1:12-Initiative könnte laut Studie zu Einnahmeausfällen führen

Die Gegner der 1:12-Initiative drücken weiter aufs Gaspedal. Nun erhalten sie Sukkurs von wissenschaftlicher Seite.

Die JUSO bei der Einreichung der 1:12-Initiative (Archiv) (Bild: sda)

Die Gegner der 1:12-Initiative drücken weiter aufs Gaspedal. Nun erhalten sie Sukkurs von wissenschaftlicher Seite.

Eine Studie der Universität St. Gallen im Auftrag des Schweizerischen Gewerbeverbandes kommt zum Schluss, dass der Bund bei einer Annahme auf bis zu vier Milliarden Franken pro Jahr verzichten müsste.

Die Universität St. Gallen rechnet mit Ausfällen bei den Steuereinnahmen und den AHV-Beiträgen. Allerdings hänge vieles davon ab, wie betroffene Unternehmen auf die neue Einschränkung reagierten, sagte Professor Christian Keuschnigg, der die Studie am Dienstag den Medien vorstellte.

Dennoch lässt Keuschnigg keinen Zweifel daran, dass viele Grosskonzerne Wege suchen würden, um den «Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit» zu umgehen. «Sie sind mobil und können sich überall auf der Welt ansiedeln.» Denkbar wäre, dass Firmen ganze Einheiten auslagern oder Spitzenverdiener ins Ausland abwandern würden.

Der Befund dürfte dem sgv nicht ungelegen kommen; er ist im Abstimmungskampf gegen die 1:12-Initiative federführend. Die Initiative der Jungsozialisten (JUSO) verlangt, dass in einem Unternehmen der höchste Lohn das Zwölffache des tiefsten Lohns nicht überschreiten darf.

Sozialwerke in Schieflage

Die Spitzen der Wirtschaftsverbände scheinen dabei aus dem Debakel bei der Abzocker-Initiative ihre Lehren gezogen haben. Bei der Präsentation der Studie rückten sie denn auch die volkswirtschaftlichen Auswirkungen konsequent in den Vordergrund.

Anders als die Initiative von Thomas Minder betreffe die JUSO-Initiative die ganze Bevölkerung, erklärte sgv-Direktor Hans-Ulrich Bigler. Das Volksbegehren gefährde die heute gelebte Umverteilung, indem hohe Steuereinnahmen der Reichsten vernichtet würden.

Bei der Kappung der höheren Löhne würden aber nicht nur Steuereinnahmen wegbrechen, sondern auch die sanierungsbedürftigen Sozialwerke weiter in Schieflage geraten, sagte Roland Müller, Direktor des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes. Es seien nämlich vor allem Arbeitgeber der oberen Einkommensklassen, welche diese finanzierten. «Die Jungsozialisten haben aber keine Vorschläge, wie sie diese Lücken zu schliessen gedenken.»

Viele Szenarien denkbar

Konkret hat das Team um Keuschnigg die potentiellen Auswirkungen der Initiative auf die Staatseinnahmen aus der direkten Bundessteuer und die Beitragseinnahmen der AHV berechnet. Da keine Daten der betroffenen Unternehmen vorlagen, haben die Autoren die Annahme getroffen, dass eine faktische Lohnobergrenze von 500’000 Franken resultieren würde.

Insgesamt erachten die Autoren die Auswirkungen bei einer Annahme der Initiative als beträchtlich. Allerdings lassen sich zwei Faktoren schwer quantifizieren – wie sich die Lohnstruktur verändern würde und wem die Differenz der Lohnsummen zugute käme. Die Bandbreite ist entsprechend gewaltig.

Im günstigsten Szenario würden die jährlichen Einnahmen der direkten Bundessteuer um 250 Millionen Franken sinken. Dagegen blieben die AHV-Beiträge konstant. Im schlechtesten Fall betrügen die Einbussen bei der direkten Bundessteuer 1,6 Milliarden Franken und bei der AHV 2,5 Milliarden Franken pro Jahr.

Nächster Artikel