Grossverteiler nutzen Frankenstärke und Marktmacht zu Gunsten der Konsumenten. Das zeigt eine Studie des Eidgenössischen Preisüberwachers.
Das Buch «Maisons d’ Hôtes de Charme» aus Frankreich kostete am Mittwoch in einer grossen Berner Buchhandlung 45.30 Franken. Und unter dem aufgeklebten Schweizer Preisschild stand aufgedruckt zu lesen «Prix: 23.90 Euros». Da ist die Rechnung rasch gemacht: Der Wechselkurs beträgt SFr 1.90 für 1 Euro. Doch auf den Einwand der Kundschaft hin, die Nationalbank kämpfe nun doch für einen Wechselkurs 1.20 zum Euro, bedauert der Buchhändler nur, da könne er «auch nichts machen». Das Buch für Euro verkaufen dürfe er nicht. Sein Chef und die Importeure streichen also über 16 Franken oder einen Drittel des Buchpreises als Währungsgewinne ein.
Bei Zeitschriften und Luxusgütern aus dem Ausland herrschten ähnlich krasse Verhältnisse, hält der Preisüberwacher des Bundes, Stefan Meierhans in seiner Studie «Frankenstärke und Preise» fest, die er nun in Bern publiziert hat. Das seien aber eher die Ausnahmen, welche die Regel bestätigten, betont Meierhans: «Die reinen Währungsvorteile – also die mit der Erstarkung des Frankens einhergehenden Vergünstigungen von Importwaren – wurden vielerorten zumindest teilweise weitergegeben.» Seine Untersuchung zeige, «dass sich eine Wechselkursveränderung nach rund 3 bis 4 Quartalen zu rund 40 Prozent in den Importpreisen niederschlägt». Und schliesslich komme es zu «einer quasi hundertprozentigen Weitergabe der Importpreisvergünstigungen an die Endkonsumenten».
Das «Duopol» kann Druck machen
Negative Ausnahmen ergäben sich da, wo Lieferverträge in Schweizer Franken abgeschlossen werden müssten, oder wo langfristige Verträge gälten. Zudem verfolgten Markenhersteller eine Strategie der gezielten «Abschöpfung» der hohen Kaufkraft von Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten.
Doch insbesondere die beiden Grossverteiler Coop und Migros könnten dieser Profitmacherei dank ihrer Marktmacht entgegenwirken. Darum habe das auch etwa als «Duopol» bezeichnete Zweigespann die durchschnittlichen Preise in ihrem gesamten Warensortiment in den letzten Jahren senken können: Migros 2011 um 4 Prozent und dieses Jahr schon wieder um 2,5. Coop im selben Zeitraum um immerhin 4,4 Prozent.
Nur noch 12 Prozent für Nahrungsmittel
Mehr noch: «Die Migros musste aufgrund der härteren Preiskonkurrenz – auch durch den Einkaufstourismus – die Preise stärker senken, als dies die Währungsgewinne ermöglicht hätten», stellt die Studie fest. Ein Teil der «Hochpreisinsel» Schweiz sei aber hausgemacht, schreibt der Preisüberwacher. Etwa auch durch «die hohen Lebensmittelpreise». Fakt ist allerdings, dass gemäss dem statistischen Amt «Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke» nur noch 12 Prozent aller Konsumausgaben der Schweizer Haushalte ausmachen.
Wohingegen die Gesundheitskosten inzwischen mit satten 62, 5 Milliarden Franken schon höher zu Buche schlagen, als der gesamte Bundeshaushalt (2011 waren dies 62,3 Milliarden Franken). Der Preisüberwacher zeigt auf: Während die Löhne seit 1996 nur von 100 auf 119 Punkte gestiegen seien, hätten sich die Krankenkassen-Rechnungen schon nur für die Grundversicherung im gleichen Zeitraum auf 203 Punkte mehr als verdoppelt. Sie betrugen schon 2010 insgesamt 25,2 Milliarden Franken.
Grundrente als zentrales Problem
Den schlimmsten hausgemachten Preis-Treiber auf unserer «Hochpreisinsel» erwähnt Meierhans hingegen kaum: Die horrende Grundrente. In der Schweiz sind nach Schätzungen von Fachleuten in allen Preisen und Löhnen, die verlangt oder bezahlt werden (müssen), mindestens 30 Prozent Bodenzins (Grundrente) mit enthalten. Diese Belastung, die versteckt in unbezahlbaren Mieten und in Form von Baurechtszinsen einzelnen Begünstigten leistungsfreie Einkommen und Pfründen in Milliardenhöhe beschert, ist ein entscheidender Wettbewerbsnachteil der Schweiz in allen Belangen.
Gas, Strom, Post, das Kabelfernsehen und der Autoimport, sowie die Lutschtablette «Fisherman’s Friend» oder die Wasserversorgung in Lausanne, mit denen sich Meierhans derweil «schwerpunktmässig» befasst, sind im Vergleich dazu gut Neudeutsch ausgedrückt «Peanuts».