Der in der Nacht auf Sonntag in Düsseldorf wohlbehalten aufgefundene 12-jährige Paul aus Gunzgen SO hat den «Entführer» über ein Internet-Kinderspiel kennengelernt. Das teilten die Solothurner Ermittlungsbehörden am Sonntag mit.
Wie der Knabe nach Düsseldorf kam, wissen die Behörden noch nicht. Die Meldung, dass Paul von der Polizei wohlbehalten gefunden worden ist, kam am Sonntagmorgen von der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn. Der Knabe sei «nach umfangreichen Ermittlungen» zurück.
Sexueller Übergriff nicht ausgeschlossen
«Heute ist ein guter Tag», sagte Urs Bartenschlager, Chef der Kriminalpolizei Solothurn, vor den Medien. Man habe aufgrund von Notizen Hinweise gehabt, dass der Knabe Paul sein Verschwinden über mehrere Wochen geplant habe.
Paul habe mit einem Unbekannten via ein Internet-Spiel mindestens während eines Monats Kontakt gehabt. Der Knabe habe das Spiel intensiv genutzt. Man schliesse einen sexuellen Übergriff auf den Knaben nicht aus. Das sei Gegenstand der laufenden Ermittlungen, hielt Bartenschlager fest.
Man habe davon ausgehen müssen, dass das Leben von Paul gefährdet gewesen sei. Es habe eine umfassende Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Partnern stattgefunden. Auch das Bundesamt für Polizei sei dauernd in der Sonderkommission engagiert gewesen. Die Polizei gelangte auch an das FBI, das einzelne Fragen klärte.
Keine Details zum Verhafteten
Im Zuge der Ermittlungen hätten sich die Hinweise auf den unbekannten Mann verdichtet. Beim festgenommenen Mann handle es sich um einen 35-jährigen deutschen Staatsbürger. Motiv und Hintergrund, weshalb dieser Mann mit dem Knaben zusammen war, werden noch ermittelt.
Der Knabe sei körperlich unversehrt, hielt Bartenschlager fest. Die Eltern seien noch in der Nacht nach Düsseldorf gebracht worden. Die Familie werde auch nach Rückkehr in die Schweiz von Fachpersonen unterstützt.
Angaben zum deutschen Mann machte die Polizei nicht. Der Mann habe sich alleine in der Wohnung befunden. Der Verhaftete sei kein Verwandter des Knaben.
Polizei warnt vor Gefahren des Internets
Staatsanwalt Ronny Rickli sagte, man sei sehr froh, dass der Knabe Paul unversehrt aufgefunden worden sei. Man habe ein Verfahren wegen Entführung eröffnet. Die internationale Zusammenarbeit habe sehr gut funktioniert.
Der Zugriff in Düsseldorf sei in der Nacht auf Sonntag innert kürzester Zeit erfolgt. Das Verfahren gegen den Mann werde mit den deutschen Ermittlungsbehörden koordiniert. Man gehe nicht davon aus, dass der Mann in die Schweiz ausgeliefert werde.
Kriminalpolizeichef Bartenschlager führte weiter aus, dass noch sehr viel unklar sei. Der Fall zeige jedoch exemplarisch die Gefahr des Internets. Auch bei harmlosen Kinderspielen seien nicht nur harmlose Spieler unterwegs. Diese würden unter Fantasienamen auftreten.
Strafuntersuchung eingeleitet
Am vergangenen Mittwoch hatte die Solothurner Staatsanwaltschaft im Fall Paul eine Strafuntersuchung wegen Entführung gegen unbekannt eröffnet. Aufgrund neuer Hinweise könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Knabe mit jemandem verabredet habe, hiess es damals.
Mit Eröffnung der Untersuchung konnten auch strafprozessuale Zwangsmassnahmen wie Hausdurchsuchungen und Videoauswertungen gemacht werden. Es gab jedoch keinen konkreten Tatverdacht gegen eine bestimmte Person. Die Ermittlungen liefen in alle Richtungen.
Das Wohnhaus der Eltern des vermissten Knaben war am Dienstag durchsucht worden. Es handelte sich laut der Polizei um eine freiwillige Hausdurchsuchung. Ebenfalls am Dienstag war das Velo des Knaben in der Gemeinde Härkingen in der Nähe der Kirche aufgefunden worden.