15 Jahre Haft für Religionsführer nach Bartattacken bei Amish

Ein Gericht im US-Bundesstaat Ohio hat den Anführer einer Splittergruppe der Amish zu 15 Jahren Haft verurteilt, weil er rivalisierenden Glaubensbrüdern gewaltsam die Bärte abschneiden liess. Auch 15 Anhänger von Bischof Samuel Mullet erhielten Gefängnisstrafen zwischen einem und sieben Jahren.

Religionsführer Samuel Mullet muss nach Bartattacken für 15 Jahre hinter Gitter (Archiv) (Bild: sda)

Ein Gericht im US-Bundesstaat Ohio hat den Anführer einer Splittergruppe der Amish zu 15 Jahren Haft verurteilt, weil er rivalisierenden Glaubensbrüdern gewaltsam die Bärte abschneiden liess. Auch 15 Anhänger von Bischof Samuel Mullet erhielten Gefängnisstrafen zwischen einem und sieben Jahren.

Dies teilte das US-Justizministerium am Freitag mit. Das Gericht stufte die Attacken als religiös motiviertes Hassverbrechen ein. „Jeder einzelne von ihnen hat mehr gemacht, als nur die Opfer zu terrorisieren, zu traumatisieren und zu entstellen“, sagte Richter Dan Aaron Polster laut der Zeitung „Cleveland Plain Dealer“.

„Sie haben auf der Verfassung herumgetrampelt.“ Bei den Amish gilt der Bart als Ausdruck von Männlichkeit, Würde und Frömmigkeit.

Der 67-jährige Mullet führt eine Gemeinde von 18 Familien, die in der abgelegenen Siedlung Bergholz rund 160 Kilometer von Cleveland entfernt leben. Zeugen beschrieben den Vater von 18 Kindern als autokratischen Herrscher über seine Gemeinde. So habe Mullet die Post seiner Anhänger geöffnet und Vergehen mit Schlägen bestraft, ausserdem soll er mit mehreren jungen Frauen aus der Gemeinde Sex gehabt haben.

Während des Verfahrens wurde die Gemeinschaft von mehreren Zeugen als Sekte bezeichnet. Die Staatsanwaltschaft warf Mullet vor, gegen Abweichler und religiöse Gegenspieler unter den Amish im Herbst 2011 eine „Terrorkampagne“ gestartet zu haben. Bei fünf Übergriffen rissen seine Anhänger ihre Opfer in der Nacht aus dem Schlaf und schnitten ihnen brutal Haare und Bärte ab.

Gegen modernes Leben

Dabei hätten die Angeklagten Scheren und batteriebetriebene Haarschneidegeräte benutzt. Mullet organisierte für die Attacken sogar bezahlte Fahrer, weil die Amish selbst keine Autos benutzen dürfen. Die Glaubensgemeinschaft lehnt die meisten Erscheinungen des modernen Lebens ab.

Um eine Verurteilung wegen Hassverbrechen nach Bundesrecht zu erreichen, musste die Staatsanwaltschaft beweisen, dass die Bartattacken religiös motiviert waren und damit mehr als nur eine einfache Körperverletzung darstellten. Die Geschworenen folgten im vergangenen September dieser Argumentation und sprachen Mullet und seine Anhänger schuldig.

Die Angriffe hatten die pazifistischen Amish schockiert, denen jede Form von Rache verboten ist. Die Amish sind Angehörige einer Täufergemeinschaft, die im 18. und 19. Jahrhundert vor allem aus Deutschland, der Schweiz und dem Elsass in die USA auswanderte. Die Gemeinschaft zählt rund 260’000 Mitglieder, die meisten von ihnen leben in Pennsylvania und Ohio.

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