Die Eidgenössische Steuerverwaltung geht davon aus, dass die Schweizer Patentbox EU-konform sein wird. Es gibt aber auch warnende Stimmen.
Am 12. Februar wird im Zusammenhang mit der Unternehmenssteuerreform III auch darüber abgestimmt, ob im Schweizer Steuerrecht die sogenannte Patentbox verankert werden soll. Im Falle eines Ja könnten das entsprechende Gesetz und die dazugehörende Verordnung frühestens Anfang 2019 in Kraft treten.
Die Verordnung muss erst noch ausgearbeitet werden und ein Vernehmlassungsverfahren durchlaufen, bevor sie der Bundesrat verabschieden wird. Die definitiven Umsetzungen und damit die Frage, wie viel Steuern ein Unternehmen schliesslich bezahlen muss, hänge aber von den Kantonen ab, erklärt Patrick Teuscher, Leiter Kommunikation der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV). Darüber muss in den Kantonen noch zusätzlich abgestimmt werden.
Erträge müssen mit der Schweiz verknüpft sein
Klar ist: Die EU wird das schweizerische Boxenmodell so oder so noch einer Prüfung unterziehen. Die EU kann sich dabei auf die Richtlinien der OECD berufen. Patentboxen müssen aus Sicht der EU dem sogenannten Nexus Approach entsprechen. Als OECD-Mitglied ist die Schweiz verpflichtet, diesen Ansatz zu akzeptieren.
Der Nexus-Ansatz besagt, dass die Entwicklung der in einer Box enthaltenen Rechte in der Schweiz erfolgt sein muss. Sollte die EU die Schweizer Lösung nicht genehmigen, so wäre die Schweiz gezwungen, ihre gesetzliche Regelung wieder anzupassen.
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Die EU ist im Moment daran, die aktuell in der EU geltenden Patentboxen auf ihre Vereinbarkeit mit dem Nexus-Ansatz zu überprüfen. Die Überprüfung der Schweizer Lösung wird die EU erst dann vornehmen, wenn die Schweiz die entsprechenden gesetzlichen Regelungen endgültig verabschiedet hat.
Schweiz muss EU-Vorgaben einhalten
Patrick Teuscher von der ESTV erklärt, die Schweiz stehe mit den internationalen Gremien in engem Kontakt. Zwar sei es immer möglich, dass in internationalen Gremien gewisse Standards angepasst oder neu interpretiert werden. Bisher aber stimme die Schweizer Lösung mit den internationalen Anforderungen überein.
Urs Behnisch, Professor für Steuerrecht an der Universität Basel, äussert sich zurückhaltend. Die Patentbox bereite seit Beginn der Diskussionen um die USR III Kopfzerbrechen, weil die OECD und die EU die zulässigen Steuererleichterungen immer einschränkender formuliert haben. Entsprechend habe die Schweiz ihr Konzept immer wieder anpassen müssen. Das werde auch weiter so sein. Die Schweiz habe sich bekanntlich dazu verpflichtet, die Vorgaben der EU einzuhalten. Der Anwendungsbereich der Patentbox werde daher erheblich geringer ausfallen als ursprünglich vorgesehen.
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Das Problem mit der Patentbox bestehe darin, dass noch niemand wisse, was sie genau enthalten werde, sagt ein Mitglied der Parteizentrale der SP Schweiz. Man wisse im Moment bloss, dass 90 Prozent der entsprechenden Gewinne aus Immaterialgüterrechten von den Steuern befreit werden sollen. Welche Leistungen aus «geistigem Eigentum» sich aber im Einzelnen für die Patentbox qualifizieren werden, stehe noch nicht fest.
Die Steuerverwaltung sei erst daran, die entsprechende Verordnung auszuarbeiten: «Wir kaufen also die Katze im Sack oder eben in der Box.» Höchst fraglich sei vor allem, ob die EU die im Moment von der Schweiz als 2. und 3. Kategorie vorgesehene Immaterialgüterrechte akzeptieren werde. Es geht dabei um urheberrechtlich geschützte Software und um nicht patentgeschützte Software von KMU-Betrieben.
OECD rügte Frankreich wegen Patentboxen
Public Eye – die frühere Erklärung von Bern – steht Konstrukten wie der Patentbox grundsätzlich kritisch gegenüber. Solche Einrichtungen seien von ihrer Stossrichtung her darauf ausgerichtet, multinationale Unternehmen bei der Optimierung ihrer allgemeinen Steuerlast zu begünstigen und so die allgemeinen Gewinnsteuersätze zu reduzieren, sagt Mediensprecher Oliver Classen.
Allerdings sei der heutige USR-III-Vorschlag insofern «halbwegs akzeptabel», als dass aufgrund des Nexus-Ansatzes nur echte «Patente», die tatsächlich mit der Schweiz verknüpft sind, Steuerbegünstigungen erhalten sollen.
Klar sei allerdings, dass solche Patentboxen in EU-Ländern vermehrt unter politischen Druck kommen könnten, da sie eventuell unter die sogenannten «schädlichen Steuerpraktiken» fallen. Falls dies eintreffen sollte, wäre nach Ansicht von Oliver Classen auch die Schweizer Praxis infrage gestellt. Kürzlich habe die OECD die mit dem Schweizer Modell vergleichbare französische Patentbox jedenfalls stark kritisiert. Deshalb folgert Oliver Classen: «Die Befürworter der USR III gehen mit ihrem Vertrauen in die Konformität vermutlich zu weit.»
Eine Box ist eine steuerrechtliche Massnahme, bei welcher Firmengewinne aus Patenten oder aus anderen Quellen geistigen Eigentums (Immaterialgüterrechte) privilegiert besteuert werden.
Vereinfacht gesagt geht es bei der Lizenz- oder Patentbox um Folgendes: Ein Unternehmen, welches ein Patent besitzt, kann die Gewinne, die es mit diesem Patent erzielt in die Box legen. Alle Gewinne in der Box werden ermässigt besteuert. Fazit: Mit der Patentbox werden Erträge aus Patenten und vergleichbaren Rechten tiefer besteuert.
Der Kanton Nidwalden hatte im Jahre 2011 auf eigene Faust eine Patentbox («Lizenzbox») eingeführt. Ein Problem dieser Nidwaldner Box war, dass das Steuerharmonisierungsgesetz damals eigentlich gar keine solchen Boxenlösungen vorsah.