Matter passte nicht zur neuen BKB

Hans Rudolf Matter verliess die Basler Kantonalbank nicht auf eigenen Wunsch. Bankratspräsident Andreas Albrecht wollte den CEO schon länger loswerden.

Hans Rudolf Matter (l.) trat nicht freiwillig als BKB-CEO zurück: Andreas Albrecht (r.) legte ihm den Rücktritt nahe. (Bild: Michael Würtenberg)

Hans Rudolf Matter verliess die Basler Kantonalbank nicht auf eigenen Wunsch. Bankratspräsident Andreas Albrecht wollte den CEO schon länger loswerden.

Es war ein Abgang in Ehren, sofern ein solcher bei dieser Sachlage überhaupt möglich ist. Hans Rudolf Matter, CEO der Basler Kantonalbank (BKB), hatte zur Medienkonferenz geladen – am 23. Oktober letzten Jahres. Der Chef stand hin, hielt seinen Kopf in die Kameras und übernahm Verantwortung nach dem für die BKB peinlichen Anlagebetrugsskandal.

Die mit der Bank kooperierende ASE ­Investment AG hatte BKB-Kundengelder über 100 Millionen Franken verschwinden lassen. Die BKB hatte nach dem Stand der Dinge nichts davon bemerkt. Jetzt laufen Strafuntersuchungen gegen die ASE, die Finma ermittelt gegen die Bank.

«Auch wenn ich keine direkte Schuld trage, bin ich als Chef dennoch verantwortlich. Ich treffe den Entscheid, als CEO zurückzutreten, nach reiflicher Überlegung», sagte Matter – und ging auf Ende Jahr. Die BKB hatte die gewünschte Wirkung erzielt: Monatelang war ihren Entscheidungsträgern, Matter und Bankratspräsident Andreas Albrecht, vorgeworfen worden, die skandalträchtigen Verfehlungen in der Bank aussitzen zu wollen. Nun handelte Matter und nahm den Dank Albrechts mit auf den Weg nach draussen.

Zum Rücktritt gedrängt

Heute betont die BKB noch immer, dass Matter keine Nachhilfe brauchte, um die Konsequenzen zu ziehen. Dagegen spricht einiges. Laut gesicherten Informationen der Tages­Woche drängte Albrecht Matter wochenlang zum Rücktritt. Einen Tag vor der entscheidenden Sitzung im Bankrat, als Albrecht dem Gremium den Abgang Matters unterbreitete, war der LDP-Grossrat bei der Basler Regierung. Dort holte er sich grünes Licht für den Rücktritt seines CEO. Widerspruch gab es nicht, die Regierung war froh, Matter loszuwerden.

Es war Albrechts Entscheid, nicht der des Bankrats. Dort werden wich­tige Geschäfte kaum mehr diskutiert. In den Sitzungen selber zeige sich ­Albrecht dominant, Debatten würge er ab, und oft stelle er das Gremium vor vollendete Tatsachen, heisst es. Auch über die Zukunft Matters durfte der Bankrat nicht diskutieren.

Albrecht, als Anwalt in der Kanzlei von Ueli Vischer tätig, lässt sich nichts anmerken, auch zu Matters Abgang will er sich nicht mehr äussern. Doch er putzt die Bank gründlich durch. Matter war die letzte grosse Altlast aus­serhalb des Bankrats. Auch dort wird bereinigt: Bei der Erneuerungswahl durch den Grossen Rat im Februar treten drei Mitglieder nicht mehr an.

Seit Albrecht im Frühling 2009 zum Bankratspräsidenten gewählt wurde, trieb er die Erneuerung der BKB voran. Er musste die brandgefähr­liche Expansionsstrategie seines Vorgängers Willi Gerster möglichst rasch beenden. Die BKB war unter Gerster in existenzielle Nöte geraten.

Tief im Schwarzgeld-Strudel

Die von Gerster geschaffene Zürcher Aussenstelle der Bank agierte ohne Hemmungen, sie nahm steu­erflüch­tige US-Kunden der UBS selbst dann noch dankbar auf, als die US-Steuerbehörden die UBS bereits ins Visier genommen hatten. Die BKB war tief in den Schwarzgeld-Strudel geraten. Sie schlittert wohl nur knapp an einer Klage vorbei, die Verhandlungen mit den US-Behörden laufen noch.

Der Zürcher Ableger wurde ab­gestraft, mehrere Mitarbeiter, darunter der Leiter, mussten gehen. Doch Albrecht musste mehr tun, um die ­eigene Klientel und die Basler Politik davon zu überzeugen, dass nun eine neue Mentalität herrscht. Und er musste es den USA so schwer wie möglich ­machen, die BKB als besonders ruchlose Bank ins Zentrum ihrer Kam­pagne gegen den Schweizer Finanzplatz zu rücken.

Die US-Kunden wurden im Eiltempo aus der Bank geworfen, das Private Banking seit 2011 umgebaut. Die Bank will sich neu entwerfen, damit keiner mehr lacht, wenn er den BKB-Slogan «fair banking» sieht.

Verheerende Fehler

Matter passte nicht in diese Erneuerung. Er war noch von SP-Mann Willi Gerster auf den Chefsessel befördert worden, und er hatte verheerende Fehler begangen, hatte den ­Zürchern freie Hand gelassen, solange die Rendite stimmte und die Bank wuchs. Der zwar unangenehme, aber vergleichsweise unbedrohliche ASE-Skandal bot Albrecht nun die Gelegenheit, Matter zum Rücktritt zu bewegen, ohne die politischen Risiken ein­zu­gehen, die ein Abgang wegen der US-Affäre in sich geborgen hätte.

Einen nicht unbedeutenden Nebeneffekt hatte die Entscheidung auch: Damit dürfte Albrecht seine Wiederwahl als Bankratspräsident gesichert haben.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 11.01.13

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