Der Nationalrat ist bereit, die familienergänzende Kinderbetreuung mit Geld aus der Bundeskasse zu verbilligen. Wie der Ständerat stellt er für die neuen Subventionen insgesamt 96,8 Millionen Franken zur Verfügung.
Die Ratsrechte hatte grundsätzliche Vorbehalte. Familienpolitik sei gemäss Verfassung Sache von Kantonen und Gemeinden, sagte FDP-Sprecher Hans-Ulrich Bigler (ZH) am Dienstag im Rat. Zudem seien die Bundesfinanzen derzeit in Schieflage. Die Ausgaben müssten an einem anderen Ort wieder eingespart werden.
Der Staat mache schon heute viel für die externe Kinderbetreuung, sagte Nadja Pieren (SVP/BE). Sie erinnerte an die seit 2003 laufende Anschubfinanzierung für neue Betreuungsangebote. Auch viele KMU beteiligten sich heute an den Kosten. Gut funktionierende private Angebote dürften nicht mit immer mehr staatlichen Geldern kaputt gemacht werden.
Weniger Zuwanderung
Die Mehrheit sah jedoch Handlungsbedarf. Es gehe darum, gut ausgebildete Leute am Arbeitsplatz zu halten, sagte SP-Sprecher Matthias Aebischer (BE). Heute lohne sich eine Erwerbstätigkeit wegen der hohen Betreuungskosten für viele Eltern nicht.
Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sei in der Schweiz noch keine Realität, sagte Christine Bulliard (CVP/FR). Die Kosten für die Kinderbetreuung müssten gesenkt werden, auch um das inländische Arbeitskräftepotenzial besser auszunutzen. GLP-Sprecherin Isabelle Chevalley (VD) sah in der Subvention ebenfalls eine Massnahme gegen die Zuwanderung.
Der Bundesrat hatte die neuen Subventionen im Rahmen seiner Fachkräfteinitiative vorgeschlagen. In den Nachbarländern trügen die Eltern wesentlich tiefere Kosten für die externe Kinderbetreuung, sagte Bundesrat Alain Berset. Ein Grund dafür sei die höhere staatliche Unterstützung.
In der Gesamtabstimmung sprach sich der Nationalrat mit 113 zu 77 Stimmen bei 2 Enthaltungen für die neuen Subventionen aus. Den Verpflichtungskredit über 96,8 Millionen Franken hiess er mit 114 zu 67 Stimmen gut. Die von SVP und Teilen der FDP unterstützte Kürzung auf 50 Millionen Franken wurde abgelehnt. Berset warnte, dass mit dem halben Betrag keine spürbare Wirkung erzielt werden könne.
Entscheid der Kantone
Die von den Räten beschlossene Unterstützung läuft über die Kantone: Diejenigen, die die Subventionen erhöhen, erhalten vom Bund im ersten Jahr 65 Prozent des zusätzlichen Betrags. Im zweiten Jahr sind es noch 35 und im dritten Jahr 10 Prozent. Verpflichtet ein Kanton oder eine Gemeinde die Arbeitgeber, einen Beitrag an die Verbilligung von Betreuungsangeboten zu leisten, wird dieser ebenfalls angerechnet.
Nach dem Willen der Räte stellt der Bund dafür während fünf Jahren 82,5 Millionen Franken zur Verfügung. Abgelehnt hat der Nationalrat den Antrag von SVP- und FDP-Vertretern, die Subvention nur dann auszurichten, wenn die Eigenmittel nicht ausreichen. Das würde dazu führen, dass nur ungenügend finanzierte Angebote unterstützt würden, sagte Kommissionssprecherin Andrea Gmür (CVP/LU). Ziel sei es aber, solide Projekte zu vergünstigen.
Bedürfnisse der Eltern
Mit weiteren 15 Millionen Franken soll das Betreuungsangebot besser auf die Bedürfnisse der Eltern abgestimmt werden. Vom Bund unterstützt werden könnten Angebote über Mittag und während der Ferien oder eine speziell auf Eltern mit unregelmässigen Arbeitszeiten ausgerichtete Betreuung.
Die Vorlage ist damit bereit für die Schlussabstimmung. Sie ergänzt das Impulsprogramm des Bundes für die Schaffung neuer Betreuungsplätze für Kinder. Bis heute wurde in diesem Rahmen die Schaffung von über 54’000 Betreuungsplätzen mit gut 350 Millionen Franken unterstützt.