Bei gewaltsamen Auseinandersetzungen am dritten Jahrestag des Volksaufstandes in Ägypten sind nach Angaben des Gesundheitsministeriums 49 Menschen getötet worden. Wie das Ministerium am Sonntag weiter mitteilte, wurden innerhalb von 24 Stunden fast 250 Menschen verletzt.
Das Innenministerium gab die Festnahme von 1079 «Randalierern» bekannt. Nach Darstellung von Menschenrechtsaktivisten schoss die Bereitschaftspolizei in mehreren Städten mit scharfer Munition auf Kundgebungen der Oppositionellen.
In Ägypten hatte sich am Samstag der Beginn der Revolte gegen Langzeitherrscher Husni Mubarak zum dritten Mal gejährt. Zehntausende Anhänger der Übergangsregierung feierten unter enormen Sicherheitsvorkehrungen auf dem zentralen Tahrir-Platz in Kairo.
Die islamistische Muslimbruderschaft und Aktivisten der damaligen Revolution hatten zu landesweiten Protesten gegen die Regierung aufgerufen, die nach Ansicht ihrer Gegner den Jahrestag unberechtigterweise für sich vereinnahmte. Die meisten dieser Kundgebungen wurden von den Sicherheitskräften gewaltsam aufgelöst.
Bereits am Freitag waren bei vier Bombenanschlägen auf Polizeieinrichtungen in Kairo sechs Menschen getötet und Dutzende weitere verletzt worden. Zu den Anschlägen bekannte sich am Samstag die islamistische Gruppe Ansar Beit al-Makdis. Die Gruppe stammt von der Sinai-Halbinsel und steht dem Terrornetzwerk Al-Kaida nahe.
Militär-Regime lässt sich feiern
Auf dem Tahrir-Platz – vor drei Jahren das Epizentrum der Revolte gegen Mubarak – zeigten sich die Regierungsanhänger am Samstag mit ägyptischen Fahnen und Bildern des obersten Militärs, General Abdel Fattah al-Sisi.
Das homogene Bild einer Menge, die den Soldaten und Polizisten huldigte, bildete einen scharfen Gegensatz zum Erscheinungsbild des Platzes im Januar und Februar 2011. Damals setzte sich eine bunt zusammengewürfelte, diskutierfreudige Gemeinschaft aus hauptsächlich jungen Leuten mit Brandsätzen und Pflastersteinen gegen die Angriffe von Polizei und gedungenen Schlägern zur Wehr.
Am 25. Januar 2011 hatte in Ägypten der Aufstand gegen die Regierung unter Mubarak begonnen. 18 Tage später wurde der Langzeitherrscher gestürzt.
Al-Sisi wohl nächster Präsident
Übergangspräsident Adli Mansur stellte unterdessen die Weichen für Neuwahlen. Diese sind erforderlich, nachdem das Militär im vergangenen Juli die Islamisten entmachtet hatte, den Sieger der ersten freien Wahlen nach Mubaraks Rücktritt. Ägypten werde zuerst einen neuen Präsidenten und erst dann ein neues Parlament wählen, erklärte Mansur am Sonntag in einer Fernsehansprache.
Anders als ursprünglich erwartet, nannte er aber keine Termine für die Abstimmungen. Die Hohe Wahlkommission werde alles Weitere regeln, sagte Mansur. Als aussichtsreichster Anwärter für den Präsidentenposten gilt General Al-Sisi. Er hat seine Kandidatur allerdings noch nicht erklärt. Al-Sisi hatte auch beim Sturz des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi Regie geführt.
Vier Soldaten im Sinai getötet
Die Gewalt riss derweil auch am Sonntag nicht ab. Vermummte griffen auf der Halbinsel Sinai einen Autobus des Militärs an. Bei dem Überfall wurden vier Soldaten getötet und 13 weitere verletzt, wie ein Armeesprecher bestätigte.
Im Norden und im Inneren des Sinai treiben islamistische Milizen und bewaffnete Banden ihr Unwesen. Die ägyptischen Sicherheitskräfte bekommen die Lage dort nicht in den Griff.