Die Apple Watch hat ein Problem – sie ist, wie Steve Jobs sie wollte

Mit etwas Glück erhalten die ersten Apple-Nutzer heute ihre neue, smarte Uhr. Doch um ein Blockbuster zu werden, fehlt ihr noch ein entscheidendes Detail. Eines, gegen das sich Steve Jobs in der Vergangenheit mit Händen, Füssen und Kraftausdrücken gewehrt hatte.

A man stands outside an Apple Store displaying images of Apple Watch before the shop opens in Hong Kong, China, April 24, 2015. The Apple Watch goes on sale around the world on Friday, the final stage of a protracted launch of Apple Inc Chief Executive Tim Cook's first new product, capping months of publicity and a frenetic two weeks of pre-orders. REUTERS/Bobby Yip (Bild: BOBBY YIP)

Am Freitag – 24. April – startet der Verkauf der Apple Watch. Mit etwas Glück erhalten nun die ersten Kunden in Japan, Deutschland und den USA ihre neue, smarte Uhr. Doch um ein Blockbuster zu werden, fehlt ihr noch ein entscheidendes Detail. Eines, gegen das sich Steve Jobs in der Vergangenheit mit Händen, Füssen und Kraftausdrücken gewehrt hatte.



Customers queue up as they wait to buy the Apple Watch at a store in Berlin, Germany, April 24, 2015. The Apple Watch goes on sale around the world on Friday, the final stage of a protracted launch of Apple Inc Chief Executive Tim Cook's first new product, capping months of publicity and a frenetic two weeks of pre-orders. REUTERS/Hannibal Hanschke

Customers queue up as they wait to buy the Apple Watch at a store in Berlin, Germany, April 24, 2015. The Apple Watch goes on sale around the world on Friday, the final stage of a protracted launch of Apple Inc Chief Executive Tim Cook’s first new product, capping months of publicity and a frenetic two weeks of pre-orders. REUTERS/Hannibal Hanschke (Bild: HANNIBAL HANSCHKE)

Die Apple Watch ist auf bestem Wege, zur erfolgreichsten Computeruhr der Welt zu werden. Doch es fehlt ihr noch ein entscheidendes Detail, um zu einem Blockbuster zu werden, der Apple würdig ist – wie etwa das iPhone oder der iPod. Die Uhr ist noch nichts mehr als eine zwar schicke, aber auch sehr teure iPhone-Erweiterung. Sie ist nicht kompatibel mit der ganz grossen Mehrheit der Smartphones. Weit über 80 Prozent, um genau zu sein.

Ein Blick in die Unternehmensgeschichte zeigt: Steve Jobs hätte die Uhr so wohl ganz gut gefallen. Jobs war besessen von derartigen Produkten: Hardware, Software, Betriebssystem – alles von Apple, alles unter Kontrolle. In Theorie war das auch immer ganz hübsch, doch in der Praxis hat das für Apple nie funktioniert. Das zeigen die beiden einflussreichen Management-Professoren Michael Cusumano und David Yoffie – Professoren an der MIT respektive Harvard-Universität – in ihrem neuen Buch «Strategy Rules». Sie analysieren darin Apples, Microsofts und Intels Aufstieg zu globalen Tech-Phänomenen und stellen fünf Regeln auf. Eine davon: Firmen müssen als Plattformen funktionieren, die Kunden, Entwickler und Inhalte-Anbieter zusammenbringen.



FILE - In this June 7, 2010, file photo, Apple CEO Steve Jobs holds a new iPhone at the Apple Worldwide Developers Conference in San Francisco. Two tech titans are squaring off in federal court Monday in a closely watched trial over control of the worldwide smart phone and computer tablet markets. Apple Inc. filed a lawsuit against Samsung Electronics Co. last year alleging the world�s largest technology company�s smart phones and computer tablets are illegal knockoffs. Samsung countered that it�s Apple that is doing the stealing and, besides, some of the technology at issue such as the rounded rectangular designs of smart phones have been industry standards for years. (AP Photo/Paul Sakuma, File)

Wäre stolz auf die Apple Watch – aber das macht sie nicht zum Erfolg: Der verstorbene Steve Jobs wollte exklusive Produkte für Apple-Kunden, doch erst die Öffnung brachte den riesigen Erfolg. (Bild: PAUL SAKUMA)


Erst als sich Verfechter dieser Theorie innerhalb Apples durchsetzten, entstand das Unternehmen, das wir heute kennen. «Apple wurde erst 2004 zur erfolgreichen Firma», sagte Cusumano in einem Gespräch. «Damals öffnete sich Apple erstmals ein wenig.» Steve Jobs wehrte sich bis zum Schluss, wie ein Blick zurück zur Einführung des iPods zeigt. In Apples Chefetage entbrannte ein heftiger Streit, wie Cusumano und Yoffie, aber auch Walter Isaacson in seiner Jobs-Biografie beschreiben. Denn als das Gerät 2001 auf den Markt kam, konnte es einzig in Verbindung mit einem Mac-Computer genutzt werden. Nur sie konnten Musik auf das mobile Gerät laden. Eine teure, tragbare Erweiterung für Mac-Nutzer.

Jobs brüllte: «Ich hab die Schnauze voll, euch Arschlöchern zuzuhören. Macht doch was ihr wollt.»

«Die Entscheidung, den wirklichen Massenmarkt total zu ignorieren – die 95 Prozent der PC-Nutzer, die Windows-Maschinen hatten – war Jobs in Reinkultur», sagt Cusumano. «Das war eine verpasste Chance.» Wie gross diese Chance war, entging damals auch Jobs‘ Top-Managern nicht. Sie versuchten ihren CEO immer wieder zu einer Strategie-Änderung zu bringen. Der iPod verkaufte sich nur schleppend. In den ersten zwei Jahren wurde Apple nur ein paar hunderttausend Geräte los.

Immer wieder versuchte Apples Führungsteam Jobs umzustimmen. Immer wieder sagte er Nein. «Nur über meine Leiche», würden Windows-Nutzer einen iPod in die Finger bekommen, sagte Jobs der Biografie von Walter Isaacson zufolge. «Während Monaten war das ein riesiger Streit», erzählte Jobs Isaacson. «Es waren alle gegen mich.» Auch am Tag, an dem sich Jobs endlich der Realität und dem Wunsch seines engsten Zirkels beugte: «Ach Scheisse», brüllte Jobs in die versammelte Runde. «Ich hab die Schnauze voll, euch Arschlöchern zuzuhören. Macht doch was ihr wollt.»

Der möglicherweise wichtigste Moment in Apples Geschichte

Das war wohl nicht der harmonischste Moment in der Geschichte Apples, aber möglicherweise der wichtigste. «Sich mehr Menschen als nur Mac-Nutzern zu öffnen, war ein Wendepunkt», sagt Cusumano. Ein Jahr nach dem Launch lieferte Apple den ersten iPod aus, der auch mit Windows-Computern kompatibel war. Ein Jahr später – im Oktober 2003 – schob Apple iTunes nach, so dass auch das Zusammenspiel von iPod und PC reibungslos funktionierte. Dank der «besten App für Windows, die je geschrieben wurde», wie Jobs die neue Software nun bezeichnete. «Damit war Apple zur ‹Plattform-Firma› geworden», sagt Cusumano. Im Oktober 2003 kam iTunes für Windows auf den Markt und funktionierte für sie als Tür in die Apple-Welt.

Der Strategie-Wechsel funktionierte: In den knapp eineinhalb Jahren danach verkaufte Apple nicht mehr bloss hunderttausende iPods, sondern Millionen. Auf dem Höhepunkt des iPod-Erfolgs, waren vier Mal so viele der Musikspieler auf dem Markt wie Mac-Computer: Um die 100 Millionen Stück. Das war 2007. Mittlerweile war iTunes zum grössten Musikladen der Welt geworden, und funktionierte auch für die Käufer neuer iPhones als Türe in Apples Ökosystem.

Doch bei der Apple Watch hilft auch iTunes nicht. Wie der iPod 2001 ist die Computeruhr alleine wertlos. Damals kam der Musikspieler nur für 5 Prozent der Computer-Nutzer überhaupt in Frage. Im Falle der Apple Watch sind es knapp 15 Prozent der Smartphone-Nutzer, zeigen Zahlen des Marktforschers IDC. Zwar reicht das für eine Menge; ein, zwei, vielleicht drei Millionen waren es bereits in der ersten Woche, je nachdem welcher Schätzung man glaubt. Das beeindruckt aber nur im Vergleich mit anderen Smartwatches. Denn im Vergleich mit Apples Erfolgen mit iPod und iPhone kann die Watch so nur zur Enttäuschung werden.

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