Roche und Novartis gewinnen erste Runde gegen Berset

Vor dem Bundesverwaltungsgericht buchen die Pharmakonzerne einen vorläufigen Erfolg: Preise für umsatzstarke Pillen bleiben hoch.

Pillen-Preise bleiben: Bundesrat Alain Berset wollte 240 Millionen Franken einsparen, nun hat ihm das Bundesverwaltungsgericht einen Strich durch die Rechnung gemacht. (Bild: PETER SCHNEIDER)

Vor dem Bundesverwaltungsgericht buchen die Pharmakonzerne einen vorläufigen Erfolg: Preise für umsatzstarke Pillen bleiben hoch.

Gegen einige Verfügungen des Bundesamts für Gesundheit BAG zur Senkung von Medikamentenpreisen haben die Pharmakonzerne Roche und Novartis vor Bundesverwaltungsgericht Beschwerden eingereicht. Das Gericht hat den Eingang von Beschwerden gegen das BAG bestätigt.

Bundesrat Alain Berset wollte den Beschwerden die aufschiebende Wirkung entziehen. Doch auf Begehren der Pharmakonzerne hat das Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen die aufschiebende Wirkung gewährt.

Deshalb dürfen Roche und Novartis einige ihrer umsatzträchtigsten Medikamente weiterhin zum bisherigen Preis verkaufen, der zum hohen Euro-Wechselkurs von 1.56 berechnet wurde.

Wegen des «Amtsgeheimnisses» will das BAG während des «laufenden Verfahrens» die Namen der klagenden Firmen und der betroffenen Medikamente nicht bekannt geben. Doch ein Vergleich einer ersten Preisliste des BAG mit der neusten zeigt, dass es sich um die Medikamente Actemra (Rheuma), Cellcept (Nierentransplantationen) und Pegasys (Hepatitis B) von Roche sowie um Glivec (Leukämie) und Myfortic (Nierentransplantationen) von Novartis handelt.

Ein Wechselkurs von 1.29 Franken ist den Pharmafirmen zu wenig

Seit dem 1. November sollte ein Drittel aller kassenpflichtigen Medikamente um fast 20 Prozent günstiger sein. Denn Bundesrat Alain Berset hatte durchgesetzt, dass für den Auslandpreisvergleich nicht mehr wie bisher ein hoher Euro-Wechselkurs von 1.56 Franken, sondern von 1.29 Franken angewandt wird. Berset sprach von Einsparungen in Höhe von 240 Millionen Franken. Mindestens 30 Millionen davon muss er sich jetzt – wenigstens vorläufig – ans Bein streichen. Nach unbestätigten Informationen haben auch einige kleinere Pharmafirmen gegen verfügte Preissenkungen Beschwerden eingereicht.

Für die Fabrikabgabepreise von Medikamenten in der Schweiz berechnet das BAG in der Regel den Durchschnitt der Fabrikabgabepreise in Deutschland, Österreich, Frankreich, England, Niederlande und Dänemark. Dazu gewährt das BAG noch einen generellen Aufschlag von mehreren Prozenten sowie in manchen Fällen einen «Innovationszuschlag», obwohl dieser in den Preisen des Auslands inbegriffen ist.

Preisanpassungen nur alle drei Jahre

Bis zum 31. Oktober 2012 wurden diese Durchschnittspreise zu einem Wechselkurs von 1.56 CHF berechnet, obwohl der tatsächliche Wechselkurs schon längst bei 1.20 liegt. Weil das BAG die Preise nur alle drei Jahre anpasst, wurden per 1. November 2012 bei einem Drittel aller Medikamente die Preise neu zu einem Wechselkurs von 1.29 berechnet, was zu den genannten Preissenkungen um fast 20 Prozent führt.

Der Kassenpreis von 150 Roche-Tabletten Cellcept, welches das Abstossen fremder Nieren verhindern soll, wäre ohne Beschwerde seit dem 1. November mit 457 Franken sogar 28 Prozent günstiger geworden als bisher.

Ein Drittel aller Medikamente bis 2014 zum Kurs von 1.56

Für ein zweites Drittel aller Medikamente gilt noch bis zum 31.10.2013 der Wechselkurs von 1.56 CHF. Und für das dritte Drittel aller Medikamente gilt dieser Phantasie-Wechselkurs sogar noch bis zum 31.10.2014.

Die Pharma ist die einzige Branche, die Wechselkursgewinne bisher nicht weiter geben musste. Zwei Drittel aller kassenpflichtigen Medikamente importiert die Schweiz aus dem Ausland, so dass vor allem ausländische Pharmakonzerne vom Wechselkurs von 1.56 CHF enorm profitieren – auf Kosten der Prämienzahlenden.

(Der Artikel erschien auf infosperber.ch)

Nächster Artikel