Der zu lebenslanger Gefängnisstrafe verurteilte argentinische Ex-Diktator Jorge Rafael Videla hat erstmals ausgiebig über die Ermordung von Oppositionellen gesprochen. Während der von ihm geführten Diktatur 1976-83 seien von den Streitkräften bis zu 8000 Menschen getötet worden.
Die Leichen seien versteckt oder zerstört worden, um Proteste im In- und Ausland zu vermeiden, gab der ehemalige General in einem an diesem Samstag erscheinenden Buch zu. „Wir mussten eine grosse Anzahl Menschen beseitigen“, sagte Videla dem Journalisten Ceferino Reato während der in seiner Zelle geführten Gespräche nach Angaben des Verlags.
Die ersten Listen der Personen, die festgenommen werden sollten, seien bereits drei Monate vor dem Staatsstreich gegen die damalige Staatspräsidentin Isabel Perón von den Militärs zusammengestellt worden. Auch Unternehmer, Gewerkschafter, Politiker und Professoren hätten hierzu beigetragen.
Über das Schicksal jedes gefassten Oppositionellen wurde laut Videla von einer Arbeitsgruppe unter dem Kommando eines Generals entschieden: Freilassung, öffentlich anerkannte Haft oder „disposición final“, womit die Tötung und das Verschwinden der Leiche gemeint war.
„Disposición final“ heisst auch das Buch Reatos. „Es geht um einen militärischen Begriff für das Ausmustern nutzloser Dinge, zum Beispiel abgenutzte Kleidung“, erläuterte Videla. Der Begriff „Endlösung“ sei dagegen von der Militärführung nie gebraucht worden.
30’000 Tote
Menschenrechtsorganisationen geben die Zahl der Menschen, die während der Diktatur in Argentinien umgebracht wurden, mit 30’000 an. Das von den Militärs praktizierte „Verschwindenlassen“ von Oppositionellen war in vielen Fällen nur schlecht nachzuweisen. Videla nannte das Verschwindenlassen „Verschleierung eines Todes“.
Der Ex-Diktator war bereits 1985 wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu lebenslanger Haft verurteilt worden, fünf Jahre später aber durch ein Amnestiegesetz begnadigt worden. Da dieser Entscheid 2007 als verfassungswidrig eingestuft wurde, konnten gegen ihn wieder Prozesse angestrengt werden, die zum Teil noch nicht abgeschlossen sind.