Wer die Messehalle 1 betritt, spürt nichts von Krise. Wie eh und je leuchten die grossen Markennamen der Schweizer Uhrenindustrie von den Fassaden ihrer Indoor-Paläste auf die Besucher hinab: Rolex, Patek Philippe, Omega, Hublot, Blancpain, Tissot und wie sie sonst alle heissen. Nur die Brands von Richemont (etwa IWC oder Jaeger-LeCoultre) sind nicht dabei – waren sie als zentrale Aussteller des Genfer Konkurrenz-Salons International de la Haute Horlogerie (SIHH) aber auch früher nicht.
Und auch die Hostessen-Dichte ist gleich, besonders auffällig beim Genfer Luxuslabel Jacob & Co., dessen Stand noch immer an ein Edel-Bordell erinnert. Bei Bulgari schwärmt ein in Insiderkreisen offenbar sehr bekanntes japanisches Model von einem Armband, das so bequem sei, dass sie es jeden Tag tragen könne.
Baselworld in der Krise
Dabei ist ja Krise. Eine mächtige gar, wie in den vergangenen Monaten in den Zeitungen weltauf, weltab zu lesen war. Und sogar die MCH Group mochte nicht mehr frohlocken, sprach von grossen Veränderungen, die an den Grundfesten der Basler Leitmesse und des Messewesens an sich rüttelten. Die Folge: Nur noch halb so viele Aussteller sind da, die Messedauer wurde um zwei Tage verkürzt, die Standmieten und Hotelzimmerpreise wurden gesenkt, der Zeithorizont für die MCH Group ist mit düsteren Wolken verhangen, die Jahresrechnung weist ein Minus aus.
Zur Messeeröffnung indes waren pure gute Laune und viel Optimismus angesagt. Messeleiterin Sylvie Ritter sagte zwar, dass sie nervös sei, hob dann aber sogleich zur «Klarstellung der vielen Spekulationen» an. Ja, die Branche befinde sich im Wandel, ein Konzentrationsprozess sei ausgelöst worden, was letztlich die Grossen der Branche stärke. Und genau auf diese setze die Baselwold – fünf der sechs grossen Schweizer Uhrenkonzerne seien da. «Baselworld gewinnt ein klareres Profil und vereint die Elite der Branche; nicht unbedingt alle, aber die besten», sagte sie vor mehreren Hundert Medienvertretern.
Ihr zur Seite standen ein paar der wichtigen Branchenvertreter: Karl-Friedrich Scheufele, CEO von Chopard, sagte, dass er noch immer das ganze Jahr sehnsüchtig auf die Messe warte, um seine Produkte mit fair gewonnenem Gold, wie er betonte, anzupreisen. Eric Bertrand, Präsident des Ausstellerkomitees, bezeichnete die Baselworld als unverzichtbaren Treffpunkt und Fest für die Branche. Und Tissot-Chef François Thiébaud erinnerte daran, dass sich die Schweizer Uhrenindustrie von der Krise im Jahr 2015 gut erholt habe.
Am Schluss eine «Retraite»
Nur eines trübte den geballten Optimismus etwas – wenn wohl nicht absichtlich. Am Schluss der Medienorientierung trommelte die Basler Tambourengruppe Stickstoff zum Einmarsch in die Messehallen. Der Marsch, den sie dafür gewählt haben, heisst «Retraite».
Das Ganze hatte den Ruch von Durchhalteparolen. Journalistenkollegen, die sich in der Branche besser auskennen, glauben zu wissen, dass auch die ganz grossen Namen kurz davor sind, ihr Basel-Engagement endgültig zu streichen. Sie würden nur noch auf die Amortisation ihrer sündhaft teuren Stände warten, sagt einer. Und wenn Rolex gehe, habe das letzte Stündchen der Messe geschlagen.
Nun ist Rolex aber noch da. Und auch die branchenfremde Prominenz wird antanzen. Etwa Diego Maradona, der für Hublot beziehungsweise dessen Uefa-League-Uhr zum Fussball-Event antraben wird.
Und wie man ja weiss: Nirgendwo sind sich Sein und Schein so verwechselbar nahe wie im Luxussegment.