Bei der Regelung der familienergänzenden Kinderbetreuung sind die Fronten im Kanton Aargau weiterhin verhärtet. Auch ein zweiter Gegenvorschlag der Regierung zu einer vom Lehrerverband und den Linken lancierten Initiative steht im Grossen Rat auf der Kippe.
Neue Argumente zu diesem Dauerthema kamen im Kantonsparlament auch bei der Debatte vom Dienstag nicht auf den Tisch. Stattdessen dominierte die parteipolitische Taktiererei. Die Diskussionen werden nächste Woche fortsetzt.
Die SVP unterstrich ihre grundsätzliche Opposition mit einem Nichteintretensantrag, der mit 46 zu 85 Stimmen abgelehnt wurde. Die SVP wolle keine neue Staatsaufgabe, bei der die Gemeinden die Rechnung bezahlen sollen, begründete dies der SVP-Sprecher. Die bestehende Gesetzgebung sei absolut genügend und lasse den Gemeinden den nötigen Spielraum.
Auf der anderen Seite weibelte die SP einmal mehr für die von ihr unterstützte Volksinitiative «Kinder und Eltern» des Aargauischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes (alv). Diese will die Gemeinden verpflichten, ein bedarfsgerechtes Angebot an familienergänzender Betreuung von Kindern bis zum Ende der Schulpflicht zu schaffen.
Obligatorium für Gemeinden
Die Initiative sieht im Gegensatz zum Gegenvorschlag der Regierung viele Detailregeln zur Bewilligungspflicht und zur Aufsicht vor, um die Qualität des Angebotes sicherzustellen. Die Kosten sollen die Erziehungsberechtigten, die Gemeinden und der Kanton tragen.
Die SP deutete zwar an, dass man auch den Gegenvorschlag der Regierung unterstützen könnte. Der Fraktionssprecher machte dies aber von der Zustimmung des Rates zu SP-Zusatzanträgen abhängig. Ob dann auch die alv-Initiative zurückgezogen wird, konnte die SP nicht versprechen.
FDP und die Mitteparteien versuchten, den Gegenvorschlag mit Kompromissvorschlägen zu retten. Die FDP beantragte die Streichung des gesamten Rahmengesetzes und beantragte stattdessen, dass die Sache an anderer Stelle und unverbindlicher geregelt wird. Dieser Vorschlag wurde mit 65 zu 66 Stimmen knapp abgelehnt.
Klartext sprach Renate Gautschy (FDP) als Präsidentin der Gemeindeammännervereinigung. Bereits heute bestünden in vielen Gemeinden gute Betreuungsangebote. Diese seien seit langer Zeit vorhanden. Es brauche keine weiteren gesetzlichen Regelungen und kein Obligatorium.
Schon zwei Anläufe gescheitert
Der Grosse Rat hatte im November 2014 einen ersten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Kinder und Eltern» mit 66 zu 59 Stimmen an den Regierungsrat zurückgewiesen. Den Ausschlag gab auch damals eine unheilige Allianz von SVP und SP.
Schon der erste Gegenvorschlag war eine Fortsetzung einer früheren Vorlage gewesen. Es handelte sich um eine Reaktion auf die 2012 im Grossen Rat gescheiterte Teilrevision des Sozialhilfe- und Präventionsgesetzes, in der die Kinderbetreuung ebenfalls hätte geregelt werden sollen.
Das Thema wird die Aargauer Politik möglicherweise auch über den nächsten Dienstag und über die Abstimmung über die alv-Initiative hinaus weiterbeschäftigen. Die CVP sammelt derzeit Unterschriften für ihre Volksinitiative «für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie». Die Unterschriftensammlung dazu ist Mitte April angelaufen.