Novartis will wachsen und warnt vor der Durchsetzungs-Initiative

Nach Umsatzeinbruch und enttäuschendem Geschäft im Bereich Augen macht sich Novartis für schwierigere Zeiten bereit. Dank grosser Innovationskraft sieht sich CEO Joseph Jimenez dennoch fit für die Zukunft.

Trotz Umsatzeinbruch zeigt sich Novartis-CEO Joseph Jimenez zufrieden mit den Ergebnissen.

(Bild: Hans-Joerg Walter)

Nach Umsatzeinbruch und enttäuschendem Geschäft im Bereich Augen macht sich Novartis für schwierigere Zeiten bereit. Dank grosser Innovationskraft sieht sich CEO Joseph Jimenez dennoch fit für die Zukunft.

Rund sieben Milliarden Dollar, so viel Reingewinn hat Novartis im Jahr 2015 erzielt. Das sind mehr als drei Milliarden weniger als noch vor einem Jahr. Doch wie CEO Joseph Jimenez am Mittwochmorgen an einem informellen Medienbrunch erläuterte, sei das diesjährige Ergebnis nicht direkt mit demjenigen von 2014 vergleichbar. «Im Vorjahr hatten wir einige schwerwiegende Sondereinflüsse, etwa durch den Verkauf einzelner Beteiligungen, die alleine mit über einer Milliarde zu Buche schlugen.»

Aussagekräftiger sei deshalb der sogenannte operative Kerngewinn, eine Kennzahl, die Sonderfaktoren wie einmalige Verkaufserlöse oder Währungseffekte ausklammert. Dieser betrug mit etwas mehr als 12 Milliarden Dollar zwar immer noch weniger als im Jahr zuvor, doch der Unterschied ist deutlich kleiner (ca. 600 Millionen).

Seit knapp zwei Jahren besteht Novartis noch aus den drei Geschäftsbereichen Pharmaceuticals, Sandoz (Generika) und Alcon (Augen-Sparte). Unternehmensteile, die nicht zu diesen drei Divisionen gepasst haben, wurden ausgegliedert beziehungsweise verkauft. Diese Fokussierungsstrategie hat Novartis 2015 fortgesetzt und wird dies auch 2016 tun.

Ein differenzierteres Bild zeigt sich, wenn man die Jahresergebnisse der drei Divisionen getrennt voneinander betrachtet:

Pharma, lukratives Patent läuft aus

Die Division Pharmaceuticals hat im vergangenen Jahr 9,4 Milliarden Dollar abgeworfen (operatives Kernergebnis), ein weitgehend stabiles Resultat. Allerdings läuft im kommenden Jahr das Patent für Glivec, ein besonders lukratives Krebsmedikament, aus. «Das wird uns eine Umsatzeinbusse von rund 2 Milliarden Dollar kosten.» Deshalb, und weil sich andere neuere Präparate wie etwa Entresto langsamer entwickeln als erhofft, macht Novartis im Bereich Pharma auch für 2016 eine verhaltene bis leicht negative Prognose. 

Pharma-Chef David Epstein legte an der Medienkonferenz jedoch grossen Wert auf die Feststellung, dass sich Produktepipeline und Innovationskraft sehen lassen können. «Wir haben alleine im letzten Jahr 20 neue Zulassungen erhalten, das ist, soweit ich weiss, ein branchenweiter Spitzenwert.»



David Epstein, Chef des Bereiches Pharmaceuticals, ist stolz auf die prall gefüllte Pipeline. «Wir haben eine ganze Reihe von Produkten, die sich zum Blockbuster entwickeln könnten.»

David Epstein, Chef des Bereiches Pharmaceuticals, ist stolz auf die prall gefüllte Pipeline. «Wir haben eine ganze Reihe von Produkten, die sich zum Blockbuster entwickeln könnten.» (Bild: Hans-Joerg Walter)

Generika, ein volatiles Geschäft, auf dem grosse Hoffnung liegt

Mit ein Grund dafür, dass Novartis auch nach einem schwierigen Jahr wie 2015 solide dasteht, liegt darin, dass das Unternehmen mit Sandoz auch auf dem Markt der patentfreien Medikamente (Generika) präsent ist. Mit einem operativen Kernergebnis von 1,6 Milliarden macht Sandoz zwar noch einen deutlich kleineren Anteil aus als etwa der Bereich Pharmaceuticals, CEO Jimenez setzt jedoch grosse Hoffnung in das Geschäft mit den Generika. «Wenn auch die Preise dieser Medikamente starken Schwankungen unterworfen sind, so sind wir doch überzeugt, dass wir zumindest volumenmässig unsere Verkäufe in diesem Bereich noch deutlich steigern können.»

Alcon, das Sorgenkind

Die Division Alcon, also das Geschäft mit Augenheilmitteln, Augenchirurgie sowie Kontaktlinsen, läuft derart schlecht, dass Novartis zu drastischen Massnahmen greift. Nicht nur bekommt Alcon mit Mike Ball einen neuen Chef (Jimenez: «Jeff George hat eine schwierige Zeit hinter sich.»), es wird auch ein Teil des Geschäftes ausgegliedert.

Es habe sich gezeigt, dass die Entwicklung von Augenheilmitteln und Geräten für die Augenchirurgie zu grosse Unterschiede aufweisen würden. «Dadurch, dass wir beides zusammen gemacht haben, haben wir beides schlecht gemacht», sagt Jimenez. Deshalb wird der Bereich Augenheilmittel neu der – artverwandten – Division Pharmaceuticals angegliedert.

Alcon konzentriert sich somit künftig auf die Bereiche Surgical (Augenchirurgie) und Vision Care (Kontaktlinsen). Ausserdem soll mit zusätzlichen 200 Millionen Dollar massiv in das Marketing der Alcon-Produkte investiert werden.



Zwei Forschungsbereiche die sich nicht vereinen lassen: Darin sieht Jimenez einen der Gründe, weshalb die Augensparte Alcon ein enttäuschendes Jahr hinter sich hat.

Zwei Forschungsbereiche die sich nicht vereinen lassen: Darin sieht Jimenez einen der Gründe, weshalb die Augensparte Alcon ein enttäuschendes Jahr hinter sich hat. (Bild: Hans-Jörg Walter)

Konzernweite Produktion wird zentralisiert

Massnahmen werden jedoch nicht nur bei Alcon ergriffen, auch auf Konzernebene soll Novartis «schneller, innovativer und kosteneffizienter» werden, wie Jimenez sagt. Dazu werde unter der Führung von André Wyss (Leitung technische Operationen) die gesamte Produktion zentralisiert und integriert. Wyss erhofft sich so, die Produktion effizienter gestalten zu können. «Wir haben heute Werke, die bloss zu 50 Prozent ausgelastet sind, während andere Bereiche an Kapazitätsgrenzen stossen. Mit einer zentralisierten Organisation können wir solche Situationen ausgleichen.»

«Die Durchsetzungsinitiative würde dem Standort Schweiz erheblichen Schaden zufügen.»

Die Schweiz, insbesondere die Region Basel, ist ein wichtiger Produktionsstandort. Die Frage drängt sich auf, inwiefern diese «Zentralisierung» sich auf die verschiedenen Standorte hierzulande auswirken wird. «Wir erwarten keine Auswirkungen auf unsere Werke in der Schweiz», sagt Wyss. Weltweit betrachtet seien Werkschliessungen jedoch nicht auszuschliessen. «Festzuhalten bleibt aber: Die Novartis will wachsen, nicht schrumpfen. Das gleiche gilt für unseren Personalbestand.»

Festhalten will Novartis auch am Standort Basel, trotz politisch unsicheren Zeiten. André Wyss macht deutlich, was er von der Durchsetzungsinitiative hält. «Die Schweiz muss bedenken, weshalb sie heute zu den attraktivsten Ländern für Unternehmen zählt.» Die Novartis-Belegschaft in der Schweiz stamme zu zwei Dritteln aus dem Ausland. «Wir sind darauf angewiesen, Spezialisten aus der ganzen Welt hierher holen zu können. Die Durchsetzungsinitiative würde dem Standort erheblichen Schaden zufügen.»




Joseph Jimenez blickt mit Sorge auf die aktuellen politischen Entwicklungen in der Schweiz. «Die Durchsetzungsinitiative ist schädlich für den Wirtschaftsstandort Schweiz.» (Bild: Hans-Joerg Walter)

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