«A criminal enterprise..». Ein Kommentar zum Blockbuster CS

2, 5 Mia Busse? Kein Problem. Bussen können von der Steuer abgezogen werden. Nicht von jedermann. Nur von den Banken. Werden ausländische Banker in den USA politisch verfolgt? «Yes, we are running! …  — A criminal enterprise …. ». Der Film beginnt mit einem Geständnis:Es steht, laut AFP, in der Vereinbarung, die die Credit Suisse […]

2, 5 Mia Busse? Kein Problem. Bussen können von der Steuer abgezogen werden. Nicht von jedermann. Nur von den Banken.


Werden ausländische Banker in den USA politisch verfolgt?

«Yes, we are running! …

 — A criminal enterprise …. ». Der Film beginnt mit einem Geständnis:Es steht, laut AFP, in der Vereinbarung, die die Credit Suisse und die  Strafverfolgungsbehörden in den USA unterzeichnet haben. Wir drücken uns in die Kino-Polster. So hört normalerweise ein Krimi auf.

Aber wie hat er angefangen? Die CS hat einen Weissbrief erkauft. Sie zahlt 2,5 Mia Dollar Busse. Sie wird nicht weiter strafverfolgt und darf in den USA weiterhin Geschäfte machen. Aber was war?

Ach so. Der Nachsatz gibt Aufklärung: «… but we didn’t know!» Er stammt von dem US-Amerikaner Brady Dougan, dem Boss vom Ganzen. Er wird wird nun im zweiten Akt des Films allen Credit Suisse – Mitarbeitern als Nichtweissbrief zugestellt. Ab sofort gilt im ganzen Betrieb: «Ja, ich bin kriminell, weiss aber nichts davon».

Das gilt vor allem für die ganz oben. Aber auch für die in der Mitte. Und vor allem die da ganz unten. Wer überhaupt von den 10 Milliarden Deliktsumme weiss, hat den Weissbrief nicht genau gelesen. Wie geht der Film weiter?

In einer Rückblende sehen wir erst einmal eine langfädige Abstimmung im Nationalrat. Ab 9.9.2013 gilt per Nationalratbeschluss (13.3469: Steuerstreit der Schweizer Banken mit den Vereinigten Staaten. Flankierende Massnahmen) für alle Steuerzahler: Sie können ab sofort bis zu 2,5 Milliarden-Dollar-Strafen von der Steuer absetzen. Falls Sie eine Bank sind. Falls Sie sich wegen Beihilfe zu Steuerbetrug schuldig erklären.

«We were running a criminal enterprise. But we did not know!».

Für Freunde der juristischen Formulierungen ein kurzer Exkurs in den parlamentarischen Alltag: Abgelehnt wurde mit 91 zu 89 Stimmen (beachten Sie dabei die trickreiche doppelte Negation durch das Wort ‚Nichtabzugsfähigkeit‘!  – Man musste also dagegen stimmen, um für die Banken zu sein): 

b. die steuerrechtliche Nichtabzugsfähigkeit für juristische und natürliche Personen von Bussen – strafrechtlicher oder sonstiger Natur -, Gebühren, Ausgleichszahlungen und weiteren im Ausland aufgrund von Verstössen gegen das dort geltende Steuerrecht verhängten Sanktionen, es sei denn, diese erscheinen nach schweizerischem Recht missbräuchlich.

Ja, Sie haben die kleingedruckten Untertitel  korrekt gelesen:

Bussen dürfen abgezogen werden!

Der bürgerlich dominierte Nationalrat argumentierte am 9.9.2013 ungefähr so: Einer, der zugibt, Steuerbetrug im Ausland begangen zu haben, soll dafür nicht auch noch in der Schweiz Steuer zahlen müssen. Er soll besser mal die Busse auch von seinem möglicherweise redlich in der Schweiz verdienten Gewinn abziehen dürfen. Weil Gewinn eben Gewinn heisst und nicht Einkommen. Wer im Ausland geschäften muss, ist schon bestraft genug.

Jetzt folgt eine gähnend langweilige Massenszene, wie sie Hollywood eigentlich sonst mit dem Computer animiert. Namentlich erheben neben Christoph Blocher folgende parlamentarische Statistinnen die Hand für die Banken:

Aebi Andreas,Aeschi Thomas, Amaudruz Céline, Amstutz Adrian, Baader Caspar, Binder Max, Bortoluzzi Toni, Bourgeois Jacques, Brand Heinz, Brunner Toni, Büchel Roland Rino, Büchler Jakob, Caroni Andrea, Cassis Ignazio, Clottu Raymond, de Courten Thomas, Derder Fathi, Egloff Hans, Eichenberger-Walther Corina , Estermann Yvette , Fässler Daniel , Favre Laurent , Fehr Hans , Feller Olivier , Flückiger-Bäni Sylvia , Fluri Kurt , Français Olivier, Frehner Sebastian Freysinger Oskar , Geissbühler Andrea Martina , Germanier Jean-René ,Giezendanner Ulrich , Gmür Alois , Gössi Petra Grin Jean-Pierre, Grunder Hans , Haller Vannini Ursula , Hausammann Markus , Heer Alfred , Herzog Verena , Hiltpold Hugues , Huber Gabi , Hurter Thomas , Hutter Markus , Joder Rudolf , Kaufmann Hans , Keller Peter , Killer Hans , Knecht Hansjörg , Lehmann Markus , Leutenegger Filippo , Lüscher Christian , Lustenberger Ruedi , Moret Isabelle , Markwalder Christa, Mörgeli Christoph , Mörgeli Christoph , Müller Philipp , Müller Thomas , Müller Walter , Müller-Altermatt Stefan , Müri Felix , Nidegger Yves , Noser Ruedi , Pantani Roberta , Parmelin Guy , Pelli Fulvio , Pezzatti Bruno , Pfister Gerhard , Pieren Nadja , Poggia Mauro , Quadri Lorenzo, Reimann Lukas , Rime Jean-François , Rime Jean-François , Rusconi Pierre , Rutz Gregor A. , Schilliger Peter , Schmid-Federer Barbara , Schneeberger Daniela , Schneider-Schneiter Elisabeth , Schwander Pirmin , Stahl Jürg , Stolz Daniel , Vitali Albert , von Siebenthal Erich , Wandfluh Hansruedi , Wasserfallen Christian , Wobmann Walter . Wer da nicht einschläft, entdeckt doch eine Feinheit in der Bildsprache: Die fetten Statisten sind Nationalräte aus den Kantonen BS/BL. Hinter ihnen stehen je ein paar tausend Wähler, die auch sagen dürfen: …we didn’t know!

Steuern erklären mit Brady Dougan

Doch der Film geht weiter: In der Zwischenzeit raufen sich in Bern die Steuerbeamten die Haare: Konservative Schätzungen rechnen im neuesten Fall der CS mit ca. 450 Millionen Steuerausfall für den Bund: Damit ist dann auch das Rätsel gelöst, was mit dem «vorigen Geld» der Gripen-Tranche in diesem Jahr passiert: Der Steuerzahler berappt die Steuer der CS. Der Aktionär guckt in die Röhre.

Wir müssen jetzt nach voren blicken.

Im letzten Akt des Filmes folgt dann die Überraschung für alle: Wir rasen auf ein grosses schwarzes Steuerschlupfloch zu! Wer seine Parkbussen von der Steuer abziehen will, kann das ab sofort tun. Er muss bloss nachweisen, dass er in der Park-Zeit Steuerbetrug begangen hat (ab ca 1,7 Mia-Bussensumme). Das ist ein neues Steuersparmodell, das Schule machen könnte. Die UBS zum Beispiel verkündete bereits 2013, dass sie bis 2017 gar keine Steuern zahlen wird. Sie zahlt lieber Bussen.

Bereits werden an der Ochsengasse im Kleinbasel Autofahrer gesichtet, die gern ein wenig Alkohol am Steuer hinterziehen wollen, und hierfür bis zu 833,332 Stunden pro Jahr falsch parken (Freibetrag bei der Bundessteuer 800 Mio., die vom Einkommen abgezogen werden können (Bitte in Ziffer 504 übertragen).

Das Steuersparmodell hat aber auch für andere Kleingewerbetreibenden Folgen: In einer kleinen Nebenhandlung beteuert eine Gruppe von Bankräubern im Gespräch mit einer Polizistin, weil sie bei einem Überfall am Claraplatz im Parkverbot erwischt wurden: „We were running a criminal enterprise, but we didn’t know,“.

Panzerknacker-Ede meint: In Verwaltungsräten gelte „We were running a criminal enterprise, but we didn’t know,“ als Weissbrief. Polizisten sollten also ruhig auch einmal bei Ihnen ein Auge zudrücken. So endet der Film ebenso zerfahren wie unfreiwillig komisch. ‚Wir wollen nach vorn blicken‘, sagt Urs Rohner. Macht im Kino auch mehr Sinn. Aber sind wir wirklich im Kino? 

Jeder Film hat seinen Abspann

Der Film endet mit einem Anfang. «Der Schriftzug ist elegant, klassisch und dennoch zeitgemäss. Das Segelbild symbolisiert die Fähigkeit und den Willen, im Dienste der Kunden innovativ zu sein, weiterzudenken und die Marktentwicklung mitzuprägen. Die schieferblaue Farbe vermittelt Qualität und Solidität.» So beschreibt die CS ihr Logo. Bis gestern. Jetzt fühlt sie sich von den US-Behörden über den Tisch gezogen oder gar erpresst. Logo, dass sie jetzt über ein neues Logo nachdenkt. Etwa so:

  Criminal Suisse

Nachnachspann: In einem kleinen Schloss in den Hügeln brütet Ex-Nationalrat Blocher über einer Rede zum Thema kriminelle Ausländer. Er feilt an einem Gesetz, dass verhindert, dass ausländische Straftäter, die in der Schweiz von sich sagen «Yes, we were running a criminal enterprise», nicht in ihre Heimat zurückgeschafft werden müssen.

Nachnachnachspann: Auch ein Gesetz zur Gleichbehandlung von Bankern im Ausland ist in Kreisen der SVP in Vorbereitung. «Unsere Banker wurden in den USA erpresst. Sonst hätten sie diese Geständnis nicht abgelegt. Das ist ein Skandal! Und ausländerfeindlich! Alle Banker sollen gleich behandelt werden. Die Amis behandeln ihre eigenen Banker, die kriminell geworden sind, viel netter.» Ein Gesetz zur Gleichbehandlung der in ihrer Heimat politisch verfolgten Banker ist jetzt in Vorbereitung.

Nachnachnachspannnachspann: Eine weitere Regelung soll als flankierende Massnahme zum Masseneinwanderungsgesetz vorübergehend gelten: Asylansuchende, die in ihrer Heimat politisch verfolgt werden, sollen ab sofort einen Antritts-Bonus von so um die 45 Mio pro Jahr erhalten.

   

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