Die Hotellerie in Basel boomt (und zwar nicht nur während der Art)

Der Tourismus in Basel floriert. Nicht einmal der Frankenschock kann das Wachstum stoppen. Und keine andere Schweizer Stadt verzeichnet eine derartige Zunahme der Übernachtungen.

In Basel herrscht ein Mangel an Luxusherbergen: das Atrium des Hotels Trois Rois.

(Bild: Hotel Trois Rois)

Der Tourismus in Basel floriert. Nicht einmal der Frankenschock kann das Wachstum stoppen. Und keine andere Schweizer Stadt verzeichnet eine derartige Zunahme der Übernachtungen.

An der alteingesessenen Gruppe von Alkoholikern beim Kiosk eilen kleine Gruppen von elegant gekleideten Männern und Frauen aus Fernost vorbei. Und neben den Koran- und Bibel-Infoständen warten langbeinige Models in High Heels an den Füssen und Gucci-Täschchen unter dem Arm aufs Tram.

Es ist ein merkwürdiges Bild, das der Claraplatz alljährlich in der zweiten Märzhälfte abgibt. Dann, wenn die Baselworld die luxuriös-glitzernde Uhren- und Schmuckwelt nach Basel lockt. 150’000 Besucherinnen und Besucher sowie die vielen Hostessen und Manager der 1500 Ausstellungstempel sorgen dafür, dass weit über Basel hinaus alle Hotelbetten restlos ausgebucht sind.

Und nicht nur das: Viele Basler stellen über diese Tage gegen gutes Entgelt ihre Wohnungen als Herberge zur Verfügung. Und am Rheinufer schneiden sich zahlreiche Hotelschiffe ein Stück vom prallen Gästekuchen ab.

Baselworld, Art und Tattoo sorgen für Höhepunkte

Der rund einwöchige Einfall der internationalen Uhren- und Schmuckwelt markiert seit Jahren den Auslastungshöhepunkt im Basler Tourismusjahr. Dies aber in einem Monat, der über die ganzen 31 Tage gesehen mit einer durchschnittlichen Bettenauslastung von 48,2 Prozent (2015) nicht zu den stärksten gehört. Die Spitzenmonate sind der Juni mit der Art Basel und der Juli, der von der Unterbringung der Besucher und der Hundertschaften an Beteiligten des Basel Tattoo profitiert.

Aber auch in diesen Monaten übersteigt die durchschnittliche Belegung der Hotelbetten die 50-Prozent-Marke nur knapp. Dies obwohl die Hotelübernachtungen in absoluten Zahlen seit vielen Jahren stetig ansteigen und 2015 mit hochgerechneten 1,2 Millionen Übernachtungen einen neuen Höhepunkt erreichen werden.

In absoluten Zahlen gesehen boomt der Tourismus in Basel. Und ganz im Gegensatz zu den klassischen Feriendestinationen in den Bergen läuft das Geschäft auch in den anderen grossen Schweizer Städten gut. Zürich und Genf sind mit 2,9 Millionen beziehungsweise über 2 Millionen Übernachtungen (2014) die Schweizer Spitzenreiter.

Trotz Frankenschock stiegen die Übernachtungszahlen 2015 um vier Prozent.

Aber nirgendwo ist der jährliche Zuwachs so gross wie in Basel. Von 2013 bis 2014 stieg die Zahl der Hotelübernachtungen um 5,2 Prozent an. Das ist mehr als überall sonst in der Schweiz. Noch viel auffälliger präsentiert sich das Wachstum im langjährigen Vergleich: In den 14 Jahren zwischen 2000 und 2014 legte Basel um enorme 78 Prozent zu. In Zürich betrug das Wachstum im gleichen Zeitraum 30 Prozent. Von 1960 bis 2000 hingegen dümpelten die Übernachtungszahlen in Basel im Bereich zwischen 600’000 und 700’000 vor sich hin.

In der Rangliste der Schweizer Tourismusdestinationen kletterte Basel zwischen 2000 und 2014 vom achten auf den fünften Platz und liess damit die klassischen Ferienorte Davos und St. Moritz, aber auch die Städte Bern und Lausanne weit hinter sich. Und die noch vor Basel rangierenden Vorzeigeorte Luzern und Zermatt liegen in Reichweite.

Auch wenn die Zahlen von Dezember 2015 noch ausstehen, rechnet der Direktor von Basel Tourismus Daniel Egloff auch für das Jahr 2015 mit einem bemerkenswerten Wachstum von rund vier Prozent. Bemerkenswert deshalb, weil auch Basel durch die Aufhebung des Euro-Mindestkurses im vergangenen Jahr vor allem für Gäste aus der EU massiv teurer geworden ist. «Ohne den Frankenschock hätten wir mit einer Zuwachsrate von bis zu sieben Prozent rechnen können», sagt Egloff.

Am Wochenende sinken die Zimmerpreise

Der Tourismusstandort Basel profitiert laut Egloff vor allem vom soliden und überdurchschnittlichen Wachstum der grossen Pharmafirmen und vom wachsenden Geschäft mit Kongressen und letztlich auch mit den Messen. Das deutet auf ein starkes Ungleichgewicht zugunsten des Geschäftstourismus hin.

«Der Geschäftstourismus ist nach wie vor mit ziemlichem Abstand unsere Haupteinnahmequelle», bestätigt Felix Hauser, Präsident des Basler Hoteliervereins und Direktor des Businesshotels Radisson Blu in Basel. «Die Prosperität von Novartis und Roche ist neben dem Messe- und Kongresstourismus absolut entscheidend für unser Geschäft», sagt er. «Das heisst, dass wir Montag bis Donnerstag sehr gut belegt sind, während es ab Freitag und übers Wochenende runter geht.»

Franz Xaver Leonhardt, Direktor des Hotels Krafft am Rhein und des vor wenigen Tagen neu eröffneten Designhotels Nomad am Brunngässlein, erwähnt einen weiteren Aspekt, der auf das Übergewicht des Geschäftstourismus hindeutet: «Viele Hotels müssen die Zimmerpreise an den Wochenenden leider wesentlich senken», sagt er.

Freizeittourismus holt auf

Das Ungleichgewicht war früher noch ausgeprägter als heute. «Basel hat in den vergangenen zehn Jahren auch im Freizeittourismus kräftig zulegen können», sagt Egloff. Als Gründe nennt er den Sonderausstellungs-Hype der Basler Museen sowie populäre Events wie das Basel Tattoo im Juli und den Weihnachtsmarkt im Dezember. Die Städtereise-Destination Basel profitiert auch davon, dass der EuroAirport Basel-Mulhouse sich als Homebase von Billig-Fluggesellschaften etablieren konnte.

«Basel Tattoo und der Weihnachtsmarkt sorgen tatsächlich für eine gleichmässigere Auslastung in Monaten, die früher zu den schlechten gehörten», bestätigt Leonhardt. «Basel ist für auswärtige Gäste in den letzten Jahren ganz allgemein gesehen attraktiver geworden», sagt er. Tatsächlich hat sich der Juli in den vergangenen zehn Jahren von einem der schwächsten zu einem der stärksten Monate entwickelt.

Das Wachstum im Tourismus lässt sich aber nicht alleine mit den Übernachtungszahlen der Hotels belegen. Im Einklang mit dem Trend legte auch der Parahotelleriebereich, insbesondere die Privatunterkunfts-Plattform Airbnb, massiv zu. Laut einer Studie des Walliser Tourismus Observatoriums hat dieser Bereich in Basel in den letzten Jahren geradezu explosionsartig zugenommen.

Airbnb boomt, doch die klassischen Basler Hotels betrachten das wachsende Angebot an Privatunterkünften gelassen.

Laut dieser Studie entspricht das Airbnb-Angebot bereits 31 Prozent des Hotelbettenangebots. Das ist weit mehr als in anderen Städten und liegt deutlich über dem gesamtschweizerischen Durchschnitt, der in der Studie mit 13 Prozent ausgewiesen wird. «Airbnb konkurrenziert die klassische Hotellerie», heisst es in der Studie.

Eine vergleichende Studie über den Freizeittourismus in Basel aus dem Jahr 2013 hat noch eine weitere überraschende Zahl bereit. So hatte über ein Drittel der befragten Touristen in Basel angegeben, in Wohnungen von Freunden oder Verwandten zu wohnen.

Die klassischen Basler Hotels betrachten das wachsende Angebot an Privatunterkünften gelassen. «In Basel haben sich ja bereits vor Airbnb vor allem während den Weltmessen Art und Baselworld Plattformen zur Vermittlung von Privatunterkünften etabliert», sagt Felix Hauser vom Hotelier-Verein. «Was uns aber stört, ist die Tatsache, dass hier bei den gesetzlichen Bestimmungen nicht mit gleichen Ellen gemessen wird.» Das betrifft die Erhebung der Gasttaxe sowie Hygiene- und Brandschutzrichtlinien.

Hotels erhalten Konkurrenz in den eigenen Reihen

Noch können Anbieter beziehungsweise Gäste im Bereich der «Share Economy» noch nicht zur Zahlung einer Gasttaxe verpflichtet werden. Es gibt allerdings Vermittlungs-Plattformen, die das freiwillig tun. Dazu gehört Basellodging, die vor allem die Zusatznachfragen während den grossen Messen abdeckt. «Wir sind Mitglied von Basel Tourismus und legen Wert auf ein gutes Verhältnis zu den klassischen Hotels», sagt Operations Manager Nicole Bell.

Entsprechend ist die Gasttaxe Teil des Übernachtungspreises. «Unsere Gäste erhalten damit das Mobility Ticket, also freie Fahrt in den öffentlichen Verkehrsmitteln, was sie sehr schätzen», sagt Bell. Basellodging hebt sich auch sonst von gängigen Airbnb-Angeboten ab. So schickt die Plattform täglich Reinigungsteams durch die untervermieteten Wohnungen.

Mehr Grund zur Beunruhigung dürfte der klassischen Hotellerie, zumindest auf den ersten Blick, die wachsende Konkurrenz in den eigenen Reihen bereiten. Allein 2014 haben in Basel drei neue Hotels mit rund 400 Zimmern ihre Türen geöffnet. Zwischen 2001 und 2014 ist die Zahl der Hotelbetten von 3778 auf 6766 massiv angestiegen. Und bis 2020 werden nochmals über 600 Zimmer dazukommen.

Diese Zahlen bereiten Daniel Egloff von Basel Tourismus keine Sorgen. Er freut sich im Gegenteil darüber, dass der Platz Basel von internationalen Hotelprofis als attraktives Pflaster betrachtet werde. «Bevor heute jemand in ein Hotel investiert, wird gut gerechnet», sagt er.

«Wenn ich mir keine guten Chancen ausrechnen könnte, hätte ich es nicht gemacht.»


Franz-Xaver Leonhardt, Hotel Nomad

Aber nicht nur internationale Ketten wie Accor, die mit verschiedenen Novotel-, Ibis- und Pullmann-Hotels in Basel bereits stark vertreten ist, hoffen auf gute Geschäfte. «Wenn ich mir keine guten Chancen ausrechnen könnte, hätte ich es nicht gemacht», sagt Franz-Xaver Leonhardt, der nach seinem Stammhaus, dem Hotel Krafft, am 4. Januar 2016 sein neues Hotel Nomad still eröffnet hat – die offizielle Eröffnung mit einer grossen Party folgt am 23. Januar.

Zwar räumt er ein, dass die Planung des neuen Vier-Sterne-Designhotels lange vor dem Frankenschock vor einem Jahr begonnen hat. «Es zeichnet sich aber ab, dass der Platz Basel diese Situation gut verkraften kann», sagt er. Und fügt selbstbewusst hinzu, dass das Bedürfnis nach einem aussergewöhnlichen und guten Hotel sicherlich da sei.

Dem pflichtet Hotelier-Vereins-Präsident Hauser bei. «Eine gewisse Konkurrenz, vor allem aber eine breite Palette des Angebots, bringt die ganze Destination weiter», sagt er. Er sieht in der Angebotspalette aber weiter Lücken klaffen. «Gegenwärtig gibt es in Basel mit dem ‹Les Trois Rois› gerade mal ein einziges Fünf-Sterne-Haus, das ist deutlich zu wenig», sagt er. Trösten kann er sich mit einem Blick in die Zukunft: 2020 wird ein neues Mövenpick-Hotel für zusätzliche Luxusunterkünfte sorgen.

Auch Baselland im Aufwärtstrend
Baselland Tourismus freut sich über einen Aufwärtstrend bei den Hotelübernachtungen. 2014 haben die Logiernächte in den Baselbieter Hotel- und Kurbetrieben um 9 Prozent zugenommen. In absoluten Zahlen ausgedrückt, übernachteten 2014 rund 309’500 Personen in den 55 Hotelbetrieben im Baselbiet.

 

 

 

 

 

Nächster Artikel