Ex-Banker erhebt Vorwürfe gegen BKB

Nach dem Auffliegen des ASE-Betrugsskandals musste der langjährige Leiter des Zürcher BKB-Ablegers seinen Posten räumen. Und er handelte sich ein Verfahren der Finma ein. In seiner Einvernahme kritisiert er die Bank scharf. Das geht aus dem vertraulichen Protokoll hervor.

Sagte vor der Finma gegen seine Ex-Bank aus: der frühere BKB-Topshot Hans Ringger. (Bild: Hansjörg Walter)

Nach dem Auffliegen des ASE-Betrugsskandals musste der langjährige Leiter des Zürcher BKB-Ablegers seinen Posten räumen. Und er handelte sich ein Verfahren der Finma ein. In seiner Einvernahme kritisiert er die Bank scharf. Das geht aus dem vertraulichen Protokoll hervor.

Niemals hätte er auf andere Leute eingedroschen, sagt Hans Ringger, «wenn sie mich normal behandelt hätten». Doch das haben sie nicht in seinen Augen, die Chefs der Basler Kantonalbank, als sie ihn, den langjährigen Leiter der Zürcher BKB-Filliale, 2013 in Pension schickten. Schon Ende 2011 hatte ihm die BKB die Leitung in Zürich entzogen.

Vorhergegangen war einer der grössten Fälle von Anlagebetrug in der Schweiz. Mittendrin: Die Basler Kantonalbank, insbesondere aber ihre Zürcher Aussenstelle, die den mutmasslich kriminellen Vermögensverwalter ASE betreute. Gegen den Geschäftsführer der Fricktaler Firma ermittelt die Staatsanwaltschaft, ebenso gegen den früheren Mitarbeiter der BKB in Zürich G, der dort für die ASE zuständig war.

Die ASE hatte gesamthaft über 800 Kunden um ihr Geld gebracht, die Schadenssumme soll sich auf 300 Millionen Franken belaufen, alleine 100 Millionen gingen über BKB-Konten verloren. Das Basler Finanzinstitut fungierte als Depotbank, wickelte die Zahlungen ab und führte die Konten.

Gefälschte Faxaufträge

Mittels gefälschten Zahlungsaufträgen und geheimen Devisenkonten veruntreute die ASE das für Devisengeschäfte gedachte Geld der Anleger während Jahren, bis sich ein misstrauischer Kunde 2012 bei der BKB meldete und die Bank daraufhin Strafanzeige erstattete. Dass die Bank aktiv an der Verschleierung verdächtiger Vorgänge mitgewirkt hat, darauf deuten Dokumente hin, welche die TagesWoche am Donnerstag veröffentlichte.

Ringger wiederum steht im Fokus der Finanzmarktaufsicht (Finma), die gegen den Banker ein Verwaltungsverfahren im Zusammenhang mit dem ASE-Fall eröffnet hat. Seither ist er beschäftigungslos. Als die Finma ihre Untersuchung gegen ihn aufnahm, stellte ihn sein neuer Arbeitgeber, die Liechtensteiner VP Bank, frei.

Vertrauliches Protokoll

Der TagesWoche liegt das Einvernahmeprotokoll Ringgers bei der Finma vor, die den ehemaligen Spitzenbanker am 11. Juni ausgiebig zum Betrugsskandal befragt hat. Schliesslich lastete die BKB ihm und der Zürcher Private Banking Filiale unter seiner Leitung das Hauptversagen an. In verschiedenen Medienberichten wurde Ringger und dessen Truppe als geldgierige Gilde dargestellt, die mit allerlei Tricks den Hauptsitz hinters Licht geführt habe. Dieser hätte sich vor allem vorzuwerfen, so vermittelt es auch die Eigendarstellung der Staatsbank, nicht genügend kontrolliert und hingeschaut zu haben.

Was Ringger nun an diesem sonnigen Tag im letzten Juni kurz nach Ablauf der Mittagspause vor den Ermittlern der Finma aussagte, ergibt ein anderes Bild als jenes, das die Bank skizziert.

Für seine Arbeit, sagt Ringger, habe er einen Fixlohn von 270’000 Franken erhalten, dazu seien Boni zwischen 600’000 und 800’000 Franken jährlich gekommen. Den Anteil, der ihm die ASE einbrachte, sei verglichen damit bescheiden gewesen. Er habe nur 20’000 Franken ausgemacht. Darum geht es in Frage 9 der Finma.

9. Wie stark hing ihr Bonus vom Geschäftserfolg mit der ASE ab?

«Das war ein sehr, sehr kleiner Teil. Wir haben an der ASE im Jahr – in den guten Jahren – ca. 4 Millionen Franken verdient netto. Davon blieb eine Million in Zürich, und bis zu drei Millionen flossen nach Basel. Von dieser Million in Schweizer Franken haben wir 15 Prozent bekommen, das sind 150’000 Franken, die wir auf zehn Leute aufteilen mussten.» 

Die Bank verdiente vor allem dann viel, wenn die Konten der Kunden im Minus lagen, weil sie dann einen Strafzins geltend machen konnte.

Das Geschäftsmodell der ASE sorgte immer wieder für Erklärungsbedarf intern, weil viele Konten der Anleger ins Minus abrutschten, als die ASE das Geld wahrscheinlich rechtswidrig absaugte. Doch die BKB habe immer genau gewusst, was die ASE vorgab zu machen, sagt Ringger. Wen genau er bei der BKB damit meint, will die Finma wissen.

11.6 Sie reden von G. jeweils?

«Ich rede von G. und vielleicht auch von den beiden anderen Kollegen. Herr Genhart (damaliger Leiter Firmenkunden) und Herr Lachappelle (heutiger BKB-Chef) waren ja immer involviert in die ganze Sache. Ich habe mindestens einmal im Jahr seit 2006 mit Sch. (ASE-Geschäftsführer) ein Meeting mit Matter (Ex-BKB-Direktor), mit Genhart, als er noch verantwortlich war, mit Lachappelle und G. arrangiert. Sch. hat sein Geschäftsmodell erklärt. Natürlich nicht, dass es die Unterschriften alle fälscht, aber er hat sein Geschäftsmodell erklärt. Und die Leute waren nachher, das habe ich alles nochmals nachgelesen, eigentlich immer zufrieden.»

Der Kreditausschuss der Bank wurde im Sommer 2009 skeptisch und forderte am 20. August 2009 weitere Informationen zum ASE-Anlagevehikel und den finanziellen Verhältnissen der ASE an. Der Hauptsitz, oft Matter selber, soll die entsprechenden Aufträge herausgegeben haben. Doch dann sei nichts geschehen. Als man das realisiert habe, sei der Auftrag immer weiter herausgeschoben worden. Aus einem einfachen Grund, sagt Ringger: «Damit man den Kunden nicht verliert.»

«Du schaust dann…»

Obwohl sich die Anzeichen häuften, dass etwas mit der ASE nicht stimmt, hielt die BKB an ihrem Kunden fest. Als das Magazin «K-Tipp» anfangs 2010 verdächtige Vorgänge auf den Konten eines Anlegers beschrieb, habe sich die Bankführung von Sch. beschwichtigen lassen, es sei nichts dran an der Geschichte. «Einen Tag später habe ich von diesen Herrschaften ein Telefon bekommen: Du schaust dann, dass wir diesen Kunden behalten können. Ich würde es heute nicht mehr machen.»

Es sei weniger aufgrund seines persönlichen Gewinns aus dem ASE-Geschäft gewesen, dass Ringger nicht genauer hinschaute, sagt er. Es sei der Druck gewesen, den die Bank aufgebaut habe. «Ich habe riesige Budget-Vorgaben erhalten von der BKB. Wenn die BKB inklusive des Bankrats die Ziele festgelegt haben, hat es einfach geheissen, es fehlen noch 50 oder 40 oder 30 Millionen und die Hälfte davon muss Ringger übernehmen.

Keine Besserung unter Lachappelle 

Ringgers Untergebener G. war wichtig in dieser Konstellation. «G. war im Hoch, er konnte uns drohen, dass er geht. Und man hat ihn aus diesem Grund nicht einmal gerügt.» Eine stimmige Kontrolle konnte in dieser Situation nicht stattfinden. 

Auch als Guy Lachappelle für die ASE zuständig wurde, nachdem sein Vorgänger Genhart erkrankt war, änderte sich laut Protokoll der Umgang mit dem bockigen Vermögensverwalter und dessen Handlanger in der BKB-Aussenstelle Zürich nicht. Die Order, alle ASE-Konten müssen einen Betrag von 50’000 Franken beinhalten, wurde mehrmals abgeschwächt und verschoben, bis es nur noch 250 Franken sein mussten.«Das kam von den übergeordneten Stellen, weil sie den Kunden nicht verlieren wollten», sagt Ringger.

22.2 Von wem kam es genau?

«Ich muss Matter ein bisschen in Schutz nehmen. Es kam nie von Matter, es kam eher von Genhart. Genhart wollte diesen Kunden behalten und ist immer darauf eingegangen. Herr Lachappelle übrigens nachher auch.»

Man habe ihm nie gesagt, wenn er die Sache nicht bereinige, fliege der Kunde raus, sondern habe stattdessen immer neue Möglichkeiten gesucht, den Kunden gewähren lassen zu können, so Ringger. Mit finanztechnischen Tricks habe die Handelsabteilung anfangs 2011 die ASE dabei unterstützt, einen zwischenzeitlichen Totalverlust von 100 Millionen Franken als vorschriftskonform zu kaschieren. Die bisherige Methode dazu, das sogenannte Netting, war nicht mehr erlaubt intern. Ringger sagt dazu, es könne gar nicht sein, dass einer Bank diese Vorgänge bei einer Summe von 100 Millionen Franken nicht auffallen würden: «Die haben das alles genau gewusst. Die haben uns das so empfohlen zu machen.» 

Bauernopfer Ringger?

Ringger fühlt sich heute als Bauernopfer. Er habe nur getan, was ihm immer wieder aus Basel beschieden worden sei, nämlich, dass man den Kunden unbedingt halten müsse. Und er habe die hohen Zielvorgaben umsetzen müssen. «Die BKB hat mich und Zürich ausgenutzt. Weil Zürich einfach Zürich ist und nicht Basel.»

Seine Aussagen fliessen nicht mehr in die Untersuchung der Finma gegen die Bank wegen des Betrugsskandals ein – diese wurde bereits zuvor abgeschlossen. Die BKB kam damals mit einem blauen Auge davon. Ob das Verdikt der Finma anders ausgefallen wäre, hätte sie Ringger früher befragt, bleibt offen.


Lesen Sie dazu das Interview mit BKB-Direktor Guy Lachappelle.

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