Life-Sciences-Firmen bangen um die Zukunft der Region als attraktiven Standort

Basel steht in grosser Konkurrenz zu Forschungsstandorten wie Boston und Shanghai. Eine Umfrage unter Firmen zeigt nun, dass sich die Life-Science-Branche Sorgen macht, im weltweiten Wettbewerb abgehängt zu werden.

Die Handelskammer hat in einer Umfrage unter den hiesigen Life-Science-Unternehmen erfragt, wo der Branche der Schuh drückt.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

Basel steht in grosser Konkurrenz zu Forschungsstandorten wie Boston und Shanghai. Eine Umfrage unter Firmen zeigt nun, dass sich die Life-Sciences-Branche Sorgen macht, im weltweiten Wettbewerb abgehängt zu werden.

Zu Beginn ein paar Zahlen, welche die Bedeutung der Life Sciences für die Region Basel verdeutlichen:

14 Prozent

So gross ist der Anteil am regionalen Bruttoinlandprodukt, der in Basel von Privatunternehmen und Hochschulen für Forschung und Entwicklung ausgegeben wird. Das ist weltweite Spitze.

170

So viele Patente kommen in Basel hochgerechnet auf eine Million Einwohner. Auch dieser Wert ist nirgendwo auf der Welt höher. In Boston etwa, dem unbestrittenen Biotech-Mekka, liegt dieser Wert bei 91.

89 Prozent

So gross war 2014 der Anteil von Pharma, Medizinaltechnik und Agrarchemie an den Gesamtexporten aus der Region Basel. Insgesamt 50 Milliarden Franken wurden so umgesetzt.

Kurz gesagt: Die Region profitiert davon, dass hier einige sehr grosse, aber auch besonders viele kleine und mittlere Unternehmen aus dem Bereich Life Sciences angesiedelt sind. Die wirtschaftliche Bedeutung der Branche ist so gross, dass schon kleine Veränderungen des Marktumfeldes weitreichende Konsequenzen haben können.

Umso genauer hören Politik und Wirtschaftsverbände deshalb auf die Befindlichkeiten der betreffenden Unternehmen und Forschungsstätten. Zu diesem Zweck hat die Handelskammer beider Basel (HKBB) unlängst eine Umfrage bei 300 Unternehmen, Berufsverbänden und Interessenvereinigungen durchgeführt. Auch wenn die Ergebnisse dieser Umfrage noch nicht veröffentlicht sind, wurden einige erkennbare Trends am Donnerstag an einem Anlass im Actelion-Hauptsitz in Allschwil diskutiert.

Sorgen machen sich die Brancheninsider und -kenner besonders in folgenden vier Bereichen:

1. Wissens- und Technologietransfer

Unter diesen beiden Stichworten wird die Zusammenarbeit von Hochschulforschung und Unternehmen zusammengefasst. Praktische Erkenntnisse aus den Unternehmen einerseits und neue Ideen aus den Forschungsteams der Hochschulen andererseits müssen rege ausgetauscht werden, davon profitieren beide Seiten. Die HKBB-Umfrage zeigt nun: Viele Firmen wünschen sich offenere Türen an Fachhochschulen und Universitäten.

2. Start-Up-freundliche Kultur

In der Region sei es schwierig geworden, gute Ideen zur Marktreife zu bringen, sagt etwa Actelion-CCO Peter Herrmann. «Dafür braucht es nicht nur mehr Risikokapital, es braucht auch eine Kultur, die das Scheitern zulässt.» Wenn ein Jungunternehmer nach einem gescheiterten Versuch bei Kapitalgebern bereits als Versager gelte, sei das ein Innovations-Killer, sagt Herrmann weiter.

3. Der «War for Talents»

Um die fähigsten Köpfe im Bereich Life Sciences ist ein weltweiter Konkurrenzkampf entbrannt. Spezialisten können sich zwischen Boston, Basel und Shanghai entscheiden. In diesem Wettstreit habe die Schweiz, aber auch Basel, an Attraktivität eingebüsst. Insbesondere politische Entwicklungen wie die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative hätten dem Image der Schweiz im Ausland massiven Schaden zugefügt. Glücklicherweise könne Basel in Sachen Lebensqualität auftrumpfen, sagt Volkswirtschaftsdirektor Christoph Brutschin. «Viele Fachkräfte aus dem Ausland haben zuerst keine Vorstellung davon, wo Basel liegt oder was sie hier erwartet. Sind sie dann jedoch einmal hier, wollen viele gar nicht mehr weg.» 

4. Die Verzettelung der Branche

42 – so viele Verbände, Lobbygruppierungen oder Interessen-Organisationen widmen sich in der Region Basel den Anliegen der Branche. «Diese vielen Kräfte müssen wir dringend bündeln», sagt Franz Saladin, Direktor der HKBB. Heute würden diese Gruppierungen noch kaum zusammenarbeiten oder ihre Aktionen aufeinander abstimmen. Auch seien die verschiedenen Tätigkeitsgebiete oder Kompetenzen dieser vielen Organisationen untereinander kaum bekannt. Hier sehen die Teilnehmer der HKBB-Umfrage einen grossen Kommunikationsbedarf.

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