zwei Millionen Franken, von etwa acht 2012 auf knapp zehn Millionen 2013.

Den ersten Schritt zur Umsetzung hat der Bundesrat bereits gemacht: Die «Verordnung gegen übermässige Vergütung bei börsenkotierten Aktiengesellschaften» (VegüV) trat am 1. Januar 2014 in Kraft und soll ab 2015 für alle betreffenden Unternehmen verbindlich gelten.

Top-Unternehmen passen ihre Statuten bereits an

Insofern waren es bisher erste Trockenübungen, die einige Grossunternehmen durchführten. Erst im Frühling 2015 werden die Aktionäre an den Generalversammlungen verbindlich über die Fix-Gehälter und variablen Saläre – kurz Boni – entscheiden. Dann zeigt sich, ob ein Gehalt des Verwaltungsratspräsidenten von beispielsweise fünf Millionen Franken akzeptiert wird.

Die Stiftung Ethos hat einen Bericht über die Folgen der Minder-Initiative erstellt. Darin steht, dass bereits 71 Prozent der untersuchten Top-Unternehmen auf die Initiative reagierten. Insgesamt hat die Stiftung 150 Top-Unternehmen unter die Lupe genommen, 97 davon haben ihre Statuten bereits angepasst.

(SF-Tagesschau vom 8.10.2014: Wirkt die Abzocker-Initiative?)

 

Die Minder-Initiative ist so konzipiert, dass sie in erster Linie die Rechte der Aktionäre stärkt. Die Initiative beinhaltet keine Beschränkung der Manager-Gehälter per se. Sie überlässt den Aktionären die Entscheidung, ob eine bestimmte Summe gerechtfertigt ist oder nicht.

Boni im siebenstelligen Bereich können die Aktionäre dann immer noch gutheissen, wenn sie es als notwendig erachten. Betroffen sind aber nur Verwaltungsrat und Geschäftsleitung. Wenn Brady Dougan, wie von der Plattform Inside Paradeplatz angekündigt, Topboni an Mitarbeiter verteilt, können die Aktionäre keinen Einfluss darauf nehmen.

Goldene Fallschirme sind verboten

Geht die Abzocker-Initiative an den Erwartungen der Stimmbürger vorbei? Vermutlich nicht. Einige Top-Unternehmen haben die Saläre ihrer Manager bereits freiwillig heruntergeschraubt. Zum Beispiel bei der Novartis erhalten die Verwaltungsratsmitglieder im Geschäftsjahr 2014 insgesamt acht Millionen Franken, im vorigen Jahr waren es etwa 13 Millionen.

Ein anderes Thema sind die Abgangsentschädigungen, häufig als «goldene Fallschirme» bezeichnet. Laut Initiativ-Text sind diese verboten, in der Praxis wird das Verbot aber umgangen – mit sogenannten Konkurrenzverbotsklauseln. Das heisst: Wenn ein Manager geht, kann das Unternehmen ein Konkurrenzverbot für ein Jahr über ihn verhängen und ihm für diese Zeit weiterhin ein reguläres Gehalt bezahlen.

Um eine solche Abgangsentschädigung ging es im Fall Vasella, der von Novartis eine Abfindung von 72 Millionen Franken erhalten sollte und schliesslich unter dem öffentlichen Druck darauf verzichtete.

Vorher oder nachher abstimmen?

Eine entscheidende Frage bleibt offen: Stimmen die Aktionäre im Voraus über maximale Beträge ab oder sollen sie Boni und Gehälter im Nachhinein absegnen? Im Nachhinein würde bedeuten, die Geschäftsleitung bestimmt die Höhe der Saläre, wenn die Aktionäre aber nicht damit einverstanden sind, steht die Geschäftsleitung vor einem Problem. Sie müsste dann bestimmte Zahlungen rückgängig machen.

Die Stiftung Ethos spricht sich dennoch für diese Variante aus: «Nur so kann man genau den Zusammenhang zwischen Leistung und Lohn nachfolgen.» Bei einem positiven Geschäftsjahr kann die Generalversammlung beispielsweise eine höhere Entschädigung genehmigen, als wenn das Unternehmen in einem Jahr dunkelrote Zahlen schreibt.

Bei der CS favorisiert man die Entscheidung im Voraus. Bei den variablen Salären (Boni) soll ein maximaler Betrag festgelegt werden, der dann im folgenden Geschäftsjahr nicht überschritten werden darf.

An den Generalversammlungen im Frühling wird sich zeigen, was die Abzocker-Initiative taugt.

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