Banker warnten Anfang Jahr davor, dass die Negativzinsen der Finanzwirtschaft schaden würden. Doch nun haben die meisten Institute aussergewöhnlich gute Halbjahresergebnisse vorgestellt.
Als die Schweizerische Nationalbank am 15. Januar den Euro-Mindestkurs aufgehoben und gleichzeitig einen Negativzins eingeführt hat, wurden hierzulande Schreckensszenarien in den dunkelsten Farben gemalt: Entlassungen, Lohnkürzungen, längere Arbeitszeiten, Firmenabwanderungen ins Ausland.
Auch in der Region Basel breitete sich unter Ökonomen, Unternehmern und Wirtschaftsvertretern Pessimismus aus. Als etwa die Basellandschaftliche Kantonalbank (BLKB) im Februar ihre jährliche KMU-Befragung veröffentlichte, warnte BLKB-Chef Beat Oberlin vor den schlimmen Auswirkungen des SNB-Entscheides. Nicht nur würden die KMU unter dem starken Franken leiden. Auch der Finanzwirtschaft stehe wegen des Negativzinses das Wasser bis zum Hals.
Sechs Monate später präsentieren die hiesigen Banken ihre Halbjahresabschlüsse: Die BLKB konnte ihren Gewinn um fünf Prozent steigern, die Basler Kantonalbank (BKB) sogar um 16,5 Prozent. Auch die Grossbanken feiern sensationelle Zahlen. Bei der Credit Suisse stieg der Gewinn um 17 Prozent, bei der UBS um über 50 Prozent.
Wie kann das sein? Weshalb zeigen die Kurven steil nach oben, wenn die Banken doch angeblich derart unter den Negativzinsen leiden?
«Die BLKB hat ein Spitzenresultat erreicht.»
BLKB-Direktor Oberlin erklärt seine warnenden Worte vom Februar mit dem Schockzustand in dem sich viele Unternehmen damals befunden haben. «Die Tage und Wochen nach dem Kurssturz waren emotional und von einer grossen Unsicherheit geprägt.» Oberlin ist hocherfreut über das «exzellente Ergebnis» seiner Bank, er hätte selbst nicht damit gerechnet, dass es derart gut ausfällt. «Unter den bis heute publizierten Halbjahresergebnissen unserer Konkurrenten darf das erzielte Zinsergebnis als ein Spitzenresultat bewertet werden.»
Rückblickend sei der Erfolg auf die schnelle Reaktionszeit seiner Bankmanager zurückzuführen. «Wir haben noch am gleichen Tag die erste Krisensitzung durchgeführt und sind innert vier Tagen mit einer gründlichen Risikoanalyse komplett über die Bücher gegangen», sagt Oberlin. Danach seien umgehend Vertragskonditionen angepasst und die Preise neu justiert worden. «Andere Banken haben länger gebraucht, um sich an die neue Situation anzupassen.»
Doch auch heute, mit dem guten Halbjahresabschluss im Rücken, warnt Oberlin weiterhin vor den Negativzinsen. «Sollte die SNB ihre Zinsen weiter senken, wirds wirklich unangenehm.» Auch für die meisten KMU seien die Folgen des erstarkten Frankens noch nicht ausgestanden. «Erst das zweite Halbjahr wird zeigen, wie tief die Spuren sind, die der SNB-Entscheid vom Januar in der lokalen Wirtschaft hinterlassen hat», sagt Oberlin.
«Die meisten Banken schreiben bis jetzt noch gute Zahlen, das dürfte sich jedoch bis Ende Jahr noch ändern.»
Sein Amtskollege bei der BKB, Guy Lachappelle, blickt bereits dezidiert skeptisch in die Zukunft der Finanzbranche. «Die meisten Banken schreiben bis jetzt noch gute Zahlen, das dürfte sich jedoch bis Ende Jahr noch ändern.» Es lasse sich jetzt noch nicht beurteilen, wie sich der Wegfall des Euro-Mindestkurses und des Negativzinses auf die Finanzwirtschaft ausgewirkt habe, da viele Effekte erst verzögert sichtbar würden.
«Die BKB ist dank ihrem Geschäftsmodell weniger stark von den Negativzinsen betroffen als andere Banken. Dies liegt daran, dass bei uns die Hypotheken eine weniger grosse Rolle spielen», sagt Lachappelle. Die BKB hätte ausserdem damit gerechnet, dass die Zinsen weiter sinken. «Wir haben bereits im ersten Halbjahr 2014 damit angefangen, unsere Zinsrisiken mit sogenannten Zinswaps abzusichern.» Diese Strategie habe sich nun ausbezahlt und werde sich in den kommenden Monaten noch stärker bemerkbar machen.
Doch auch bei der BKB ist das Zinsgeschäft tiefer ausgefallen als im Vorjahr. Dieser Rückgang im Zinsgeschäft wurde jedoch durch ein massives Wachstum im Handelsgeschäft wettgemacht. Der dortige Umsatz ist um 45 Prozent angestiegen. «Dies liegt daran, dass sich viele unserer Kunden gegen die neu entstandenen Währungsrisiken absichern wollten», sagt BLKB-Direktor Lachappelle.
Die BKB hatte 2014 ein schlechtes Jahr
In den letzten Jahren sei dieses Geschäft «eingeschlafen» weil die KMU durch die SNB-Kursuntergrenze vor diesen Währungsrisiken geschützt waren. «Der SNB-Entscheid hat hier die Nachfrage wieder geweckt und heute befindet sich dieses Geschäft wieder auf einem normalen Niveau.»
Der gute Halbjahresabschluss der BKB sei zudem im Kontext des letzten Jahres zu betrachten. «Wenn unser Halbjahresgewinn um 16,5 Prozent gewachsen ist, liegt das auch daran, dass wir 2014 rein zahlenmässig kein besonders ertragreiches Jahr hatten», sagt Lachappelle. Wenn man die tieferen Risiken jedoch in die Rechnung einbeziehe, sei 2014 ein gutes Jahr gewesen.