Gewinnsteuer: Ein Loch ist im Eimer

Dank eines «Sonderstatus» geschäften die Rohstoff-Multis in der Schweiz weitgehend steuerfrei. Der Schweiz entgehen dadurch deutlich mehr als 10 Milliarden Franken Steuereinnahmen pro Jahr.

Dank eines «Sonderstatus» geschäften die Rohstoff-Multis in der Schweiz weitgehend steuerfrei. Der Schweiz entgehen dadurch deutlich mehr als 10 Milliarden Franken Steuereinnahmen pro Jahr.

Einzelpersonen müssen ihr Einkommen versteuern, Unternehmen ihre Gewinne. Es sei denn, es handle sich um Reiche, die in der Schweiz in einem Kanton Wohnsitz nehmen, in dem Pauschalbesteuerungsabkommen möglich sind. Oder um Unternehmen, die sich in einem Kanton niederlassen, der einen vorteilhaften Sonderstatus für Unternehmen vorsieht, deren Geschäftstätigkeit zu mindestens 80 Prozent im Ausland stattfindet.

Von solchen Unternehmen gibt es in der Schweiz zwischen 20’000 und 30’000, vielleicht auch ein paar mehr. Die Steuerbehörden kennen die genaue Zahl natürlich, aber sie reden nicht gerne darüber. Nur wenn der öffentliche Unmut – im Ausland wie bei den einheimischen brav ihre Gewinnsteuern zahlenden Unternehmen – laut genug wird, sickern ein paar Zahlen durch. Wie letzte Woche im Westschweizer Fernsehen, Quelle war die Eidgenössische Steuerverwaltung. Danach betrugen die unversteuerten Unternehmensgewinne im Jahr 2009 (jüngere Daten liegen nicht vor) 62 Milliarden Franken.

Bei Steuersätzen von 20 bis 35 Prozent (Bund, Kantone und Gemeinden, je nach Standort) entgehen also dem Schweizer Fiskus deutlich über 10 Milliarden Franken an Steuereinnahmen pro Jahr. Mit den steuerbefreiten Gewinnen aus Beteiligungen (2008: 195 Milliarden Franken) würde sich die Steuerlücke noch imposanter ausnehmen.

Weitgehend steuerfrei

Ein grosser Teil dieser unversteuerten Gewinne fällt bei den Rohstoffhändlern an, denn deren Kerngeschäft findet mangels schweizerischer Rohstoffe von Natur aus hauptsächlich im Ausland statt. Dass die Gewinne im Ausland angemessen besteuert werden, ist sehr unwahrscheinlich. Und das heisst: Der «Sonderstatus» dient den Rohstoffhandelsfirmen dazu, ihre Gewinne weitgehend steuerfrei aus den Herkunftsländern ihrer Rohstoffe in Schweizer Steueroasen zu transferieren – und mit einem Teil davon ihr Topmanagement zu Milliardären zu machen.

Die Branche bewegt sich damit auf dem gleichen dünnen Eis, auf dem die Banken mit ihrem Bankgeheimnis mittlerweile eingebrochen sind. Beihilfe zur Steuerhinterziehung ist im internationalen Umfeld eben kein Kavaliersdelikt, besonders dann nicht, wenn die Opfer der «Steuervermeidung» die ärmsten Länder der Welt sind.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 19.10.12

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