Sonst gratulieren Menschen anderen Menschen per SMS zum Geburtstag. Am 3. Dezember 2012 darf der Textnachricht SMS selber gratuliert werden – zum 20. Geburtstag.
Eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute zuerst: Auf einen internen Aufruf (per E-Mail) meldete sich fast die ganze TagesWoche-Redaktion innert kürzester Zeit mit einer brauchbaren Antwort zurück. Die Frage lautete: Wofür braucht Ihr SMS am meisten? Womit wir bei der schlechten Nachricht wären: Die TagesWoche besteht offenbar vorwiegend aus höchst unromantischen Menschen, denn Nummer 1 unter den Antworten war nicht etwa «Liebesgeflüster», sondern etwas mit «Abmachungen». Konkrete Antworten waren: «Abmachen und wenn ich keine Lust habe, zu telefonieren.» Oder: «Für kurze Infos/Abklärungen à la: Wann treffen wir uns heute Abend nochmal? Alles, was mehr als zwei SMS bräuchte, mache ich telefonisch.» Besonders trocken antworteten ein sonst leidenschaftlicher Kulturredaktor («Ganz klar: Terminplanung/Organisatorisches») und ein Online-Spezialist («Verabredungen und kurzfristige Verschiebungen ebendieser»).
Wobei nicht alle so geschäftlich antworteten, es gibt hier durchaus auch Menschen, die SMS für anderes nutzen. Für den FCB-Newsticker, Geburtstagswünsche oder um über die Nummer 222 herauszufinden, wann das nächste Tram fährt. Fairerweise muss auch festgehalten werden, dass das Wort «Liebe» durchaus vorkam – wenn auch (bis auf einen Sportredaktor) nur in den Antwortemails von Frauen («Liebeserklärung» war das verwendete Wort). Ein anderer männlicher Redaktor erwähnte allerdings noch, dass seine Liebste meine, er sei sauer, wenn er eine «Es wird später»-SMS nicht mit «Küss Dich» beende – weshalb er oft und gern «Küss Dich» schreibe. Die Kirche dürfte bei den Liebespaaren im Dorf bleiben, doch wie sieht es bei Singles aus?
1. SMS war eine Lüge
Stichwort Flirten. Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch das geht per SMS. Und da können ganz schöne Geschichten entstehen – und Missverständnisse. Menschen, die auf Smilie-Zeichen wie 🙂 oder noch kecker 😉 verzichten, laufen Gefahr, als humorlos und gar böse dazustehen – vor allem bei Menschen, die sie kaum persönlich kennen. Denn Ironie ist Glückssache und kann ohne Mimik und Gestik ernst genommen werden und gar in einem Zicken-Krieg unter Flirtenden enden. Aber lassen wir das mit dem Liebesgeflüster und wenden wir uns ein paar Fakten zu, die zum 20. Geburtstag der SMS nicht unerwähnt bleiben dürfen. SMS steht für «Short Message Service» und wurde ursprünglich für technische Nachrichten der Betreiber entwickelt. Die erste SMS wurde am 3. Dezember 1992 von einem Softwaretester in England verschickt und enthielt die Botschaft: «Merry Christmas» – was in Anbetracht des Datums verfrüht oder gelogen war, auch das geht per SMS gut.
Während unsere Vorfahren in Bezug auf die Bedienung technischer Geräte noch zur Zeigefinger-Generation gehörten, zählt die SMS-Community zur Daumen-Generation. Das heisst: zählte. Inzwischen ist es schon wieder anders. Der Grund heisst Apple oder konkreter iPhone. Jeder, der eins hat, weiss: Mit dem Daumen geht nix. Und jeder, der eins hat, weiss: Die Zeiten sind vorbei, als man sich finanziell ruinierte, bloss weil man abmachen oder flirten oder beides wollte. Heute gibt es Gratis-SMS-Dienste wie WhatsApp und iMessage (von iPhone zu iPhone), deren Nachrichten über das Internet versendet werden. Das freut die Konsumenten, die Betreibergesellschaften aber dürfte masslos ärgern, dass die gute alte SMS schon an ihrem 20. Geburtstag bereits ein Auslaufmodell ist.
SMS war Cashcow
Denn: SMS war im Gegensatz zur Telefonie DER Profit schlechthin. Stichwort Cashcow. SMS kostet die Betreiber fast nichts, sie verdien(t)en aber 20 Rappen pro SMS. Beispiel: «Wann sehen wir uns?» «Wie wärs morgen um 18h?» «Ja, gut, wo?» «In der XY-Bar im 1. Stock.» «Gut.» «Küss Dich.» «Küss Dich auch.» «Freu mich.» «Auch.» «Also, bis morgen.» «;).» Mit diesem Dialog verdiente eine Telefongesellschaft früher 2.20 Franken. Und selbst für «Es ist Schluss mit uns» und «Gut so, find Dich eh doof» gab es früher garantiert 40 Rappen. Heute wird so etwas ge-WhatsApp-t.
Ausserdem hat die SMS nicht nur in Form von anderen Textnachrichten-Diensten Konkurrenz erhalten: Neulich wurde die Textnachricht als meistgenutzte Funktion von Handys von Platz 1 verdrängt. Raten Sie mal, welche Funktion nun Nummer 1 ist. Es ist das gute, alte Fotografieren. Und manchmal ist es beides zusammen. Denn «Küss Dich» geht auch als Bild. Aber lassen wir das.