110’000 Unterschriften für Wiedergutmachungs-Initiative eingereicht

Fürsorgerische Zwangsmassnahmen sind ein düsteres Kapitel in der Schweizer Geschichte. Deren Opfer sollen auch finanziell entschädigt werden, verlangt eine Initiative, die nun mit 110’000 Unterschriften eingereicht wurde. Diese sind in weniger als der Hälfte der Sammelfrist zusammengekommen.

Betroffene auf dem Bundesplatz: Für sie soll ein Entschädigungs-Fonds eingerichtet werden. (Bild: wiedergutmachung.ch)

Fürsorgerische Zwangsmassnahmen sind ein düsteres Kapitel in der Schweizer Geschichte. Deren Opfer sollen auch finanziell entschädigt werden, verlangt eine Initiative, die nun mit 110’000 Unterschriften eingereicht wurde. Diese sind in weniger als der Hälfte der Sammelfrist zusammengekommen.

Die Opfer administrativer Zwangsmassnahmen sollen eine Entschädigung erhalten. Die Wiedergutmachungs-Initiative verlangt, dass dafür ein Fonds in der Höhe von 500 Millionen Franken eingerichtet wird.

Das Volksbegehren ist am Freitag mit 110’000 beglaubigten Unterschriften eingereicht worden. Diese kamen in weniger als der Hälfte der Sammelfrist zusammen.

Unterstützt von Betroffenen und Bundesparlamentariern deponierte das Initiativkomitee die Unterschriftenbögen bei der Bundeskanzlei. Der Vater der Initiative, der Unternehmer Guido Fluri, wurde bei dem Anlass als «Hoffnungsträger» gefeiert.

Mit dem Geld aus dem Wiedergutmachungs-Fonds soll den am schwersten betroffenen Opfern geholfen und das ihnen zugefügte Unrecht abgegolten werden. Der Fonds soll vom Bund eingerichtet werden. Aus welchen Quellen das Geld stammen soll, lässt die Initiative aber offen.

Wie Kriminelle behandelt

Fürsorgerische Zwangsmassnahmen waren im 20. Jahrhundert in der Schweiz gegen mindestens 20’000 Menschen angeordnet worden. Manche wurden als Kinder an Bauernhöfe verdingt, andere zwangssterilisiert, für Medikamentenversuche missbraucht oder wegen Arbeitsscheu, lasterhaften Lebenswandels oder Liederlichkeit wie Kriminelle weggesperrt.

Der Zugang zu Gerichten blieb den Betroffenen in den meisten Fällen verwehrt. Erst 1981 wurde die Praxis der administrativen Zwangsversorgung aufgrund einer Gesetzesänderung gestoppt.

Erste Schritte zur Rehabilitierung der Betroffenen wurden im Lauf des letzten Jahres gemacht. An einem Gedenkanlass bat Justizministerin Simonetta Sommaruga im April 2013 die Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen im Namen des Bundesrats um Entschuldigung.

Bisher keine Entschädigung

Ein Jahr später verabschiedete das Parlament ein Gesetz, mit dem das Unrecht anerkannt wird. Eine finanzielle Wiedergutmachung ist darin aber nicht vorgesehen. Der inzwischen aktive Soforthilfefonds wurde auf freiwilliger Basis eingerichtet.

Im Initiativkomitee sind neben Vertreterinnen und Vertretern der Betroffenenorganisationen Mitglieder aller Bundeshausfraktionen mit Ausnahme der SVP vertreten. Deren Vertreter hatten im Nationalrat auch gegen das Rehabilitierungsgesetz gestimmt.

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