Die Spekulation mit Agrar-Rohstoffen ist umstritten. Die Basler und Baselbieter Pensionskassen investieren dennoch in Nahrungsmittel. Andere Kantone verzichten darauf.
Führt die Spekulation mit Nahrungsmitteln dazu, dass die Lebensmittelpreise ansteigen und Menschen in der Dritten Welt deshalb Hunger leiden? Diese Frage ist drei Wochen vor der Abstimmung über die Spekulationsstopp-Initiative umstritten.
Fest steht: Der Handel mit Agrar-Rohstoff-Derivaten ist heikel. So hat beispielsweise der AHV- und IV-Ausgleichsfonds 2015 alle Investitionen in Agrar-Rohstoffe gestrichen aus Gründen der «politischen Sensibilität», wie der Verwaltungsrat gegenüber der NZZ erklärt.
Auch die Pensionskasse des Bundes (Publica) ist Ende des letzten Jahrzehnts aus dem Geschäft mit Nahrungsmitteln ausgestiegen – jedoch aus «ökonomischen Überlegungen», wie die Mediensprecherin auf Anfrage mitteilt.
Keine ethischen Bedenken in Basel
Die Credit Suisse und J. Safra Sarasin äusserten sich kritisch zur Spekulation mit Nahrungsmitteln – den Worten liessen sie jedoch keine Taten folgen. Die beiden Banken zählen nach wie vor zu den grössten Schweizer Playern, die in Agrar-Rohstoffe investieren. Das geht aus einer Studie hervor, die die SP in Auftrag gegeben hat.
In Basel-Stadt und Baselland teilt man die Sorgen nicht, die andere Institute haben. Beide kantonalen Pensionskassen investieren in Agrar-Rohstoffe: 25 Millionen Franken in Basel-Stadt. Im Verhältnis zum gesamten Anlagevermögen ist das wenig (0,24 Prozent). Dass sie nicht mehr investieren, hat wohl in erster Linie mit Renditeüberlegungen zu tun. Ethische Bedenken hat die Pensionskasse Basel-Stadt keine, wie aus ihrer Antwort hervorgeht.
«Frage der subjektiven Wahrnehmung»
Über die Basellandschaftliche Pensionskasse fliessen 9 Millionen Franken in Agrar-Rohstoffe – das sind 0,1 Prozent des Gesamtanlagevermögens. Auch in Liestal zeigt man keine Bedenken. Die Pensionskasse vertraut auf die Ergebnisse eines Positionspapiers (auf der Rückseite des Artikels einsehbar), das die Nahrungsmittelspekulation als unbedenklich einstuft.
Roland Weiss von der Basellandschaftlichen Pensionskasse sagt: «Es ist vielmehr eine Frage der politischen beziehungsweise subjektiven Wahrnehmung.» Ausserdem würden die Investitionen in Rohstoffe periodisch neu beurteilt.
Nicht nur ökonomische, auch ethische Grundsätze
Die Frage – ethisch korrekt oder problematisch – beantworten andere kantonale Pensionskassen wesentlich deutlicher. So tätigt die Bernische Pensionskasse zum Beispiel «keine Direktanlagen in Rohstoffe», wie im Anlagereglement steht. Der Vermögensverwalter sagt, es würden auch keine indirekten Investitionen in Nahrungsmittel fliessen.
Diesem Entscheid liegt die «Verantwortung gegenüber der Achtung des Menschen sowie seinem sozialen Umfeld» zugrunde, wie es im Reglement heisst. Bei der Anlagetätigkeit berücksichtige man «nebst ökonomischen auch nachhaltige und ethische Grundsätze».
Vier Pensionskassen ohne Agrar-Rohstoffe
Neben Bern gibt es mindestens drei weitere kantonale Pensionskassen, die explizit nicht in Agrar-Rohstoffe investieren: Appenzell Innerrhoden, St. Gallen und Uri. Das geht aus den Detailergebnissen der SP-Studie hervor. Nicht alle Kantone haben auf die Anfrage geantwortet, die die Studienautorin verschickte.
Die Frage, ob Nahrungsmittelspekulation die Hungersnot fördert, bleibt wissenschaftlich nicht abschliessend beantwortet. In manchen Kantonen reicht das jedoch, um das Geschäft einzuschränken – in Basel und Baselland nicht.