Einen Tag vor der Parlamentswahl in Bulgarien haben Ermittler 350’000 gefälschte Stimmzettel beschlagnahmt – und das in einem Land, das nur 7,4 Millionen Einwohner zählt. Die fingierten Dokumente seien in einer privaten Druckerei entdeckt worden.
Diese liege unweit der Hauptstadt Sofia, teilte die Staatsanwaltschaft am Samstag mit. Die Opposition bezichtigte die konservative Partei GERB des zurückgetretenen Ministerpräsidenten Bojko Borissow und dessen Wahlkampfmanager Zwetan Zwetanow offen des Betrugs.
«350’000 Stimmzettel entsprechen zehn Prozent der für morgen erwarteten Wahlbeteiligung und reichen für rund 25 Parlamentssitze», wetterte der Parteichef der Sozialisten, Sergej Stanischew. «So einen Skandal hat es in Bulgarien noch nie gegeben.»
Die Übergangsregierung bestätigte, dass sie schon vor dem Fund die vertraglich vereinbarte Zahl von Stimmzetteln aus der Druckerei erhalten habe.
Der Besitzer der Produktionsanlage wies die Vorwürfe zurück und gab an, die überschüssigen Zettel seien auf dem Weg in den Kehricht gewesen. Ermittlern zufolge waren die gefälschten Dokumente aber bereits verpackt und zur Verteilung bereitgestellt worden.
Verbindungen zu Ex-Regierungschef Borissow
Nach Angaben der Nachrichtenagentur BGNES unterhält der Druckereibesitzer enge Verbindungen zu Ex-Regierungschef Borissow. Die Staatsanwaltschaft gab dazu keinen Kommentar ab.
Borissows Wahlkampfmanager und früherer Innenminister Zwetanow war Ende April schon in einen Skandal um angeblich abgehörte Telefonate von Parteigegnern und Geschäftsleuten verwickelt.
Bei der Parlamentswahl am Sonntag hat Borissows konservative Partei beste Aussichten auf die meisten Stimmen, obwohl der Ex-Ministerpräsident im Februar vor den Protesten der Strasse kapituliert und das Handtuch geworfen hatte.
Kritiker werfen ihm einen Rücktritt aus Kalkül nur wenige Monate vor dem regulären Ende seiner Amtszeit vor, da der Protestbewegung so keine Zeit blieb, vor der Neuwahl politisches Kapital aus der massiven Unzufriedenheit der Menschen zu schlagen.