Die Schweiz hat keine Bodenschätze. Im Handel mit Rohstoffen gehört sie trotzdem zur Weltspitze.
Erdöl: 800 Millionen Tonnen pro Jahr
Mehr als ein Drittel des weltweit gehandelten Öls wird über die Drehscheibe Schweiz vermarktet. Die wichtigsten Player sitzen in der Region Genf, aber auch im Kanton Zug. Würde dieses Handelsvolumen – rund 800 Millionen Tonnen pro Jahr – tatsächlich in die Schweiz transferiert, hätten wir für die nächsten 70 Jahre auf jeden Fall immer warm genug.
An diesem Handel beteiligt sind weitgehend unbekannte Firmen wie Trafigura, Mercuria, Gunvor oder Litasca (eine Tochtergesellschaft der russischen Lukoil). Die in Genf ansässige Vitol setzt allein mit Öl 200 Milliarden Dollar um. Sie hat sich jüngst besonders vehement gegen alle Versuche ausgesprochen, dem Rohstoffgeschäft steuerliche und rechtliche Fesseln anzulegen. Dann, drohte Vitol-Spartenchef David Fransen, werde man sich eben einen anderen Standort suchen.
Tantal: An unseren Handys klebt Blut
Tantal ist ein äusserst seltenes Metall, derzeit doppelt so teuer wie Silber (bei besonderer Reinheit sogar bis zu viermal so teuer). Es ist äusserst flexibel und unverwüstlich. Angewendet wird es in elektronischen Geräten von Handys über Laptops und Spielkonsolen bis zu Digitalkameras, aber auch für chirurgische Geräte. Das Erz wird in Australien (850 Tonnen pro Jahr), Brasilien (250 Tonnen) und Kanada abgebaut, vor allem aber in Afrika, wo die weltweit grössten Vorkommen liegen (mindestens 25 Prozent der Weltreserven).
Wichtigstes afrikanisches Abbaugebiet ist die Demokratische Republik Kongo, wo das Zuger Rohstoffunternehmen Glencore über seine Tochter Katanga Mining tätig ist. Dieser werfen Entwicklungshilfeorganisationen vor, dass der Tantal-Abbau in Afrika unter menschenunwürdigen und umweltfeindlichen Bedingungen erfolge. Das Herkunftsland werde um erhebliche Einnahmen geprellt, ausserdem klebe am Tantal buchstäblich Blut. Würden alle diese Kollateralschäden in die Herstellungskosten unserer Handys eingerechnet, würden diese wahrscheinlich mehrere Tausend Franken kosten. Nicht nur die Rohstoffhändler bereichern sich also auf Kosten der Minenarbeiter – auch wir telefonieren auf ihre Kosten.
Kaffee und Kakao: Weltmacht Schweiz
In Sachen Kaffee und Kakao ist die Schweiz eine Weltmacht. Mehr als die Hälfte des weltweit gehandelten Kaffees geht durch Schweizer «Bücher». Die Spitzenposition nimmt die Winterthurer Volcafe ein. Die Firma ist ein Überbleibsel der früheren Volkart-Gruppe, die unter dem Dach der englischen ED&F Man Unterschlupf gefunden hat und dort zur Nummer zwei im weltweiten Kaffeehandel avancierte – knapp hinter der deutschen Neumann-Gruppe, die freilich ebenfalls eine Niederlassung in der Schweiz betreibt.
Beim Kakao operieren alle drei Giganten von der Schweiz aus, Cargill und Archer Daniels Midland (ADM) vorwiegend als Händler, Barry Callebaut (15 Prozent Weltmarktanteil) in erster Linie als Einkäufer für die eigene Produktion von Schokolade-Zwischenprodukten.
Baumwolle: Ein Fünftel des Weltmarkts
Im Baumwollhandel ist das letzte verbliebene traditionelle Schweizer Handelsunternehmen im Geschäft die Winterthurer Paul Reinhart AG. Sie setzt rund 800 Millionen Franken um und gehört damit immer noch zu den Top Ten dieser Branche – auch wenn sie in letzter Zeit Mühe mit ihren ausländischen Beteiligungen bekundete.
Aber auch die wirklich Grossen dieser Sparte sind von der Schweiz aus tätig, darunter die drei Grössten Louis Dreyfus, Cargill und Olam, aber auch die eher auf Energie- und Metall-Rohstoffe konzentrierte Glencore. Insgesamt werden über 20 Prozent der Baumwolle über die Drehscheibe Schweiz gehandelt.
- Rohstoff – Das gefährlichste Geschäft der Schweiz (2012); Erklärung von Bern (EvB)